Stadt, Land, Fluss
Ein Wanderweg entlang der Riviere soll Windhoeks neue Lebensader werden
Von Annika Brohm, Windhoek
Als Inspiration für den Riverwalk dienten malerische Szenen aus Los Angeles und Denver. Menschen entspannen am Ufer; schlendern die Promenaden entlang – hier bilden Flüsse das Herzstück der Stadt. Nicht so in Namibias trockenem Kern. „Windhoek hat sich von einer bescheidenen Wüstenstadt zum wirtschaftlichen Mekka Namibias gemausert“, erzählt der Architekt Leon Barnard, als er Anfang des Monats die Pläne zum Riverwalk vorstellt. „Dennoch fehlen der Stadt Anziehungspunkte.“ Touristen zieht es seiner Einschätzung nach deshalb direkt nach der Ankunft im Land auf Lodges oder andere Unterkünfte außerhalb, lediglich ein Bruchteil stattet Windhoek einen ausgiebigen Besuch ab.
Auch für die Stadtbewohner gibt es nur eine begrenzte Anzahl an Orten in der Natur, an denen man zusammenkommen kann. An Platz mangelt es dabei nicht: Ganze 200 Hektar Land rund um die Riviere liegen brach. Die Initiatoren des Riverwalks sehen darin ein enormes Potenzial; eine „geradezu ungenutzte Möglichkeit zur Freizeitgestaltung und Erholung“. Aus diesem Grunde möchten sie die Riviere der Stadt ausbauen. So soll ein 20 km langer Wanderweg quer durch Windhoek entstehen, der vom Avis- bis zum Goreangab-Damm führt. Knotenpunkte entlang des Weges sollen zusätzlich mit Attraktionen wie Märkten, Kinderspielplätzen und fest installierten Fitnessgeräten locken.
Drei Instanzen für ein Ziel
Die Umsetzung eines solchen Mammutprojekts kann nur mit Hilfe gebündelter Kräfte funktionieren. Die gemeinnützige Riverwalk-Initiative kooperiert aus diesem Grund mit der Stadt Windhoek: Bereits vor vier Jahren wurden der Verwaltung die Entwürfe vorgestellt; in diesem Jahr wurde der Weg von Damm zu Damm in die offizielle Planung für einen nachhaltigeren Stadtverkehr aufgenommen. „Afrikas Städte wurden so gebaut, dass man auf ein Auto angewiesen ist“, erklärt Barnard. „Das muss sich ändern.“ Auch die Namibische Gesellschaft für Natur und Umwelt (NEWS) rund um die Vorsitzende Frauke Kreitz hat sich dem Vorhaben angeschlossen. Für alle drei Instanzen steht ein Ziel klar im Vordergrund: „Wir wollen den Rivieren Windhoeks für die kommenden Generationen Leben einhauchen.“
Nach Angaben Barnards wird die Gestaltung der Riviere nicht mehr als 150 Millionen N$ kosten, die Stadt habe bereits finanzielle Unterstützung zugesagt. Für den restlichen Betrag ist die Initiative jedoch auf Spenden angewiesen.
Viele Befürworter, viele Bedenken
An Interesse mangelt es in Windhoeker Kreisen keinesfalls: Der Saal der Namibia Wissenschaftlichen Gesellschaft ist am Abend der Vorstellung der Pläne bis auf den letzten Platz besetzt. Die Idee, grüne Treffpunkte in Namibias Hauptstadt zu schaffen, scheint zu überzeugen. Auch die Initiatoren des Projektes rund um Barnard zeigen sich optimistisch. „Die Windhoeker Gesellschaft steht den Plänen positiv gegenüber. Das zeigt das Feedback, das wir über Facebook erhalten“, erzählt der Architekt. Tatsächlich sind die Reaktionen in den sozialen Medien weitreichend. „Eine tolle Initiative, hoffentlich wird der Riverwalk ein Erfolg“, schreibt ein Facebook-Nutzer; insgesamt 2560 Personen verfolgen die Seite des Projekts.
