Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 34)
Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 34)

Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 34)

Autobiografie eines außergewöhnlichen Lebens in Namibia (Teil 34)
Wiebke Schmidt
Flucht

Ich habe mir bereits meine eigene Lösung zusammengereimt. Ich rufe meine Mutter an und bitte sie, mir Geld für einen Flug nach Namibia zu leihen. Ich muss erst einmal weg. Weit weg. Dahin, wohin Johan mir nicht folgen kann. Meine Mutter ist bestürzt. Sie verspricht mir, das Geld am nächsten Tag zu überweisen. In Namibia habe ich – Gott sei Dank – genug Freunde, bei denen ich wohnen kann. Bis es losgeht, besuche ich verschiedene Freunde in verschiedenen Städten Deutschlands. Ich bin trostbedürftig. Der Austausch mit meinen Freundinnen und die gemeinsamen Aktivitäten tun gut. Endlich kann ich wieder lachen. Die Freude kehrt langsam in mein Leben zurück. Ende Oktober 2003 fliege ich nach Namibia. Fast vier Wochen kann ich bleiben, bevor ich wieder zurück nach Bremen und eine endgültige Lösung für meine Zukunft gefunden haben muss.

Neuorientierung

Die Zeit in Namibia ist herrlich. Ich wohne bei Angela und genieße die Zeit mit ihr. Ich treffe alte Freunde wieder, die mich in die besten Restaurants der Stadt zum Essen einladen. Die Sonne erwärmt mein Herz und tut meiner angeschlagenen Seele gut. Ich mache ein paar Ausflüge durchs Land. Inzwischen hat sich Namibia verändert. Es entwickelt sich. Es sind wunderschöne Lodges in Traumlandschaften gebaut worden. Namibia ist längst ein Geheimtipp in der Tourismusbranche. Wie ich das alles vermisst habe. Ich weiß zwar noch nicht, wie ich es realisieren kann, aber ich möchte hierher zurückkehren. Ich liebe das Land und seine Menschen. Hier fühle ich mich Zuhause.

Nach dem Entschluss nach Namibia zurückzukehren, schreibe ich Bewerbungen und schaue mich nach einer Wohnung um. Ich finde sogar eine, die zum nächsten Jahr frei wird. Außerdem besorge ich mir Antragsformulare für eine permanente Aufenthaltsgenehmigung.

Schweren Herzens fliege ich nach fast vier Wochen wieder zurück nach Deutschland. Mit Johan habe ich in der ganzen Zeit nur ein einziges Telefonat geführt. Das war unumgänglich. Ich kann es schließlich nicht verhindern, wieder auf ihn zu treffen. Inzwischen hat sich wohl auch die Polizei bei Johan gemeldet. Er musste zu einem Gespräch in die Wache kommen. Außerdem wird es zu einem Verfahren wegen schwerer Körperverletzung kommen. Auf so eine Straftat steht als Mindeststrafe sechs Monate Haft oder eine Geldstrafe, durch die er auch vorbestraft wäre. Das macht ihm ganz schön Angst. Vielleicht nimmt er deshalb seine Psychopharmaka auch wieder. Außerdem wäre ein Brief von der Ausländerbehörde gekommen. Die wollen uns gemeinsam sprechen. Ich vermute, dass sie Johan die permanente Aufenthaltsgenehmigung verweigern, die er eigentlich in den nächsten zwei Wochen bekommen hätte. Vielleicht wird er auch ausgewiesen, wenn ich getrennt von ihm lebe. Irgendwie müssen wir auch die Wohnung auflösen. Ich nehme mir vor, Johans Kooperation zu gewinnen und Stress zu vermeiden.

Johan hat unser Gästezimmer an einen Studenten untervermietet. Das freut mich auf der einen Seite, da es mir ein Stück Sicherheit gibt. Ich glaube nicht, dass Johan mich angreifen wird, wenn jemand sich in der Wohnung aufhält. Auf der anderen Seite muss ich mir zwangsläufig ein Bett mit ihm teilen. Das ist mir viel zu nah. Aber bis ich eine andere Lösung gefunden habe, geht es nicht anders. Johan schläft noch, als ich früh morgens nach Hause komme. Ich bin todmüde und lege mich leise ins Bett. Ich bete, dass Gott mich beschützt. Innerlich bin ich auf der Hut. Johan wacht auf und begrüßt mich freundlich. Er hat mindestens zehn Kilogramm abgenommen. Ich bemühe mich, auch freundlich zu sein. Ich bitte ihn, mich schlafen zu lassen. Als ich gerade am Einschlafen bin, spüre ich wie Johan an mir rumfingert. Das darf nicht wahr sein! Er will ganz offensichtlich mit mir schlafen! Mir wird eiskalt. Nun ist an Schlafen nicht mehr zu denken. Ich fange am ganzen Körper an zu zittern und schiebe ihn heftig von mir weg. Da begreift Johan, dass er auf diese Weise keine Nähe zu mir schaffen kann, sondern eher das Gegenteil damit erreicht. Zum Glück zieht der Student aus, als ich ihn darum bitte und das Gästezimmer wird wieder frei, das ich Johan zuteile. Er merkt, dass das erst einmal die beste Lösung ist. Nachts schließe ich mich im Schlafzimmer ein und vermeide es anwesend zu sein, wenn Johan Zuhause ist. Johan hält sich nach der Arbeit bei der Post auffällig oft in der Universitätsbibliothek auf. Ich vermute, dass er dort eine Freundin hat. Das ist mir sehr recht. Ich weiß intuitiv, dass ich Johan nur dann loswerde, wenn jemand anders ihn „übernimmt“. Johan weiß aber auch, dass das Beste was ihm passieren kann, die unbefristete permanente Aufenthaltsgenehmigung ist. Die bekommt er aber nur, wenn wir drei Jahre lang miteinander verheiratet sind. Der Angriff auf mich war genau 14 Tage bevor diese Bedingungen erfüllt waren. Johan wird sich hüten, diese Möglichkeit zu gefährden indem er mich erneut angreift. Ich rufe die Ausländerbehörde an, um einen Termin auszumachen und zu erklären, dass ich ihre Einladung zum Gespräch erst nach meinem Namibiaurlaub bekommen habe.

