Machtkampf in der Regierung wirft dunkle Schatten auf Südafrika
Wenn der Rohstoffhunger der Chinesen nachlasse und Südafrika dadurch weniger Geld für seine Platin- oder Eisenerzexporte erhielte, werde es, so der bekannte Kommentator, auch am Kap der guten Hoffnung zu einem Aufstand der Unzufriedenen und Armen kommen - ein Szenario, das der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) und sein Präsident Jacob Zuma weit von sich weisen.
Ganz so abwegig wie der ANC meint, scheint Mbekis Prognose dennoch nicht zu sein. Einen ersten Vorgeschmack darauf erlebte das Land in der vergangenen Woche: Tausende aufgebrachte Anhänger des ANC-Jugendligachefs Julius Malema randalierten am Dienstag vor dem ANC-Hauptquartier in Johannesburg, wo sich der 30-jährige Populist wegen "parteischädigenden Verhaltens" vor den Granden der Partei rechtfertigen musste. Dabei verbrannten die Anhänger Malemas, der seit langem die Verstaatlichung von Minen und Banken fordert, öffentlich T-Shirts mit dem Porträt von Staatschef Jacob Zuma, dem Malema vor zwei Jahren noch zur Präsidentschaft verholfen und dabei ewige Treue gelobt hatte. Inzwischen haben sich die beiden jedoch mächtig entzweit - auch weil der Jüngere immer offener seinen Machtanspruch formuliert.
Die wirtschaftliche Lage in Südafrika bietet Malema derzeit reichlich Gelegenheit zur Agitation. Mehr als die Hälfte der Schwarzen unter 25 ist arbeitslos - und hat angesichts fehlender Qualifikationen und extrem rigider Arbeitsgesetze auch kaum eine Aussicht, jemals einen Job zu finden. Im zweiten Quartal ist das Sozialprodukt nur um 1,3 Prozent gewachsen, so dass Ökonomen für das Gesamtjahr von kaum mehr als drei Prozent Plus ausgehen. Frühestens ab fünf Prozent Wachstum entstehen aber überhaupt erst neue Jobs; sieben Prozent gelten für ein Schwellenland wie Südafrika als Minimum, um die große Armut spürbar zu verringern. Und gut ein Jahr nach der Fußball-WM wird das Land obendrein von immer neuen Streiks erschüttert. Gegenwärtig stehen wieder einmal die Räder in weiten Teilen der Minenindustrie still, aber auch in vielen Stadtverwaltungen wird nicht gearbeitet.
Malemas Erfolg ermuntert auch die mächtigen und oft militanten Gewerkschaften am Kap zu Lohnforderungen zwischen zehn und 15 Prozent in fast allen Industriezweigen. Die Abschlüsse würden damit deutlich über der Inflationsrate von derzeit knapp fünf Prozent liegen. Bereits im vergangenen Jahr hatten Tarifabschlüsse von rund zehn Prozent Südafrikas Wettbewerbsfähigkeit weiter unterhöhlt - zumal die Produktivität am Kap seit längerem rückläufig ist. Lohnerhöhungen um bis zu 30 Prozent für die nächsten drei Jahre, die einige Autozulieferer durchsetzen, nutzten nur den Konkurrenten aus Asien, ließ BMW Südafrika mahnend verlauten. Investoren reagieren zunehmend verunsichert auf die Entwicklung am Kap: So wartet das Land gut ein Jahr nach der Fußball-WM bislang vergeblich auf die erhofften Direktinvestitionen aus dem Ausland. 2010 lagen diese mit 1,6 Milliarden Dollar um rund 70 Prozent unter dem Vorjahreswert. Selbst im Vergleich mit dem Rest Afrikas ist die Kaprepublik stark zurückgefallen und liegt bei den ausländischen Direktinvestitionen nur noch an 10. Stelle - hinter Ländern wie DR Kongo, Angola und selbst dem kriegsgeplagten Sudan.
