Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 52)
Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 52)

Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 52)

Autobiografie eines außergewöhnlichen Lebens in Namibia
Wiebke Schmidt
Berühmter Mitbewohner

Jackson bleibt eine Woche lang. Ich sehe und höre in der Zeit nur manchmal etwas von ihm, wenn ich morgens aufstehe und zur Arbeit muss. Dann ist er plötzlich weg. Ein Zettel in der Küche verrät mir, dass er zu Filmaufnahmen in den Etoscha-Nationalpark aufgebrochen ist.

Sehnsucht

Als Jackson weg ist, macht mich das traurig, wie ich überrascht feststelle. Ich würde ihn gerne anrufen, lasse es dann aber. Als ich nach einer Woche immer noch nichts von ihm gehört habe, halte ich es nicht mehr aus. In dem Moment wo ich ihn anrufen will, bekomme ich eine SMS von ihm. Er fragt mich, ob ich ihn abends zu einer Opernaufführung ins Nationaltheater begleiten möchte. Jackson überrascht mich immer wieder. Er hört Opernmusik? Ich habe ihn anderes eingeschätzt. Aber natürlich möchte ich mit ihm gemeinsam diesen Ohrenschmaus genießen. Ist das etwa ein Date? Eine zweite SMS kommt herein. Jackson fragt, ob er nochmal ein paar Tage bei mir übernachten und den Computer benutzen darf. Er müsse noch ein paar Projektanträge schreiben. Natürlich bin ich einverstanden.

Ich kann es kaum erwarten bis es Abend wird. Wir treffen uns am Theater. Das Stück ist nicht so umwerfend. Dafür ist es Jacksons Gesellschaft. Er ist der perfekte Entertainer, der jede Geschichte mit einer gehörigen Portion Humor würzt, aber auch mir genug Raum zum Erzählen gibt.

Schicksalsmomente

Ich räume erneut mein Schlafzimmer. Aber dieses Mal haben wir die Chance, mehr Zeit miteinander zu verbringen. Wie es das Schicksal so will, bekomme ich aufgrund einer fiesen Blasenentzündung hohes Fieber und muss ein paar Tage zu Hause bleiben. Jackson und ich lernen uns beim gemeinsamen Frühstück besser kennen. Er ist respektvoll und etwas distanziert. Vielleicht war meine Ansage zu Beginn unseres Kennenlernens etwas zu heftig. Ich hatte ihm zu verstehen gegeben, dass er aufgrund seines Noch-Verheiratet-Seins nur bei mir wohnen kann, wenn seine Noch-Gattin damit einverstanden sei. Und ich keine Lust auf zänkische, eifersüchtige Ehefrauen hätte. Das Abendessen wird bei drei Flaschen meines besten Rotweins bis in die frühen Morgenstunden ausgedehnt. Zu meiner großen Überraschung bittet mich Jackson, seine Managerin zu werden. Ich lehne erst einmal ab. Schließlich habe ich weder von Musik, noch vom Musikgeschäft die geringste Ahnung. So denke ich wenigstens. Jackson lässt jedoch nicht locker, bis ich ihm verspreche es wenigstens mal zu versuchen. Nun bin ich die Managerin eines Musikers, von dem ich bisher noch nicht ein einziges Lied gehört habe. Das ist ein bisschen verrückt und muss sich unbedingt ändern. Am nächsten Abend ist Jackson ausgerüstet mit CDs, Videos, Fernsehshows- und Interviews und einer Soap Oper, bei der er die Hauptrolle spielt. Jackson lädt mich aber erst einmal in den „Weinberg” zum Essen ein. Als Dank für meine Gastfreundschaft. Alle Augen sind auf uns gerichtet. Es steht den Restaurantbesuchern ins Gesicht geschrieben, was sie denken - die beiden sind ein Paar. Ich muss zugeben, dass mir dieser Gedanke nicht unangenehm ist. Und irgendwie fühlt es sich auch ein bisschen so an. Wir unterhalten uns blendend. Jackson macht mir Komplimente und schaut mich bewundernd an. Es wird eine noch längere Nacht, bei der drei weitere Weinflaschen bei mir Zuhause dran glauben müssen. Ich bin beeindruckt von dem Bild, das sich durch Jacksons mitgebrachte Utensilien von ihm ergibt. Jackson hat nicht nur eine Stimme wie „Gravel Stones”, er kann auch noch schauspielern, unterhalten und intelligente Interviews geben.

