NUR 24 ZEILEN (57. Folge)
NUR 24 ZEILEN (57. Folge)

NUR 24 ZEILEN (57. Folge)

Eine wahre Geschichte über den Krieg, die Liebe und den langen Weg zurück nach Afrika
Claudia Reiter
Was ist das Geheimnis einer großen Liebe? Wie übersteht sie Trennung und Entfernung? Was bedeutet Heimat und wo ist sie, wenn der Krieg eine Heimkehr unmöglich macht? Eine fesselnde Erzählung die einen neuen Blick auf die Geschichte der Deutschen in Afrika wirft und die zeigt, wie eng verflochten die Fäden sind, die die Kriegsgeneration noch immer mit der heutigen verbinden. Erika von Wietersheim erzählt die Geschichte ihrer Eltern Hildegard und Kurt Falke.

NEUE PERSPEKTIVEN (Kapitel 17, Teil 2/3)

Im Jahr 1948, nachdem die Korrespondenz mit Hildegard zum Stillstand gekommen ist, schreibt Kurt lange, grüblerische Briefe an seine Freunde in Deutschland, die er noch aus der Zeit der Wandervögel kennt. Er schreibt über den Stellenwert der Kirche, über Politik und Macht, über das „Deutschsein“ nach dem Krieg, sucht nach neuen Antworten auf alte Fragen.

Von der Kirche wendet er sich ganz ab. Sie war in den vergangenen Jahren keine Kraft, die der Unmenschlichkeit des Nazi-Regimes hätte entgegentreten können, und sie ist auch keine Institution, die dem modernen Menschen Antworten auf seine Fragen gibt.

Du fragst mich, schreibt er an einen Freund, was ich von Deiner Entscheidung halte, wieder in die Kirche zurückzukehren. Ich glaube, daß damals Dein Schritt echter und ehrlicher war als jetzt Dein Schritt zurück. War Deine Entscheidung damals von einer inneren Not getragen, so ist Deine jetzige Entscheidung mehr von einer äußeren Not bestimmt. Ich glaube, daß wir modernen Menschen unseren eigenen, individuellen Weg gehen müssen, ohne Hilfe, ohne Geborgenheit, allein, auf dem Weg zu einer neuen Erkenntnis.

Er selbst beschäftigt sich um diese Zeit stark mit den Mystikern, denn auch sie suchen ihren eigenen Weg zu Gott. Das hat allerdings nicht viel mit Kirche zu tun, schreibt er, denn Mystik führt eher in die Vereinzelung, Vereinzelung im Dienst am anderen und an Gott, und vielleicht wird nur in seltenen Augenblicken ein Funke der Gemeinsamkeit angefacht.

Dass sein Freund wieder in die Kirche eintreten will, findet er dennoch in Ordnung. Denn noch ist wahrscheinlich die Kirche die einzige Möglichkeit des organisierten Widerstandes gegen eine Veräußerlichung des menschlichen Lebens. Man kann helfen, diese Front zu stützen, aber sich auch gleichzeitig von diesem verhängnisvollen Dualismus des biblischen Wortes einerseits und der Erkenntnisse moderner Menschen befreien.

Zu den vermeintlichen Idealen des Nationalsozialismus, von denen sich nach dem Krieg viele Deutsche entweder ganz abwenden oder aber krampfhaft an ihnen festhalten, schreibt er, der nie in die NSDAP eingetreten ist, aber auch nach seiner Auswanderung 1935 und als Gefangener hinter Stacheldraht nur wenig von den politischen Entwicklungen und schrecklichen Geschehnissen in Deutschland mitbekommen hat: Vor dem Krieg gab es auch ein Verständnis des „nationalen Sozialismus“, das von sehr menschlichen, wenn auch vielleicht naiven Idealen geprägt war. Diese Ideale hatten sich lange vor dem Nationalsozialismus gebildet, vor allem während der Zeit der Jugendbewegung.