Dennoch werden sowohl in der virtuellen als auch in der „realen“ Welt einige kritische Stimmen laut. Die fehlende Sicherheit ist ein häufig genannter Punkt. Die Polizei könne unmöglich permanent präsent sein, um Gefahren abzuwenden, wendet ein Besucher nach der Vorstellung der Pläne ein. Und auch auf Facebook häufen sich die Kommentare zur derzeit herrschenden Kriminalität in den Riviergebieten. „Ich würde mir wünschen, dass ich dort entlanglaufen kann, ohne ausgeraubt zu werden“, merkt Herma Prinsloo an. Die Initiatoren reagieren mit Zuversicht auf diese Bedenken. Nach der attraktiven Gestaltung des Riverwalks würden sich mehr Passanten in den Riviergebieten „tummeln“ – dies wiederum würde Kriminelle abschrecken. Auch für ein weiteres Problem zeigt das Team eine Lösung auf: Die Arbeitslosigkeit. „Die Knotenpunkte am Riverwalk könnten für mehr Beschäftigungsmöglichkeiten sorgen“, erklärt das Team. So könnten beispielsweise Obdachlose, die in den brachliegenden Gegenden umherziehen, bei der Instandhaltung des Gebiets mitwirken. Die Frage einer weiteren Besucherin bleibt jedoch erst einmal unbeantwortet. „Die Pläne klingen gut, aber wann geht es endlich los?“
Eine Idee mit Geschichte
Die Idee, die Riviere Windhoeks „aufzuhübschen“, ist in der Tat nicht neu. Sam Nujoma initiierte bereits in den 1990er Jahren eine Entmüllung des Flussbetts; auch Windhoeks Bürgermeister Muesee Kazapua leitete in der Vergangenheit mehrere Säuberungsaktionen ein. Nach kurzer Zeit sammelten sich Schutt und Unrat wieder an. Eine Erfahrung, die auch Hans Kolberg machen musste. In mühevoller Arbeit sammelte er vor einiger Zeit Tüten und Flaschen ein, die sich in den Rivieren von Eros angesammelt hatten. Auch Schilder mit der Abbildung eines wandernden Männchens stellte er auf – ein Hinweis darauf, dass das Riviergebiet keine Müllhalde, sondern ein Erholungsgebiet ist. Sein Engagement wurde innerhalb kurzer Zeit zunichte gemacht. „Es war frustrierend“, erzählt er im Nachgang des Vortrags. „Schon nach wenigen Tagen war das Flussbett wieder verdreckt. Irgendjemand hat die Schilder beschädigt, einige wurden sogar geklaut.“
Die Erfahrungen Kolbergs zeigen die Schwierigkeiten, auf die sich auch die Riverwalk-Initiative einstellen muss. Trotz aller Hindernisse und Bedenken nimmt das Team nun die nächsten Maßnahmen in Angriff. Zunächst müsse ein Wirtschaftsplan ausgearbeitet werden, um die Entstehung des Riverwalks weiter in Gang zu bringen, erzählt Nangula Shilongo, die ebenfalls in das Projekt involviert ist. Und auch die Finanzierung bleibt weiterhin ein Knackpunkt. Sollte die Umsetzung in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten jedoch gelingen, könnte der Riverwalk zu der grünen Lebensader werden, die Windhoek derzeit noch fehlt.
Als Inspiration für den Riverwalk dienten malerische Szenen aus Los Angeles und Denver. Menschen entspannen am Ufer; schlendern die Promenaden entlang – hier bilden Flüsse das Herzstück der Stadt. Nicht so in Namibias trockenem Kern. „Windhoek hat sich von einer bescheidenen Wüstenstadt zum wirtschaftlichen Mekka Namibias gemausert“, erzählt der Architekt Leon Barnard, als er Anfang des Monats die Pläne zum Riverwalk vorstellt. „Dennoch fehlen der Stadt Anziehungspunkte.“ Touristen zieht es seiner Einschätzung nach deshalb direkt nach der Ankunft im Land auf Lodges oder andere Unterkünfte außerhalb, lediglich ein Bruchteil stattet Windhoek einen ausgiebigen Besuch ab.
Auch für die Stadtbewohner gibt es nur eine begrenzte Anzahl an Orten in der Natur, an denen man zusammenkommen kann. An Platz mangelt es dabei nicht: Ganze 200 Hektar Land rund um die Riviere liegen brach. Die Initiatoren des Riverwalks sehen darin ein enormes Potenzial; eine „geradezu ungenutzte Möglichkeit zur Freizeitgestaltung und Erholung“. Aus diesem Grunde möchten sie die Riviere der Stadt ausbauen. So soll ein 20 km langer Wanderweg quer durch Windhoek entstehen, der vom Avis- bis zum Goreangab-Damm führt. Knotenpunkte entlang des Weges sollen zusätzlich mit Attraktionen wie Märkten, Kinderspielplätzen und fest installierten Fitnessgeräten locken.
Drei Instanzen für ein Ziel
Die Umsetzung eines solchen Mammutprojekts kann nur mit Hilfe gebündelter Kräfte funktionieren. Die gemeinnützige Riverwalk-Initiative kooperiert aus diesem Grund mit der Stadt Windhoek: Bereits vor vier Jahren wurden der Verwaltung die Entwürfe vorgestellt; in diesem Jahr wurde der Weg von Damm zu Damm in die offizielle Planung für einen nachhaltigeren Stadtverkehr aufgenommen. „Afrikas Städte wurden so gebaut, dass man auf ein Auto angewiesen ist“, erklärt Barnard. „Das muss sich ändern.“ Auch die Namibische Gesellschaft für Natur und Umwelt (NEWS) rund um die Vorsitzende Frauke Kreitz hat sich dem Vorhaben angeschlossen. Für alle drei Instanzen steht ein Ziel klar im Vordergrund: „Wir wollen den Rivieren Windhoeks für die kommenden Generationen Leben einhauchen.“
Nach Angaben Barnards wird die Gestaltung der Riviere nicht mehr als 150 Millionen N$ kosten, die Stadt habe bereits finanzielle Unterstützung zugesagt. Für den restlichen Betrag ist die Initiative jedoch auf Spenden angewiesen.
