Lehrer bleiben wichtig und prägend für die Schüler
Lehrer bleiben wichtig und prägend für die Schüler

Lehrer bleiben wichtig und prägend für die Schüler

Stefan Fischer
„Vor allem möchte ich mich ganz herzlich für die Einladung zu dem heutigen Galaabend bedanken. Als Altschüler der Privatschule Karibib (PSK) bin ich beruhigt, dass der Erlös vom Verkauf unserer Schule und allem, was dazu gehörte, dem Projekt Lilie zu Gute kommt.

Meine Verbindung zur PSK fing im Jahr 1960 an. Mit sechs Jahren wurde ich als Internatsschüler, in Namibia sagt man Heimkind, eingeschult. Meine erste Lehrerin war meine älteste Schwester, Waldtraut Schlettwein, für uns beide ein nicht ganz einfaches Unterfangen, aber es ist gut gegangen. Meine Erinnerungen an die zehn Jahre PSK sind gemischt und mit einer kurzen Beschreibung und einigen Anekdoten möchte ich das kurz skizzieren.

Heim und Schule waren getrennt mit jeweils eigener Leitung. Ich fange mal mit dem Heimleben an. Das Heim war aufgeteilt in ein Mädchen- und ein Jungsheim. Untergebracht waren wir in Schlafsälen mit zehn bis zwölf Betten. Jeder hatte einen Schrank und einen Nachtschrank neben dem Bett, das war alles was es an Privatsphäre gab. Jeder Schlafsaal hatte als Namen ein Deutsches Land. Im Jungsheim waren das Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Berlin, Schlesien, Pommern, Westfalen, Danzig, Südtirol, Elsass und Lothringen. Waschräume und Toiletten waren ,open plan´. Radios und Lesestoff wie Mikey Mouse und Fix und Foxi etc. waren verboten. Heimleitung und Erzieher waren autoritär und streng. Die Herren Heimleiter waren geprägt vom Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit. Prügelstrafe war angesagt. Ich hatte Angst vor allen.

Es gab einen Heimzoo für Strafarbeit, ein Kontraktheft, Frühsport und Strafsport; eine Strafe bestand aus drei Schlägen vom Heimleiter mit der Schwarzen Mamba - einem Kabelstrang.

In der Schule war es anders. Die Klassen waren am heutigen Standard gemessen eher klein. In der ersten Klasse (Sub A) waren wir zwölf Kinder und in der letzten (Standard 8) waren wir 19. Die Lehrer waren ein Gemisch aus ein paar wenigen Lokalkräften und hauptsächlich Lehrern aus Deutschland. Im Gegensatz zum Heimpersonal waren viele Lehrer progressiv, aufgeklärt und weltoffen, obwohl es da auch Ausnahmen gab.

Herr Moldenhauer war unser Englisch- und Geografielehrer, und er hat mich tief beeindruckt. Durch seinen Unterricht hat er versucht, uns die ganze Welt zu öffnen und vorzuführen. Er hat es geschafft, uns zu zeigen, dass Deutsch und Englisch beides wichtige und einflussreiche Sprachen und Kulturen sind. Im Nachhinein sehe ich, wie wichtig es war, uns Schüler aus der Isolation zu führen, uns zu zeigen, dass es anders auch geht.

Ernst Schlack war unser Religionslehrer. Er war ein moderner Christ, der uns darauf hingewiesen hat, dass die Nächstenliebe auch schwarzen Menschen gilt. Er hat uns beigebracht, dass Menschenrechte für alle Menschen gleich gelten: für Frauen, für alle Rassen, eben für alle. - Ein Unterricht, der in der damaligen Zeit mutig und richtig war.

In Heim und Schule waren wir ausgegrenzt und isoliert. Wir hatten keinen kulturellen Kontakt zu ,weißen´ Regierungsschulen, mit Ausnahme von Sportfesten und Fußballturnieren. Kontakt zu Schwarzen und anderen nicht-weißen Schülern gab es überhaupt nicht. Im Heim wurde uns Deutschtum eingeflößt, und zwar ein Deutschtum mit Rechts-Drall. In der Schule dagegen kamen wir in Kontakt mit einer weltoffenen deutschen Kultur und Sprache, die den Schritt nach vorn in eine neue Weltordnung getan hatte.