Neben ihren eher apolitischen Ideen von persönlicher Freiheit anstatt preußischem Korsett, Antimilitarismus anstatt Militarisierung der gesamten Gesellschaft und einem „natürlichen Leben und brüderlicher Kameradschaft“ hatten die jungen Menschen in dieser Nachkriegsbewegung Idealen angehangen, die der Nationalsozialismus erst später aufgegriffen hat – wie zum Beispiel der Vorstellung eines selbstbewussten Deutschlands nach den schmerzlich empfundenen Erniedrigungen als Folge des Ersten Weltkriegs.

Die alten deutschen Volkslieder und die deutsche Dichtung wurden in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg in den jungen Menschen aufs Neue lebendig, sie waren stolz auf ihre schöne Heimat, auf ihre deutsche Kultur. In vielen jungen Menschen bereiteten diese Gefühle den Boden für die Ideologie des Nationalsozialismus, wurden aufgenommen und missbraucht für politische Zwecke. Aber für Kurt stand die parteipolitische Vereinnahmung im Gegensatz zu seinem Streben nach Freiheit und Individualismus. In keinem der Briefe der jungen Männer und der Brüder an Kurt wird jemals der Ausdruck »Heil Hitler« oder »unser Führer« gebraucht, auch nicht während des Kriegs. Und Kurt passte es, dass er in Südafrika an einer deutschen Schule ohne parteipolitisches Korsett tätig sein konnte. Dass er seine deutsche Sprache und Kultur liebte, mehr als man es heute kennt, war für ihn selbstverständlich. Nach dem Krieg, im Jahr 1948, wünscht er sich deshalb von ganzem Herzen, so liest man es aus seinen Briefen heraus, dass Deutschland in Zukunft ein Volk ohne machtpolitische Interessen wird. Die Deutschen sollten sich zurückbesinnen auf das, was damals positiv, klug und für die Gesamtheit der Menschen gewollt war. Ohne den verfluchten Willen zu Einfluß und Macht sollten wir als kluge, fähige, weitblickende Menschen handeln.

Er will sich nicht als einen Nazi abstempeln lassen, weil er Schiller und Goethe in die Welt tragen wollte. Es geht darum, daß das, was wir an Positivem gelebt haben, nicht in den Papierkorb oder auf den Scheiterhaufen wandert. Unser Verhängnis war, daß das, was wir schlechthin unter „deutsch“ verstanden, zur politischen Idee wurde.

Es fällt auf, dass Kurt in seinen Briefen mit keinem Wort die Judenverfolgung und die Vernichtungslager in Deutschland während des Kriegs erwähnt. Aus späteren Gesprächen weiß ich, dass die Juden für ihn immer selbstverständlich zum deutschen Volk dazugehört haben, auch sie waren Teil der großen deutschen Dichter, Denker, Wissenschaftler und Musiker. Wahrscheinlich hat er wie viele Deutsche, die im Ausland lebten, nicht an die Zahlen der Vernichtung geglaubt und einen Großteil der Information als gefälscht angesehen. Erst als wir viele Jahre später in Deutschland gelebt haben, muss ihm der ganze Umfang der Gräuel der Nazi-Zeit zu Bewusstsein gekommen sein. Ich erinnere mich, dass wir viele Dokumentationen über die Judenverfolgung gemeinsam im Fernsehen angeschaut haben und dass mein Vater in einen Verein namens Aktion Sühnezeichen eingetreten ist, um junge Menschen zu unterstützen, die nach Polen fuhren, um dort im Sinne der Versöhnung zu arbeiten. Einmal nahm er mich auf eine Versammlung dieser Organisation mit, auf der ein Mann von seiner Erfahrung in einem Konzentrationslager berichtete. Ich erinnere mich, dass unser Vater danach kein Wort über diese Veranstaltung verlor, aber die ganze Zeit Tränen in den Augen hatte.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-19

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