Viele Befürworter, viele Bedenken
An Interesse mangelt es in Windhoeker Kreisen keinesfalls: Der Saal der Namibia Wissenschaftlichen Gesellschaft ist am Abend der Vorstellung der Pläne bis auf den letzten Platz besetzt. Die Idee, grüne Treffpunkte in Namibias Hauptstadt zu schaffen, scheint zu überzeugen. Auch die Initiatoren des Projektes rund um Barnard zeigen sich optimistisch. „Die Windhoeker Gesellschaft steht den Plänen positiv gegenüber. Das zeigt das Feedback, das wir über Facebook erhalten“, erzählt der Architekt. Tatsächlich sind die Reaktionen in den sozialen Medien weitreichend. „Eine tolle Initiative, hoffentlich wird der Riverwalk ein Erfolg“, schreibt ein Facebook-Nutzer; insgesamt 2560 Personen verfolgen die Seite des Projekts.
Dennoch werden sowohl in der virtuellen als auch in der „realen“ Welt einige kritische Stimmen laut. Die fehlende Sicherheit ist ein häufig genannter Punkt. Die Polizei könne unmöglich permanent präsent sein, um Gefahren abzuwenden, wendet ein Besucher nach der Vorstellung der Pläne ein. Und auch auf Facebook häufen sich die Kommentare zur derzeit herrschenden Kriminalität in den Riviergebieten. „Ich würde mir wünschen, dass ich dort entlanglaufen kann, ohne ausgeraubt zu werden“, merkt Herma Prinsloo an. Die Initiatoren reagieren mit Zuversicht auf diese Bedenken. Nach der attraktiven Gestaltung des Riverwalks würden sich mehr Passanten in den Riviergebieten „tummeln“ – dies wiederum würde Kriminelle abschrecken. Auch für ein weiteres Problem zeigt das Team eine Lösung auf: Die Arbeitslosigkeit. „Die Knotenpunkte am Riverwalk könnten für mehr Beschäftigungsmöglichkeiten sorgen“, erklärt das Team. So könnten beispielsweise Obdachlose, die in den brachliegenden Gegenden umherziehen, bei der Instandhaltung des Gebiets mitwirken. Die Frage einer weiteren Besucherin bleibt jedoch erst einmal unbeantwortet. „Die Pläne klingen gut, aber wann geht es endlich los?“
Eine Idee mit Geschichte
Die Idee, die Riviere Windhoeks „aufzuhübschen“, ist in der Tat nicht neu. Sam Nujoma initiierte bereits in den 1990er Jahren eine Entmüllung des Flussbetts; auch Windhoeks Bürgermeister Muesee Kazapua leitete in der Vergangenheit mehrere Säuberungsaktionen ein. Nach kurzer Zeit sammelten sich Schutt und Unrat wieder an. Eine Erfahrung, die auch Hans Kolberg machen musste. In mühevoller Arbeit sammelte er vor einiger Zeit Tüten und Flaschen ein, die sich in den Rivieren von Eros angesammelt hatten. Auch Schilder mit der Abbildung eines wandernden Männchens stellte er auf – ein Hinweis darauf, dass das Riviergebiet keine Müllhalde, sondern ein Erholungsgebiet ist. Sein Engagement wurde innerhalb kurzer Zeit zunichte gemacht. „Es war frustrierend“, erzählt er im Nachgang des Vortrags. „Schon nach wenigen Tagen war das Flussbett wieder verdreckt. Irgendjemand hat die Schilder beschädigt, einige wurden sogar geklaut.“
Die Erfahrungen Kolbergs zeigen die Schwierigkeiten, auf die sich auch die Riverwalk-Initiative einstellen muss. Trotz aller Hindernisse und Bedenken nimmt das Team nun die nächsten Maßnahmen in Angriff. Zunächst müsse ein Wirtschaftsplan ausgearbeitet werden, um die Entstehung des Riverwalks weiter in Gang zu bringen, erzählt Nangula Shilongo, die ebenfalls in das Projekt involviert ist. Und auch die Finanzierung bleibt weiterhin ein Knackpunkt. Sollte die Umsetzung in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten jedoch gelingen, könnte der Riverwalk zu der grünen Lebensader werden, die Windhoek derzeit noch fehlt.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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