Sam-Cohen-Bibliothek bleibt wo sie ist

„Wir schließen kategorisch aus, dass die Bibliothek aus dem Gebäude der Sam-Cohen-Bibliothek verlegt wird“, teilte der Vorstand der Wissenschaftlichen Gesellschaft Swakopmund offiziell der Allgemeinen Zeitung mit und gab damit grünes Licht für die Weiterentwicklung. „Quo vadis – wohin gehst du?” Wohin der Weg die Wissenschaftliche Gesellschaft Swakopmund führt (und wo er begann), wird derzeit kontrovers diskutiert. Fakten sollen auf den Tisch, forderten die Mitglieder auf der Jahreshauptversammlung am 13. August 2013 (AZ berichtete). Wir wollen dazu beitragen. Es begann mit einer Ausschreibung der Stadtverwaltung Swakopmund im Jahr 1951, als man Wege zur Unterhaltung der Gäste aus dem Land und Übersee zur kommenden Feriensaison suchte. Der Zahnarzt Dr. Alfons Weber, seit Jahren Sammler von „Südwester“ Kulturgütern, reichte den Vorschlag ein, eine Art Heimatmuseum zu etablieren, mit der Ausstellung seltener Sammlerstücke und außergewöhnlicher Exemplare aus der alten Zeit. Der Schwerpunkt sollte auf Geschichte und Natur des Landes liegen. Mit dieser Idee gewann er den ersten Preis und ein erstes Museum wurde am 17. Dezember 1951 eröffnet. Schon wenige Jahre später wurde es zu klein, denn es kamen zunehmend historische Fotos, Zeitschriften, Bücher, Uniformen, Waffen u.v.m. hinzu. So stellte die Stadtverwaltung 1959 das Grundstück an der Mole für den Bau eines Museums zur Verfügung. Es wurde zunächst als „Kulturzentrum“ bezeichnet und sollte nach der Vision Webers „der Jugend Anschauungsmaterial für den Schulunterricht und den Erwachsenen durch Literatur, Vorläge und Sonderveranstaltungen Fortbildungsmöglichkeiten bieten“. Die Eröffnung erfolgte am 5. März 1960. „Das Unternehmen, ursprünglich nur als Projekt für eine Saisongestaltung begonnen, war zu einer festen Einrichtung geworden, die im In- und Ausland immer mehr Beachtung fand“, besagt die Dokumentation des Museums. „Um dem Rechnung zu tragen, wurde 1968 die gemeinnützige ,Gesellschaft für Wissenschaftliche Entwicklung´ gegründet. Sie übernahm die Trägerschaft und Finanzierung des Museums und seiner Zweigstellen.“ Seit 2006 lautet der offizielle Name Wissenschaftliche Gesellschaft Swakopmund bzw. Scientific Society Swakopmund (incorporated association not for gain). Weiter zurück in der Geschichte begegnet man dem deutschen Einwanderer Ferdinand Stich, der 1924 die Swakopmunder Buchhandlung übernahm. Stich war nicht nur Verleger und Buchhändler, sondern auch Sammler, und trug im Laufe der Jahre mehr als 2000 Bücher zum Thema Südwestafrika und Afrika zusammen, darunter zahlreiche einzigartige Exemplare. Sie ist heute als „Afrikana“ bzw. „Stich-Sammlung“ weltberühmt. Nach Ferdinand Stichs Tod im März 1967 drohte die Sammlung durch mögliche Einzelverkäufe auseinander zu brechen, doch Dr. Weber setzte sich vehement für deren Erhalt ein, so dass schließlich die Rotarier die Werke kauften und der Gesellschaft schenken – unter der Prämisse, dass sie „in einem geeigneten Gebäude untergebracht“ würden. Weber wiederum war eng befreundet mit dem jüdischen Geschäftsmann Sam Cohen, der als „ungekrönter König von Südwestafrika“ bekannt war und sich bereit fand, eine Bibliothek zu finanzieren, die der Stich-Sammlung und weiteren erhaltenswerten Büchern und Dokumenten eine Heimat bieten sollte. Franz Irlich war einer der ersten, die mithalfen, eine erste Katalogisierung zu erstellen und schließlich von