Lange Strafverfolgung legitimiert
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Lange Strafverfolgung legitimiert

Caprivi-Prozess: Oberstes Gericht verwirft Entschädigungsanspruch
Clemens von Alten
Von Marc Springer

Windhoek

Der juristisch bedeutsame Teilerfolg ergibt sich aus einem Revisionsverfahren, das am Donnerstag in höchster Instanz zu Gunsten der Regierung, der Generalstaatsanklägerin und des Mini­steriums für innere Sicherheit und Polizei entschieden wurde und Orientierungshilfe über die Definition böswilliger Strafverfolgung gibt. Die Berufung der drei Antragsteller richtet sich gegen ein Urteil von Ersatzrichterin Philanda Christiaan, die im Februar 2017 einer Klage des damals 58-jährigen Richwell Kulisesa Mahupelo teilweise entsprochen hatte.

Dieser war am 13. März 2000 in der Nähe von Katima Mulilo festgenommen worden und fordert Schmerzensgeld in Höhe von 15 Millionen N$ dafür, dass er fälschlicher Weise als Caprivi-Separatist verdächtigt und bis zu seinem Freispruch am 11. Februar 2013 rund 13 Jahre zu Unrecht in Untersuchungshaft gefangen gehalten wurde. Er gehört zu einer Gruppe von über 40 ehemaligen Mitangeklagten, die sein Schicksal teilen und ebenfalls Entschädigungsklagen angekündigt bzw. bereits eingereicht haben, die sich zusammen auf über 1,2 Milliarden N$ summieren.

Kein Anfangsverdacht

Zur Begründung der Klage hatte Mahupelos Anwalt Andrew Corbett vorgebracht, das Verfahren gegen seinen Mandanten sei eingeleitet bzw. fortgesetzt worden, obwohl es keine Hinweise dafür gegeben habe, dass er an der Vorbereitung oder Durchführung des Aufstands vom 2. August 1999 mitgewirkt habe, bei dem diverse Einrichtungen in und um Katima Mulilo von Separatisten angegriffen und neun Menschen getötet wurden.

Abgesehen davon, dass er nie hätte verhaftet oder angeklagt werden dürfen, hätte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen ihn spätestens im März 2006 einstellen müssen, als der letzte für ihn relevante Belastungszeuge vernommen worden sei, ihn aber nicht habe identifizieren können. Die Staatsanwaltschaft habe die Strafverfolgung jedoch wider besseres Wissen fortgesetzt und selbst im September 2011 nicht beendet, als sie ihre Beweisführung gegen sämtliche der damals über 120 Angeklagten abgeschlossen hatte, ohne dabei belastbare Indizien für eine Täterschaft seitens Mahupelos zu liefern.

Weil dies nicht geschehen sei, habe Mahupelo insgesamt 4716 Tage unschuldig in Untersuchungshaft verbracht und sei dabei nicht nur seines Rechts auf ein faires und zügiges Verfahren sowie seiner Menschenwürde und Privatsphäre, sondern auch seiner Freiheit beraubt worden.



Böswillige Strafverfolgung

Richterin Christiaan war dieser Argumentation zumindest teilweise gefolgt. Zwar kam sie zu dem Ergebnis, die Regierung sei nicht dafür haftbar, dass ein Verfahren gegen Mahupelo eingeleitet worden sei, weil es zum Zeitpunkt seiner Verhaftung glaubwürdige Informationen über eine separatistische Gesinnung seinerseits gegeben habe. Sie gab Anwalt Corbett jedoch dahingehend Recht, dass die Anklage den Prozess gegen dessen Mandanten hätte einstellen und ihn freilassen müssen, nachdem ihre im September 2011 beendete Beweisführung den Anfangsverdacht gegen ihn nicht bestätigt habe. Weil dies nicht geschehen und seine Untersuchungshaft dadurch unnötig auf 13 Jahre verlängert worden sei, habe Mahupelo eine Wiedergutmachung in noch festzulegender Höhe verdient.