Ich hatte ihn für oberflächlicher gehalten. Dass Jackson sehr belesen ist, bereits am Morgen in allen lokalen Zeitungen stöbert und sogar selbst bereits ein Buch veröffentlicht hat, hätte ich nicht erwartetet. Außerdem legt er Wert darauf, gut gekleidet zu sein. Was für ein Mann. Endlich mal kein kleiner Junge, der eine Mutti als Partnerin sucht, die ihm die Kleider wäscht und ihm den Haushalt führt. Leider macht er so überhaupt keine Anstalten, sich mir auch nur in irgendeiner Weise zu nähern. Habe ich mich so getäuscht? Ich hatte die letzten Tage den Eindruck, dass er gerne mit mir zusammen wäre. Ich setze mich neben ihn auf die Couch und schaue mir bis in die frühen Morgenstunden mit ihm das letzte mitgebrachte Video an. Als ich gerade, etwas enttäuscht, aufstehen und mich langsam bettfertig machen will, nimmt Jackson mich plötzlich in den Arm und küsst mich. Wow! Das fühlt sich großartig an. Ich fühle Schmetterlinge in meinem Bauch herumfliegen. Jackson führt mich in „sein” Schlafzimmer. Ich entdecke ein Kondom in seiner Hand. Damit ist klar, worauf das hier hinauslaufen soll. Das geht mir jedoch eindeutig zu schnell. Es überfordert mich emotional. Vielleicht sollte ich einfach mal den Augenblick genießen und mich fallenlassen. Das kann ich aber nicht. So gut kenne ich ihn noch nicht und ich will auf keinen Fall einen One-Night-Stand. Und bisher hat er mir seine Gefühle mir gegenüber noch nicht wirklich offenbart. Dass ich mich verliebt habe, wusste ich in dem Moment ganz genau als seine Lippen die meinen berührt haben. Ich habe da einfach andere Moralvorstellungen. Jackson drängt mich auch nicht als er spürt, dass ich noch nicht bereit bin.

Unfall oder Mord?

Meine Blasenentzündung ist abgeklungen und ich muss wieder zum Radiosender. Gegen Mittag gehe ich ins Studio, damit ich um Punkt zwölf Uhr auf Sendung bin. Aber irgend etwas ist anders. Meine Chefin ist da. Alle sprechen nur im Flüsterton miteinander. Es herrscht eine merkwürdige Aufregung. „Was ist los?“, frage ich meine Vorgesetzte. „Du kannst deine Sendung nicht moderieren. Du mußt erst eine wichtige Meldung bekanntgeben. Ein Minister ist gestorben.“ Oh je. „Welcher denn?“, frage ich mit einem unguten Gefühl im Bauch. „John Pandeni. Er ist mit dem Auto verunglückt“, informiert sie mich. Das kann und darf nicht wahr sein! John. Erst vorgestern habe ich ihn in der Stadt getroffen. Ich habe noch seine Stimme im Ohr: „Hallo Kerstin. Wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen. Aber ich denke öfters an dich. Ich erzähle meinen Freunden immer mal wieder wie du mir den Marsch geblasen hast. Aber das war genau richtig. Ich habe dadurch so viel gelernt und bin den Menschen in meinem Wahlkreis dadurch viel näher gekommen“, sagte er lachend. „Ich muss für zwei Tage in den Norden. Wenn ich wieder da bin, treffen wir uns bei mir zum Abendessen“. Ich spüre noch seinen Abschiedskuss auf meiner Wange und seine herzliche Umarmung. „Aber wir sind doch für heute abend zum Essen verabredet“, bringe ich stotternd hervor. Unbewusst rollen bereits Tränen über mein Gesicht. Jetzt kapiert meine Chefin, dass John nicht irgendein Unbekannter für mich ist. „Kerstin. Du musst dich jetzt zusammenreißen. In zwei Minuten muss du diesen Zettel hier vorlesen.“ Mechanisch nehme ich das Blatt aus ihrer Hand. Es gelingt mir irgendwie die Meldung über den Äther zu schicken und anschließend meine Sendung zu moderieren.

Später bringe ich in Erfahrung, dass John’s Auto ins Schleudern geraten ist. Man habe ihn mit dem Gesicht in einem Wasserkanal, etwa 50 Meter vom Auto entfernt, gefunden. In den Nachrichten werden nie die Ereignisse der Obduktion bekanntgegeben. Das macht mich etwas stutzig. Gerüchte kursieren, John sei ermordet worden. Er wird auf dem Heldenacker beerdigt. Jackson wird gebeten, ein Lied zu schreiben, dass während der Trauerfeierlichkeiten im Fernsehen eingespielt wird. Bei der Beerdigung kann er nicht dabei sein, weswegen das Lied aufgezeichnet wird. Als Jackson sich unbeobachtet fühlt und die Aufnahme des sehr emotionalen Liedes fertig ist, rollen ihm Tränen über das Gesicht. Die Kameras sind aber noch an, was er aber nicht weiß. Bei der Ausstrahlung des Liedes werden sie nicht rausgeschnitten. Ich bin bei der Beerdigung dabei, eine der ganz wenigen weißen Trauergäste. Noch viele Male werde ich später an diesem friedlichen Ort an seinem Grab sitzen und John besuchen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-19

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