den Lagerräumen des Museums in die Bibliothek umzusiedeln. Neben Sam Cohen war auch dessen Sohn Jacky äußerst engagiert und spendabel und bei der feierlichen Eröffnung der Sam Cohen Bibliothek am 3. Dezember 1977 zugegen, um die Vision seines Vaters weiterzuführen. Irlich, über viele Jahre hinweg engagiert und aktiv in Museum und Bibliothek, reichte auch bei der jüngsten Jahreshauptversammlung den Antrag ein, den Mitgliedern der Wissenschaftlichen Gesellschaft mehr Transparenz und Mitspracherecht einzuräumen, um den Erhalt der unersetzlichen Werke und Kulturgüter für künftige Generationen zu gewährleisten. In den zurückliegenden Jahren haben Mitarbeiter und Mitglieder ihr Wissen, Können und unbezahlte Zeit eingebracht, um Museum und Bibliothek am Laufen zu halten sowie weiter auszubauen und zu verbessern. So wurden u.a. die Räume der Bibliothek klimatisiert und zwei große, begehbare Tresore bewahren unwiederbringliche Dokumente vor dem Verfall – darunter die wertvolle Stich-Sammlung. Inhalte der Bibliothek wurden fotografiert und digitalisiert. Das Museum – finanziell durchaus einträglich – wurde vergrößert und um neue Themen erweitert sowie mit Sicherheitsmaßnahmen, Café und Souvenirladen versehen. Der große Eklat begann letztlich damit, dass das geplante Kunstmuseum mit der Aussicht auf die wertvolle Bildersammlung des Architekten Peter Strack die bestehenden Gebäude zu einem harmonischen Ganzen zusammenführen sollte, um mehr Besucher anzulocken und damit die Wissenschaftliche Gesellschaft in ihrer Gesamtheit auf eine bessere finanzielle Basis zu stellen. Im Zuge dessen wurde über eine Umwandlung des Geländes, auf dem die Bibliothek steht, in ein Geschäftsgrundstück nachgedacht. Nachdem nur ein verschwindend kleiner Teil der notwendigen Finanzierung zusammenkam, gab der Vorstand den Gedanken an den Kunstkomplex auf und begann, neue Wege zu eruieren. Würden regelmäßige Spender und feste Sponsoren abspringen, so kalkulierte man, stünde die Wissenschaftliche Gesellschaft mit all ihren Gebäuden und Kulturgütern möglicherweise eines Tages vor dem finanziellen Ruin. So entstand die Idee, das Bibliotheksgebäude oder Teile davon zu vermieten und die Bücher und Dokumente ins Omeg-Haus und den Otavi-Bahnhof umzulagern. Mit Abstand betrachtet war diese Idee wohl eher kurzsichtig, wurde bei der Mitgliederversammlung und den anschließenden Diskussionen deutlich, denn die beiden letztgenannten Gebäude, die zudem unter Denkmalschutz stehen und daher nur in beschränktem Maße Umbauarbeiten gestatten, würden die vielen Werke nicht aufnehmen und auch ob der baulichen Bedingungen keine sachgemäße Lagerung gewährleisten können. Dass die Bibliothek sich finanziell nicht alleine tragen kann, war bereits seit ihrer Gründung klar. Stiftungen sowie private und unternehmerische Unterstützer sorgen seit Jahr und Tag für ihren Erhalt und, so der Rundbrief vom 25. Januar 2013, „Hier muss gesagt werden, dass Zuwendungen heute nicht mehr so großzügig geleistet werden, wie es in der Vergangenheit der Fall war.