Kein Wunder, dass ob dieses gefährlichen Cocktails nun erstmals seit Ende der Apartheid auch politische Risiken wieder stärker in den Vordergrund treten - und die Investitionsentscheidungen der in- und ausländischen Unternehmen beeinflussen. So besteht die Sorge, dass populistische Forderungen vom radikalen linken Flügel des ANC irgendwann offizielle Politik der Regierung werden. "Es ist ausgesprochen beunruhigend, dass die Verstaatlichungsdebatte seit Monaten anhält und nicht wie früher rasch beendet wird", warnt Kristin Lindow, Chefin der Ratingagentur Moody's für Südafrika.
Der ANC selbst tut sich noch immer schwer mit dem Eingeständnis, die Auswirkungen der WM völlig überschätzt zu haben. Stattdessen wird von seinen Vertretern ständig geltend gemacht, die Kaprepublik habe durch das Turnier einen immensen Imagegewinn verbucht, von dem das Land noch lange zehren werde. Die meisten Volkswirte sind hingegen weit vorsichtiger: Sie schätzen, dass die WM nicht einmal einen halben Prozentpunkt zum Wachstum am Kap beigetragen habe. "Es war eine tolle Party, aber der direkte wirtschaftliche Nutzen ist eher gering", resümiert etwa der Ökonom Chris Hart. Selbst die Tourismusbranche ist unter starken Druck geraten und dürfte ein paar Jahre brauchen, um auf das Niveau von vor der WM zurückzukehren. Clifford Ross, Chef der City Lodge Hotels, spricht von den letzten zwölf Monaten als den schlechtesten in seinen über 30 Jahren in der Branche. Zwar habe die WM dem Sektor anfangs geholfen, doch habe niemand mit einem solch harten Absturz im Anschluss an das Turnier gerechnet. Vielleicht erklärt dies, weshalb Südafrika seine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2020 erst einmal auf Eis gelegt hat.
Angesichts der mageren Wachstumsaussichten ist völlig unklar, wie der von Korruptionsvorwürfen und ständigen Machtkämpfen geplagte ANC binnen weniger Jahre die versprochenen fünf Millionen neuen Arbeitsplätze schaffen will. Sollte Julius Malema im Zuge des Disziplinarverfahrens nicht aus dem ANC geworfen werden, könnte seine große Zeit erst noch kommen - vielleicht schon bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2014.
Ganz so abwegig wie der ANC meint, scheint Mbekis Prognose dennoch nicht zu sein. Einen ersten Vorgeschmack darauf erlebte das Land in der vergangenen Woche: Tausende aufgebrachte Anhänger des ANC-Jugendligachefs Julius Malema randalierten am Dienstag vor dem ANC-Hauptquartier in Johannesburg, wo sich der 30-jährige Populist wegen "parteischädigenden Verhaltens" vor den Granden der Partei rechtfertigen musste. Dabei verbrannten die Anhänger Malemas, der seit langem die Verstaatlichung von Minen und Banken fordert, öffentlich T-Shirts mit dem Porträt von Staatschef Jacob Zuma, dem Malema vor zwei Jahren noch zur Präsidentschaft verholfen und dabei ewige Treue gelobt hatte. Inzwischen haben sich die beiden jedoch mächtig entzweit - auch weil der Jüngere immer offener seinen Machtanspruch formuliert.
Die wirtschaftliche Lage in Südafrika bietet Malema derzeit reichlich Gelegenheit zur Agitation. Mehr als die Hälfte der Schwarzen unter 25 ist arbeitslos - und hat angesichts fehlender Qualifikationen und extrem rigider Arbeitsgesetze auch kaum eine Aussicht, jemals einen Job zu finden. Im zweiten Quartal ist das Sozialprodukt nur um 1,3 Prozent gewachsen, so dass Ökonomen für das Gesamtjahr von kaum mehr als drei Prozent Plus ausgehen. Frühestens ab fünf Prozent Wachstum entstehen aber überhaupt erst neue Jobs; sieben Prozent gelten für ein Schwellenland wie Südafrika als Minimum, um die große Armut spürbar zu verringern. Und gut ein Jahr nach der Fußball-WM wird das Land obendrein von immer neuen Streiks erschüttert. Gegenwärtig stehen wieder einmal die Räder in weiten Teilen der Minenindustrie still, aber auch in vielen Stadtverwaltungen wird nicht gearbeitet.
