Opportunismus in Reinkultur
Als Alt-68er, als einer der dabei war, habe ich den o.g. Artikel als eine Art "Pflichtleselektüre" angesehen, obwohl mich die Erwähnung des Namens von Prof. Wolfsohn eigentlich schon im Vorfeld hätte warnen müssen. Ich habe, mit Verlaub, schon bessere Sachen von Wolfgang Reith gelesen als diesen verballhornten Schmonzes.
Ein Zitat in dem Artikel trieb mich auf die Palme: "Trau keinem 68er. Denn wer sich brüstet, dabei gewesen zu sein, weiß immer noch nicht, was er angerichtet hat." Im Verlauf des Artikels wird der Versuch unternommen, dem Leser zu suggerieren, dass wir, die 68er, nur "Scheiße" verzapft haben, die bis heute noch zu riechen ist, sprich Nachwirkungen zeigt. Vor allen Dingen die "Auslassungen" des Alt-Linken und jetzt "geläuterten" Klaus-Rainer Roehl, der noch bis in die 80er Jahre die links-radikale Zeitschrift "dasda avanti" herausgab, in der Rudi Dutschke eine ständige Kolumne hatte, ist Opportunismus in Reinkultur.
Aber das Zitat im Artikel geht noch weiter. "In der Tat wussten die 68er nicht, wofür sie waren." Bei einer solchen Unterstellung sträubten sich wahrlich die Haare. Wir wussten genau, wofür wir waren. Wir wollten nicht die Veränderung der Gesellschaft, sondern in der Gesellschaft. Mao-Tse-Tung dazu: "Angestrebte Veränderungen in der Gesellschaft sind hauptsächlich durch die Entwicklung innerer Widersprüche in der Gesellschaft begründet" ("Über den Widerspruch", Band 1, Seite 314). Daraus resultierten unsere Forderungen: Abbau der sozialen Nachteile, Abschaffung der Kluft in der Klassengesellschaft, Kampf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Den fehlenden Kontakt zwischen Wählern und Gewählten herstellen, gerechte Verteilung der Bildungschancen, Kampf gegen den jüdisch-amerikanischen Imperialismus (Vietnam, Palästina), Ächtung der Kriege. Was sagen Sie? Das kommt Ihnen so bekannt vor? Das ist doch heute noch so! Richtig: Hartz IV, Massenentlassungen, Raubtierkapitalismus der Heuschrecken, Globalisierung, die Schere zwischen Arm und Reich, gestern Vietnam, heute Irak, Afghanistan und immer noch Palästina.
Nach dem Ende der Ära 68 setzten die Einen auf den bewaffneten Kampf (Rote Armee-Fraktion, RAF / Bewegung 2. Juni) und ein Teil trat den Marsch durch die Instanzen an. Diese hätten, als sie 1998 an die Macht kamen, das Vermächtnis der 68er Bewegung erfüllen können, aber sie degradierten sich zu Lakaien der herrschenden Bourgeoisie. Aber lassen wir nach 40 Jahren das Ganze mit einer lauschigen Persiflage ausklingen. 1968, das waren die fröhlichen Provokationen der Kommunarden und die zehn Millionen im französischen Generalstreik. 1968, das war der Krieg in Vietnam und die Absage von überkommenden Rollenmustern. 1968, das war lustvolles Zähnefletschen des Gespenstes der Freiheit, der nachhaltige Schrecken für jede Art der Autorität. Es markierte den Beginn einer Epoche, eine lange Welle revolutionärer Aufsässigkeit gegen eine Gesellschaft, die in ihrer Verherrlichung des Kapitals und des Konsums die lebendigen Bedürfnisse des Individuums verschwinden lässt.
Klaus Unger, Windhoek
Anm. der Red.: Der Beitrag wurde gekürzt.
Ein Zitat in dem Artikel trieb mich auf die Palme: "Trau keinem 68er. Denn wer sich brüstet, dabei gewesen zu sein, weiß immer noch nicht, was er angerichtet hat." Im Verlauf des Artikels wird der Versuch unternommen, dem Leser zu suggerieren, dass wir, die 68er, nur "Scheiße" verzapft haben, die bis heute noch zu riechen ist, sprich Nachwirkungen zeigt. Vor allen Dingen die "Auslassungen" des Alt-Linken und jetzt "geläuterten" Klaus-Rainer Roehl, der noch bis in die 80er Jahre die links-radikale Zeitschrift "dasda avanti" herausgab, in der Rudi Dutschke eine ständige Kolumne hatte, ist Opportunismus in Reinkultur.
Aber das Zitat im Artikel geht noch weiter. "In der Tat wussten die 68er nicht, wofür sie waren." Bei einer solchen Unterstellung sträubten sich wahrlich die Haare. Wir wussten genau, wofür wir waren. Wir wollten nicht die Veränderung der Gesellschaft, sondern in der Gesellschaft. Mao-Tse-Tung dazu: "Angestrebte Veränderungen in der Gesellschaft sind hauptsächlich durch die Entwicklung innerer Widersprüche in der Gesellschaft begründet" ("Über den Widerspruch", Band 1, Seite 314). Daraus resultierten unsere Forderungen: Abbau der sozialen Nachteile, Abschaffung der Kluft in der Klassengesellschaft, Kampf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Den fehlenden Kontakt zwischen Wählern und Gewählten herstellen, gerechte Verteilung der Bildungschancen, Kampf gegen den jüdisch-amerikanischen Imperialismus (Vietnam, Palästina), Ächtung der Kriege. Was sagen Sie? Das kommt Ihnen so bekannt vor? Das ist doch heute noch so! Richtig: Hartz IV, Massenentlassungen, Raubtierkapitalismus der Heuschrecken, Globalisierung, die Schere zwischen Arm und Reich, gestern Vietnam, heute Irak, Afghanistan und immer noch Palästina.
Nach dem Ende der Ära 68 setzten die Einen auf den bewaffneten Kampf (Rote Armee-Fraktion, RAF / Bewegung 2. Juni) und ein Teil trat den Marsch durch die Instanzen an. Diese hätten, als sie 1998 an die Macht kamen, das Vermächtnis der 68er Bewegung erfüllen können, aber sie degradierten sich zu Lakaien der herrschenden Bourgeoisie. Aber lassen wir nach 40 Jahren das Ganze mit einer lauschigen Persiflage ausklingen. 1968, das waren die fröhlichen Provokationen der Kommunarden und die zehn Millionen im französischen Generalstreik. 1968, das war der Krieg in Vietnam und die Absage von überkommenden Rollenmustern. 1968, das war lustvolles Zähnefletschen des Gespenstes der Freiheit, der nachhaltige Schrecken für jede Art der Autorität. Es markierte den Beginn einer Epoche, eine lange Welle revolutionärer Aufsässigkeit gegen eine Gesellschaft, die in ihrer Verherrlichung des Kapitals und des Konsums die lebendigen Bedürfnisse des Individuums verschwinden lässt.
Klaus Unger, Windhoek
Anm. der Red.: Der Beitrag wurde gekürzt.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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