Kritisierte Kautions-Praxis auf Prüfstand
Oberrichter: Bedingte Freilassung von Angeklagten bleibt „kalkuliertes Risiko“
Von Marc Springer, Windhoek
Bei einem für Magistratsrichter organisierten Seminar betonte Shivute am Freitag, die mitunter in Medien und sozialen Netzwerken geäußerte Empörung über die angebliche sorglose Kautionsvergabe an hiesigen Gerichten beruhe teilweise auf Fehleinschätzungen und Missverständnissen. Grundsätzlich gelte in der Rechtsprechung die Unschuldsvermutung und hätten Angeklagte das im Grundgesetz garantierte Recht auf Freiheit, sofern bei ihnen keine Wiederholungs-, Flucht- oder Verdunkelungsgefahr bestehe.
Folglich dürften Beschuldigte auch nicht vor einer Verurteilung bestraft und Untersuchungshaft demnach nicht dafür missbraucht werden, sie in Erwartung eines Schuldspruchs unnötig gefangen zu halten. In der Praxis jedoch werde die Untersuchungshaft derzeit als Instrument genutzt, die Anwesenheit von Angeklagten zu garantieren und zu verhindern, dass diese Staatszeugen beeinflussen oder nach einer bedingten Freilassung erneut straffällig werden.
Demnach dürfe es nicht als Bestrafung gewertet werden, wenn Angeklagten eine Freilassung gegen Kaution verweigert werde, die mit besonders schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert seien. Umgekehrt dürfe Kaution nicht als Zugeständnis betrachtet werden, sondern müsse als Selbstverständlichkeit in Fällen vorausgesetzt werden, wo sich Angeklagte auch ohne die Hinterlegung einer Kaution ihrem Verfahren stellen werden. Schließlich sei es denkbar, dass diese Angeklagten am Ende ihres Prozess freigesprochen würden und jegliche vorher angeordnete Untersuchungshaft rückblickend unverhältnismäßig wäre.
Umgekehrt bestehe die Gefahr, dass Angeklagte nach der bedingten Freilassung weitere Straftaten begehen oder die Flucht ergreifen würden, weshalb vor einer Kautions-Entscheidung eine sorgfältige Abwägung zwischen den Interessen des Beschuldigten, den Sicherheitsbelangen der Öffentlichkeit und den Zwängen einer effektiven Verfahrensführung erforderlich sei.
Obwohl diese entgegengesetzten Interessen durch Auflagen wie ein Reiseverbot oder eine polizeiliche Meldepflicht für freigelassene Angeklagte teilweise ausgeglichen werden könnten, bliebe Kaution für mutmaßliche Straftäter generell ein „kalkuliertes Risiko“. Daran würde auch eine besonders hohe Kaution nichts ändern, wie zuletzt „einige prominente Fälle gezeigt haben“.
Unabhängig von diesen Ausnahmefällen müssten die Rechte von Angeklagten gewahrt bleiben und das öffentliche Vertrauen in die Rechtsprechung verteidigt werden. Sonst drohe die Gefahr, dass Einwohner das Gesetz in eigene Hände nehmen würden.
Bei einem für Magistratsrichter organisierten Seminar betonte Shivute am Freitag, die mitunter in Medien und sozialen Netzwerken geäußerte Empörung über die angebliche sorglose Kautionsvergabe an hiesigen Gerichten beruhe teilweise auf Fehleinschätzungen und Missverständnissen. Grundsätzlich gelte in der Rechtsprechung die Unschuldsvermutung und hätten Angeklagte das im Grundgesetz garantierte Recht auf Freiheit, sofern bei ihnen keine Wiederholungs-, Flucht- oder Verdunkelungsgefahr bestehe.
Folglich dürften Beschuldigte auch nicht vor einer Verurteilung bestraft und Untersuchungshaft demnach nicht dafür missbraucht werden, sie in Erwartung eines Schuldspruchs unnötig gefangen zu halten. In der Praxis jedoch werde die Untersuchungshaft derzeit als Instrument genutzt, die Anwesenheit von Angeklagten zu garantieren und zu verhindern, dass diese Staatszeugen beeinflussen oder nach einer bedingten Freilassung erneut straffällig werden.
Demnach dürfe es nicht als Bestrafung gewertet werden, wenn Angeklagten eine Freilassung gegen Kaution verweigert werde, die mit besonders schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert seien. Umgekehrt dürfe Kaution nicht als Zugeständnis betrachtet werden, sondern müsse als Selbstverständlichkeit in Fällen vorausgesetzt werden, wo sich Angeklagte auch ohne die Hinterlegung einer Kaution ihrem Verfahren stellen werden. Schließlich sei es denkbar, dass diese Angeklagten am Ende ihres Prozess freigesprochen würden und jegliche vorher angeordnete Untersuchungshaft rückblickend unverhältnismäßig wäre.
Umgekehrt bestehe die Gefahr, dass Angeklagte nach der bedingten Freilassung weitere Straftaten begehen oder die Flucht ergreifen würden, weshalb vor einer Kautions-Entscheidung eine sorgfältige Abwägung zwischen den Interessen des Beschuldigten, den Sicherheitsbelangen der Öffentlichkeit und den Zwängen einer effektiven Verfahrensführung erforderlich sei.
Obwohl diese entgegengesetzten Interessen durch Auflagen wie ein Reiseverbot oder eine polizeiliche Meldepflicht für freigelassene Angeklagte teilweise ausgeglichen werden könnten, bliebe Kaution für mutmaßliche Straftäter generell ein „kalkuliertes Risiko“. Daran würde auch eine besonders hohe Kaution nichts ändern, wie zuletzt „einige prominente Fälle gezeigt haben“.
Unabhängig von diesen Ausnahmefällen müssten die Rechte von Angeklagten gewahrt bleiben und das öffentliche Vertrauen in die Rechtsprechung verteidigt werden. Sonst drohe die Gefahr, dass Einwohner das Gesetz in eigene Hände nehmen würden.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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