Diese Begegnung mit deutschen Lehrern hat mir beigebracht, dass das Deutschsein in Südwestafrika ein anderes war als in Europa. Sie hat mir gezeigt, dass Versöhnung mit der Vergangenheit möglich ist, dass Hass, Krieg und Gewalt verabscheuungswürdig sind, dass alle Menschen gleich sind und die gleichen Rechte haben, dass jede Kultur dadurch gewinnt und nicht verliert. Sie hat mir aus der Isolierung und Ungerechtigkeit der Apartheid geholfen und mir den Weg in das Miteinander und die Vereinigung mit anderen Kulturen gewiesen. Es hat mir teilweise den Mut gegeben, die Gerechtigkeit dem Privileg vorzuziehen.

Die PSK und später die DHPS haben mir und vielen anderen eine hervorragende Schulausbildung ermöglicht. Unsere Eltern haben diese Schulen unterstützt, weil sie genau das erwartet haben - die bestmögliche Schulausbildung. Viele Schulfreundschaften aus der PSK- und DHPS-Schulzeit sind geblieben.

Wie vor der Unabhängigkeit steht unser Land Namibia wieder vor einer Zerreißprobe. Heute heißen die Probleme nicht mehr Rassismus und Apartheid, sondern Tribalismus, wirtschaftliche Ungleichheit und Armut.

Durch die Unabhängigkeit Namibias und die darauf folgende Versöhnungspolitik hat unsere Gesellschaft bedeutende Entwicklungsfortschritte gemacht. Wir haben eine Verfassung, in der die Menschenrechte verankert sind, eine stabile Mehrparteien-Demokratie, Frieden, einen Rechtsstaat und eine Marktwirtschaft, die grundsätzlich frei ist, in die der Staat jedoch durch staatseigene Betriebe eingreift. Das Wirtschaftswachstum für die vergangenen 26 Jahre war positiv (+- 4,5% pro Jahr), und trotz alledem gibt es in Namibia erhebliche Einkommensdifferenzen, hartnäckige Armut, zu hohe Arbeitslosigkeit, vor allem unter Jugendlichen, und schleppende Ineffizienz in einigen Sektoren, leider auch in recht hohem Maße im Erziehungs- und Bildungswesen.

Die Arbeit von Lehrern ist und bleibt eine der wichtigsten und prägendsten für junge Menschen. Sie besteht nicht nur in der Vermittlung von bestehendem Wissen, von bestehender Kultur und von Sprachen als Kommunikationsmittel. Wie das Beispiel PSK zeigt, hat der Einfluss, den meine Lehrer auf mich hatten, meinen Werdegang wahrscheinlich bedeutender beeinflusst als die Tatsache, dass ich lesen, schreiben und rechnen kann.

Der Erfolg, den wir als freies Namibia erarbeitet haben, darf nun nicht dem Tribalismus, der Ungleichheit und der Armut zum Opfer fallen. Wir haben die ersten wichtigen Schritte zu einer gleichberechtigten, gerechten und menschenwürdigen Gesellschaft getan. Jetzt gilt es aufzupassen, ja zu verhindern, dass wir nicht über ethnisch basierte Unterschiede, die als Kultur verkauft werden, stolpern.

Um das zu erreichen, müssen wir weg von dem ,wir und die´. Wir müssen besser miteinander und füreinander handeln, lehren und lernen. Wir müssen aber auch weltoffen bleiben und die Xenophobie verneinen und bekämpfen. Wir müssen verstehen lernen, was Toleranz ist und dass man zusammen als Nation besser und stärker ist als in einer isolierten Gemeinschaft, sei sie noch so groß und stark.

Deutschsein in Namibia heißt nicht ,besser sein als…´. Deutschsein in Namibia muss heißen, ein Teil vom Ganzen zu Gunsten des gesamten Volkes zu sein. Wir alle in Namibia müssen uns die Hände reichen und nicht wieder loslassen, und das fängt ganz oft im Klassenzimmer an!

,The strongest bond of human sympathy outside the family relation should be one uniting working people of all nations and tongues and kindreds. Abraham Lincoln (1809-1865).

Zum Abschluss möchte ich den Gewinnern der Lilien ganz herzlich zu ihrem Erfolg gratulieren. Ich bin sicher, dass ihre Begeisterung für den Lehrerberuf und ihr Einsatz nicht nur Deutsch als Sprache, aber auch unsere kulturellen Werte in die namibische Einheit mit einbringen. Das Projekt Lilie wird weiterhin wachsen und dazu beitragen dass Sprachen und Kulturen in unserem Land zusammenwachsen.“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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