Das Oberste Gericht ist nach Abwägung der Sachlage zu einem anderen Ergebnis gelangt und hat damit womöglich sämtlichen Ex-Angeklagten die Hoffnung auf Entschädigung geraubt, die zu Unrecht des Hochverrats verdächtigt wurden und für die daraus resultierende und als Freiheitsberaubung gewertete Untersuchungshaft eine finanzielle Wiedergutmachung fordern.

In dem von Oberrichter Peter Shivute verfassten und seinen Kollegen Fred Chomba und Ivonne Yvonne Mokgoro bestätigten Urteil kommt das Oberste Gericht zu dem Ergebnis, die Staatsanwaltschaft sei einem „begründeten Anfangsverdacht gefolgt“ und damit nicht nur befugt gewesen, gegen Mahupelo Anklage zu erheben, sondern auch das gegen ihn eingeleitete Verfahren bis zum Abschluss ihrer Beweisführung fortzusetzen.

Schließlich habe es konkrete Erkenntnisse gegeben, wonach Mahupelo über den geplanten Aufstand eingeweiht gewesen sei, ohne die Behörden zu informieren. Weil ihn dies zumindest zum Mitwisser gemacht hätte, sei es auch legitim gewesen, ihn des Hochverrats anzuklagen. Dass ihm dieses Vergehen nicht hätte nachgewiesen werden können, lasse also an sich nicht den zwingenden Rückschluss einer böswilligen Strafverfolgung zu, für die eine Entschädigung fällig wäre.

Schließlich hätte dafür der Nachweis erbracht werden müssen, dass die Staatsanwaltschaft den gegen Mahupelo eingeleiteten Prozess ohne jeglichen Anlass eröffnet bzw. fortgesetzt habe. Weil dieser jedoch vor Beginn des Verfahrens von Zeugen belastet worden sei, sei kein Anspruch auf Entschädigung wegen böswilliger Strafverfolgung gegeben, obwohl sich der Verdacht gegen ihn nicht bestätigt habe.



Entschädigung

unwahrscheinlich

Für Mahupelo und seine Leidensgenossen scheint eine Entschädigung für ihre lange Untersuchungshaft damit in weite Ferne gerückt. Eine Resthoffnung bleibt ihnen jedoch erhalten, weil das Oberste Gericht über eine Alternativforderung Mahupelos nicht entschieden, sondern diesen Anspruch zur Bewertung ans Obergericht zurückverwiesen hat. In diesem Teil der Klage verlangt Mahupelo eine Entschädigung dafür, dass sein verfassungsrechtlicher Anspruch auf ein zügiges Verfahren verletzt worden sei, da die über 120 Angeklagten zu Beginn des Verfahrens nicht anhand ihrer mutmaßlichen Rolle bei der Revolte gruppiert worden seien und sich die Verhandlung deshalb derart lange verzögert habe.

Weil die Beschuldigten gemeinsam angeklagt worden seien, hätten deshalb alle von ihnen warten müssen, bis die Beweisführung gegen jeden von ihnen abgeschlossen und sämtliche der 379 Staatszeugen vernommen wurden. Dies habe zu einer unzumutbaren Prozessverschleppung geführt, für die eine Wiedergutmachung fällig sei.



Prozessverschleppung

Mahupelo war einer von 44 mutmaßlichen Rebellen, die am 11. Februar 2013 von Richter Elton Hoff vorzeitig freigesprochen wurden. Eine weitere Gruppe von 35 Angeklagten wurde im September 2015 zum Abschluss des 2003 begonnenen Prozesses freigesprochen und 30 weitere Beschuldigte wegen Hochverrats, neunfachen Mordes und versuchten Mordes in 91 Fällen verurteilt.

Diese wurden von Hoff während der Strafmaßverkündung am 8. Dezember 2015 in Anführern, Soldaten, Unterstützern und Mitwissern unterteilt und je nach der daraus abgeleiteten Schwere ihrer Schuld mit Haftstrafen zwischen 3 und 18 Jahren belegt.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-03-28

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