“ Es habe „gravierende Meinungsverschiedenheiten“ gegeben, heißt es dann im Rundbrief vom 8. Februar 2013 „und die Herren Gantze, Thesen und Roxin haben ihren Rücktritt aus dem Vorstand eingereicht“. Auslöser war offenbar auch die Korrespondenz mit der Enkelin des Gründers, Vivien Cohen, die sich vehement gegen die Umstrukturierung der Bibliothek wehrte – mit dem Ansinnen, nicht nur das Erbe ihres Großvaters zu erhalten, sondern auch die darin befindlichen Werke zu schützen. Anstatt im Vorfeld mit Vivien Cohen über eine mögliche Unterstützung zu diskutieren, wurden böse Worte ausgetauscht, die die Diskussion verhärteten und dazu führten, dass Cohen mit gerichtlichen Schritten drohte. Eine mehr als unerquickliche Situation, auf die eine Verhärtung der Fronten folgte, die bis heute nicht ausgeräumt wurde. Ob dieses Eklats respektive folgender Diskussionen in der Öffentlichkeit wiederum sprangen offenbar Spender und Sponsoren ab, wie während der Jahreshauptversammlung resümiert wurde, was die Situation ebenfalls nicht verbesserte. Hier muss sich der vorherige Vorstand unter Vorsitz von Eberhard Mercker den Schuh anziehen, dass es nicht nur an Transparenz gegenüber den eigenen Mitgliedern, sondern deutlich auch an Diplomatie mangelte. „Die Bibliothek wurde mit ganz klaren Bedingungen gegründet“, erklärt Vivien Cohen. Und weiter: „Es wäre noch verständlich, wenn der Vorstand darüber nachdächte, Omeg-Haus und Otavi-Bahnhof zu vermieten oder gar zu verkaufen, aber doch nicht die Bibliothek! Es gibt so viele integre und aufgeschlossene Menschen in Swakopmund, da muss es doch möglich sein, sich gemeinsam einzusetzen, um das, was unsere Vorväter aufgebaut haben, zu erhalten. Wenn sich in der Vorstandsarbeit klare Linien zeigen und vernünftig gewirtschaftet wird, wird sich noch mancher wundern, wie viele Türen sich plötzlich öffnen. ,Bauet am Erbe lautet der Leitspruch – und hier geht es um das Erbe zweier Großväter, Sam Cohen und Alfons Weber, die nicht nur die deutsch-jüdische Vergangenheit in Harmonie miteinander verband, sondern uns eine Vision hinterließen, die uns noch heute leiten kann.“ „Leider ist im vergangenen Jahr manches aus dem Ruder gelaufen“, erklärt ein engagiertes Mitglied, das nicht namentlich genannt werden möchte. „Die Transparenz fehlte, der langjährige Vorsitzende Eberhard Mercker lässt oft wenig Mitspracherecht zu und zeigt sich wenig einsichtig, dass es an der Zeit ist, jüngeren Mitgliedern der Gesellschaft seinen Platz im Vorsitz einzuräumen, der viel Verantwortung mit sich bringt und innovative Ideen statt alter Hüte verlangt. Demokratie sieht anders aus.“ Die erste Sondersitzung im Rahmen einer Vorstandssitzung am 9. September 2013 mit einem kleinen Kreis ausgewählter, engagierter Mitglieder soll der Diskussion von „Umstrukturierung“ der Bibliothek, Perspektiven, Kostenkalkulationen und möglichst Zusammenstellung eines ausgereiften Geschäftsplans dienen, um in einer gesonderten Mitgliederversammlung Fakten auf den Tisch zu bringen und diese zur Diskussion zu stellen. Nun also scheinen alle willens zu sein, sich gemeinsam tatkräftig einzusetzen. Selbst Vorstandsvorsitzender Mercker lenkte nach mehrfacher AZ-Anfrage ein: „Unser Bemühen ist und war die langfristige Unterhaltung der Institution der Wissenschaftlichen Gesellschaft Swakopmund. Wir sind uns bewusst, dass wir finanzielle Schwierigkeiten erwarten können. Die Einnahmen stagnieren und die Ausgaben steigen. Deshalb bemühten wir uns um nachhaltige Einnahmequellen. Momentan sondieren wir eine der Möglichkeiten, dies ohne ,Re-zoning´ zu bewerkstelligen. Wir schließen kategorisch aus, dass die Bibliothek aus dem Gebäude der Sam-Cohen-Bibliothek verlegt wird.“ Konny von Schmettau

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Allgemeine Zeitung 2024-04-19

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