Malemas Erfolg ermuntert auch die mächtigen und oft militanten Gewerkschaften am Kap zu Lohnforderungen zwischen zehn und 15 Prozent in fast allen Industriezweigen. Die Abschlüsse würden damit deutlich über der Inflationsrate von derzeit knapp fünf Prozent liegen. Bereits im vergangenen Jahr hatten Tarifabschlüsse von rund zehn Prozent Südafrikas Wettbewerbsfähigkeit weiter unterhöhlt - zumal die Produktivität am Kap seit längerem rückläufig ist. Lohnerhöhungen um bis zu 30 Prozent für die nächsten drei Jahre, die einige Autozulieferer durchsetzen, nutzten nur den Konkurrenten aus Asien, ließ BMW Südafrika mahnend verlauten. Investoren reagieren zunehmend verunsichert auf die Entwicklung am Kap: So wartet das Land gut ein Jahr nach der Fußball-WM bislang vergeblich auf die erhofften Direktinvestitionen aus dem Ausland. 2010 lagen diese mit 1,6 Milliarden Dollar um rund 70 Prozent unter dem Vorjahreswert. Selbst im Vergleich mit dem Rest Afrikas ist die Kaprepublik stark zurückgefallen und liegt bei den ausländischen Direktinvestitionen nur noch an 10. Stelle - hinter Ländern wie DR Kongo, Angola und selbst dem kriegsgeplagten Sudan.
Kein Wunder, dass ob dieses gefährlichen Cocktails nun erstmals seit Ende der Apartheid auch politische Risiken wieder stärker in den Vordergrund treten - und die Investitionsentscheidungen der in- und ausländischen Unternehmen beeinflussen. So besteht die Sorge, dass populistische Forderungen vom radikalen linken Flügel des ANC irgendwann offizielle Politik der Regierung werden. "Es ist ausgesprochen beunruhigend, dass die Verstaatlichungsdebatte seit Monaten anhält und nicht wie früher rasch beendet wird", warnt Kristin Lindow, Chefin der Ratingagentur Moody's für Südafrika.
Der ANC selbst tut sich noch immer schwer mit dem Eingeständnis, die Auswirkungen der WM völlig überschätzt zu haben. Stattdessen wird von seinen Vertretern ständig geltend gemacht, die Kaprepublik habe durch das Turnier einen immensen Imagegewinn verbucht, von dem das Land noch lange zehren werde. Die meisten Volkswirte sind hingegen weit vorsichtiger: Sie schätzen, dass die WM nicht einmal einen halben Prozentpunkt zum Wachstum am Kap beigetragen habe. "Es war eine tolle Party, aber der direkte wirtschaftliche Nutzen ist eher gering", resümiert etwa der Ökonom Chris Hart. Selbst die Tourismusbranche ist unter starken Druck geraten und dürfte ein paar Jahre brauchen, um auf das Niveau von vor der WM zurückzukehren. Clifford Ross, Chef der City Lodge Hotels, spricht von den letzten zwölf Monaten als den schlechtesten in seinen über 30 Jahren in der Branche. Zwar habe die WM dem Sektor anfangs geholfen, doch habe niemand mit einem solch harten Absturz im Anschluss an das Turnier gerechnet. Vielleicht erklärt dies, weshalb Südafrika seine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2020 erst einmal auf Eis gelegt hat.
Angesichts der mageren Wachstumsaussichten ist völlig unklar, wie der von Korruptionsvorwürfen und ständigen Machtkämpfen geplagte ANC binnen weniger Jahre die versprochenen fünf Millionen neuen Arbeitsplätze schaffen will. Sollte Julius Malema im Zuge des Disziplinarverfahrens nicht aus dem ANC geworfen werden, könnte seine große Zeit erst noch kommen - vielleicht schon bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2014.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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