Kleine Hinweise auf große Geschichten

Praktikant WAZon

Von Amelie Meier, Windhoek


Ein grober Holzbalken hängt im Clubhaus des Windhoeker Unterwasserclubs an der Wand. Abgeschliffen und mit Öl behandelt, durchzogen von länglichen Löchern und durchbohrt von einem Holzpfropf, ein Ende ist abgebrochen. Neben ihm ist ein weiterer Balken angebracht und darüber noch einer. „Dieses Stück ist unser ältester Fund“, sagt Gunter von Schumann und deutet mit verklärtem Blick auf den hellsten der Balken: „mediterrane Eiche“. Durch Zufall hat von Schumann diesen über einen Kilometer vom Atlantik entfernt entdeckt, was die meisten Menschen einfach nur für ein Stück Holz halten würden: Den Teil eines alten portugiesischen Schiffes. Der Segler war wohl nach Ostindien unterwegs, als er vor Namibias Küste strandete. In den Laboren des Forschungsrates CSIR in Pretoria wurde der Fund auf die Zeit zwischen 1480 und 1560 geschätzt. Gunter von Schumann kann zu den Balken nicht nur erzählen, wie alt sie sind und aus welchem Material. An der Form erkennt er auch, zu welchem Schiff sie einmal gehört haben. Denn Walfänger, Guano-Schiffe, Frachtschiffe oder Segler haben unterschiedliche Bauweisen. Und Gunter von Schumann kennt sie alle. Bereits seit mehr als 40 Jahren befasst er sich mit Meeresarchäologie. Und in der gleichnamigen Abteilung des Windhoeker Unterwasserclubs ist er der Experte für Schiffsarten.
Die Meeresarchäologie des Unterwasserclubs wurde 1970 offiziell gegründet. Damit erweitert sie das Portfolio des Vereins, der auch Sporttauchen, Harpunenfischen und Unterwasserhockey anbietet. 1990 haben sich die Mitglieder zusammengeschlossen, die besonderes Interesse an Schiffen haben. An den Schiffen, die der tosenden Brandung an Namibias Küste, dem dichten Nebel, dem Wind, den gefährlichen Untiefen und dem starken Benguela-Strom zum Opfer gefallen sind. Etwa 500 Wracks sind es von Schumanns Schätzungen zufolge zwischen der Mündung des Kunene und dem Oranje-Rivier, die es zu erforschen gilt. Allein 200 davon sind Hochseefischerboote. Aber auch alte Ostindiensegler oder moderne Yachten, die erst in den letzten Jahren in Seenot gerieten, sind darunter. Und viele davon sind für einen Laien - selbst wenn er danach tauchen würde - nicht mehr auffindbar. Denn die starke Brandung zerschlägt laut von Schumann selbst stabile, moderne Schiffe innerhalb von drei bis fünf Jahren vollständig.
Deshalb machen sich die rund 30 Meeresarchäologen, von denen sechs ein Diplom in Meeresarchäologie haben, oft an Land auf die Suche nach kleinen Hinweisen auf große Geschichten. Einmal im Jahr fahren sie in einer Gruppe von bis zu 16 Menschen an die Küste und durchkämmen die endlosen Sandweiten der Namib und der Skelettküste zu Fuß. Bis sie in einer Salzpfanne oder in der Nähe des Strandes etwas finden. Eine Münze zum Beispiel. Denn nur eine kleine Münze kann den Hobby-Archäologen schon dabei helfen, die Geschichte eines ganzen Schiffs zu erzählen. Und die eines großen Unglücks. Die holländische Prägung von Kupfermünzen, die sie bei einer Exkursion gefunden haben, führte die Geschichtsinteressierten schon in niederländische Archive. Dort erfuhren sie von der traurigen Geschichte der „Vlissingen“. Als dieser niederländische Ostindienfahrer am 9. Januar 1746 um acht Uhr in Holland seine Anker lichtete, hatte er unter anderem große Mengen Geld an Bord. Im April oder Mai 1747 sank das Schiff vor Meob Bay. Wann genau und warum - das weiß keiner. Denn von den rund 180 Menschen an Bord hat wohl niemand überlebt.
Die Meeresarchäologen aus Namibia haben schon zahlreiche Geschichten wie diese aufgeklärt. Sie schreiben sie auf und katalogisieren die Fundstücke. Ihr Eigentum sind die Porzellanteile, Holzmasten und alten Bullaugen, die im Clubhaus ausgestellt sind, dennoch nicht: Was sie finden, geht in Staatseigentum über. Deshalb werden sie, wie von Schumann erklärt, bei ihren Exkursionen auch meist von Vertretern der Denkmalbehörde, des Nationalmuseums und der Umweltbehörde begleitet. Ihre Funde wandern ins Museum oder dank Sondererlaubnis auch in die kleine Ausstellung im Clubhaus, die 2008 selbst als Museum zertifiziert wurde.
Doch nicht nur Schiffe interessieren die Archäologen: Im Otjikoto-See im Norden des Landes tauchen sie auch nach alter Munition, die die Deutschen während des Ersten Weltkriegs im See versenkt haben. Einmal haben sie Gegenstände mit einer speziellen Erlaubnis der Regierung an Land gebracht - für die Museen in Tsumeb, Windhoek und im Tauchclub. Normalerweise aber befestigen sie alte Kanonen und anderes Kriegsgerät nur an den Felswänden unter Wasser, so dass es nicht noch tiefer in den See sinken kann. Denn einheimische wie ausländische Taucher haben großes Interesse daran, in dem sagenumwobenen See zu tauchen, der angeblich sogar einen Schatz birgt. „Der Otjikoto-See ist ein Unterwasser-Museum“, sagt Gunter von Schumann.
Konservierende Arbeit leisten die Meeresarchäologen auch in einer Gegend, in der man eigentlich keine Mitglieder eines Tauchclubs erwarten würde: Im Diamantsperrgebiet mitten in der Namib-Wüste. „Vielleicht die Hälfte von uns taucht wirklich noch“, sagt von Schumann. Einige hätten wie er aus Altersgründen mit dem Sport aufgehört. Doch auch für sie gibt es genug zu tun: Für viele Projekte der Meeresarchäologie braucht man sich nicht einmal die Füße nass zu machen. Im Diamantsperrgebiet kümmern sich die Hobby-Archäologen um den Erhalt eines Teils der deutschen Geschichte in Namibia: Sie restaurieren alte Siedlungen der Diamantförderer, Ochsenkarren und Gräber. Die Ergebnisse sieht außer den Touristen, die die Allrad-Tour von Lüderitzbucht nach Walvis Bay machen, niemand. Doch darum geht es den Archäologen auch nicht. „Es ist einfach unglaublich, was die Deutschen in der Wüste geschaffen haben“, sagt von Schumann. Und das gelte es zu erhalten. Für ihr Hobby und ihre Ideale greifen die Mitglieder des Vereins auch mal tief in die Tasche: Material, Autos, Benzin für tausende Kilometer und teure Laboruntersuchungen der Fundstücke sind nicht gerade billig.
Doch Gunter von Schumann und seinen Mitstreitern vom Unterwasserclub ist es das wert. Für die Ausstellung im Clubhaus, das Abenteuer bei den Exkursionen und vor allem für die Geschichten und die Geschichte, die sie aufdecken und bewahren.


Jeden Dienstagabend treffen sich die Mitglieder des Unterwasserclubs in ihrem Clubheim beim Freibad in Olympia. Interessierte können sich dann die Ausstellung zur Meeresarchäologie ansehen oder sich über die Aktivitäten des Clubs informieren.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-03-29

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