Gleichzeitig mache ich einen Termin bei meinem Berufsberater bei der Arbeitsagentur für Arbeit aus, um zu erfahren inwieweit mich die Arbeitsagentur unterstützen würde, um nach Namibia zurückzukehren. „Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, um z. B. Kosten für den Flug und einen Umzug ins Ausland zu finanzieren“‚ klärt mich mein Berater auf. „Sie müssten mindestens sechs Monate vor der Ausreise arbeitssuchend sein und einen mindestens ein Jahr gültigen Arbeitsvertrag mit einer Organisation oder Firma vorweisen. Außerdem muss ich dem natürlich zustimmen und das befürworten. Es muss erwiesen sein, dass Sie erst alles versucht haben, um hier in Deutschland Arbeit zu bekommen. Aber das ist bei Ihnen ja nun wirklich der Fall. Kommen Sie wieder, wenn Sie einen Arbeitsvertrag in Namibia haben. Dann reden wir weiter.“

Zuhause angekommen, setze ich mich sofort telefonisch mit Petra in Verbindung, der Leiterin von „Chain“. Vor Jahren hat sie mir bereits angeboten, bei ihnen mitzuarbeiten. „Ja. Du kannst einen Arbeitsvertag bekommen. Wir können dich hier dringend gebrauchen. Ich würde mich freuen, wenn du bei uns einsteigen würdest. Unsere Spendenlage ist jedoch nicht immer stabil. Deshalb weiß ich nicht genau, ob wir dir ein dir angemessenes Gehalt zahlen können“, meint sie.

„Mach dir darum keine Sorgen. Zahlt mir was ihr könnt.“ entgegne ich enthusiastisch. „O.K. Dann setze ich schon mal das Stellenangebot in die Zeitungen. Du kennst ja die Arbeitsbestimmungen. Affirmative Action – Schwarze vor Weiße und Inländer vor Ausländer. Wenn ein Einheimischer bei gleicher Qualifikation sich auf die Stelle bewirbt, darf ich sie dir nicht geben“, erklärt sie mir.

Vier Wochen später halte ich den Arbeitsvertrag in den Händen. Innerlich jubele ich. Jetzt muss nur noch die Arbeitsagentur zustimmen – was sie unglaublicherweise, auch macht. Sie werden die Kosten von 5000 Euro für meinen Container und anteilsmäßig 370 Euro für einen Hinflug nach Namibia übernehmen. Zudem alle Kosten, die anfallen, um meine Zeugnisse ins Englische zu übersetzen. Soviel Unterstützung von Seiten des Amtes habe ich niemals erwartet. Meine Freude ist grenzenlos! Mir wird jedoch durch Gespräche mit Petra bewusst, dass es klug wäre, wenn Johan, die Anträge auf eine permanente Aufenthaltsgenehmigung für mich unterschreiben würde, damit ich auch sofort eine Arbeitserlaubnis bekomme. Sie ist der Ansicht, dass es gut wäre, wenn Johan bezüglich einiger Unterschriften mit nach Namibia kommen würde.

Die Ausländerbehörde ist durch die Polizei über die Häusliche Gewalt informiert worden. Wir sollen uns dazu äußern. Wir bestätigen den Vorfall. Johan erklärt, dass er sich in psychologischer Behandlung befindet, und er sich so mit dieser Geschichte auseinandersetzt. Man hört uns mit großer Skepsis zu. Ich soll eine handschriftliche eidesstattliche Erklärung abgeben, in der ich bestätigen soll, dass wir weiterhin eine Ehe führen. Nachdem ich das gemacht habe, bekommt Johan sofort seinen Stempel für die permanente Aufenthaltsgenehmigung in seinen Pass.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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