Kalkfeld, oh Kalkfeld! Filmkulisse für Namibia-Western

Keine Frage, Tausende von Touristen, Oukies und Tannies von den Kratzbuschfarmen der Hochlandsavanne und natürlich die Locals kennen den, kennen ihren, Flecken Kalkfeld, an der Hautptroute von der Küste in den Norden gelegen. Vergleichbar is Kalkfeld mit Kalkrand, ebenfalls an einer meistbefahrenen Route gelegen, zwischen Rehoboth und Mariental, also an der Kap-Windhoek-Strecke, von der Du an den Fischfluss und in die Naukluft abzweigst.

Diese beiden Flecken verbindet nich nur der Kalk als Namensgeber, sondern auch Armut, die Eisenbahn, Trostlosigkeit und Verlassenheit, die lediglich durch den Hornruf der sökkelenden Diesel-Lok aufgescheucht werden. Luxusautos arrivierter Harambee-Namibier und teuer gemietete Safari-Camper durchkreuzen eiligst die Flecken, denn hier will sowahr-achtach niemand länger köiern, newwer maind begraben werden. Aber man kann auftanken. Das jobbt, und auf jeden Fall gibt´s Getränke zu kaufen. Und das hilft gegen den Durst und gegen Nüchternheit, die die Leut vor Ort net nich lange ertragen können oder wollen.

Kalkfeld is besser gelegen

Die illustre Filmgesellschaft Desert Star, die vor wenigen Jahren dort unten in der äußersten Südostecke am namibischen Ufer des Oranje, jott-weh-deh von Ariamsvlei, eine Filmkulissenstadt aufbauen wollte - mit Ehrgeiz und tugendhaft nur für biblische Filme, versteht sich - hätte wrachtach nich so weit suchen müssen, ein geeignetes Gelände zu finden, denn Kalkfeld bietet mit weit besserer Verkehrsanbindung fast alles. Aber da gibt´s ´nen Unterschied. Die angebliche Filmgesellschaft wollte mit frommem Einstieg nur Filme der biblischen Antike drehen. Desert Star, die inzwischen im Nirwana namibischer Luftschlösser verpuffte Gesellschaft, hatte sich schon mit Bläck-Empauerment-Beteiligung klingender Namen vor Ort beim großen Publicity Stunt - wir sind mos im Filmgeschäft - auf der Farm Komsberg neben Stolzenfels mit Vorzeige-BEE´s und einem Radioprediger bei den Schreiberlingen positioniert. Aber biblische Filme sind in Kalkfeld zumindest zu Beginn net nich möglich, denn hier vor Ort is der Einstieg in den Namibia-Western zwingend.

Namibia-Western!

Dazu bleiben wir heute gezielt eine Weile in Kalkfeld. Fährst Du im milchig-diesigen Septemberlicht am späten Vormittag von Otjiwarongo nach Kalkfeld ein, begrüßt Dich der große NDC-Turm, um das pompöse Touristenzentrum zu markieren. NDC? Das is die Namibia Development Corporation, früher BBK, Bantoe Beleggingskorporasie. NDC und BBK ähneln sich in der Art, wie mit Staatsgeldern gemorscht wird. Der Turm is stark genug, um als Aussichtsturm zu fungieren. Aber das is bleddy-well nur Attrappe, der dient nur der Imagepflege des Wirtschaftsministeriums und der NDC. Und da hört´s schon auf. Die schick entworfenen, aber verriegelten Läden, gähnend vor Leere, auf den ausgestreckten Veranden werden seit zwei Jahren nich mehr benutzt - so hört es der neugierige Reisende von den lokalen Frauen, die beim geselligen Frühschoppen am Ostende der ausgestreckten Veranda sitzen. Das Zentrum war also ca ein Jahr im Betrieb, da ham die Läden schon wieder geschlossen, bzw. war´n einige sowiesie nie geöffnet. Am Westende der ausgedehnten Veranda is ´n Laden geöffnet, wo es das gibt, was überall gebraucht wird: Kochöl, Maismehl, Petroleum, Kernseife und Getränke. Und dann die staatlich initiierte Tankstelle, derweil die frühere privat betriebene Tankstelle und Autowerkstätten als Ruinen dastehen, nich durch Kriegseinwirkung, sondern abgewrackt durch Plünderei. Zwischendrin steht ein überdimensionales Reklameschild der Wildfarm Erindi, die sich von hier aus erreichen lässt, als Aufforderung, ja nich in Kalkfeld zu verweilen.

Der Auftraggeber, das Wirtschaftsministerium - war der Oministeli zu dem Zeitpunkt noch !Gôahesab Hage Gottfried Geingob oder schon Comräd Calle Schlettwein? - und Architekten des Touristenzentrums ham sich stief Mühe gegeben, einen geschmackvoll ausgeführten Komplex in den Kalk zu setzen. Außer des protzigen Turms, den man nich mal besteigen kann, is alles recht stilvoll ausgeführt, dem Klima angepasst. Es gibt zahlreiche überschattete Marktstände an der Meilen-Veranda und - wie könnte es anders sein - eine riesige, ebenfalls überdachte Braai-Stelle, alles tote Hose, ohne Leut´, ohne Nutzung, verstaubt im gelblichen Septemberlicht. Auf den Veranden irren ´n paar versprengte Locals rum.

Eine Rentabilitätsstudie hat´s sowahr nich gegeben. Aber bei den bewilligten Millionen für den Bau sind selbstverständlich Kommissionsgelder geflossen. Kommissionsgeld is Ovimariva, das guten, bzw. parasitären Beziehungen dient, das aber niemals der Produktion newwer maind der Rentabilität oder gar der Stärkung einer ärmlichen Gemeinschaft dient.

Das Kalkfeld-Touristen-Projekt is mit dem Gobabis-Schlachthof vergleichbar, den die auslaufende SWA-Adminisration vor 1990 mit Franzosen in den Sand von Gobabis gesetzt hat, um ihn einmal zu testen und dann für immer zu schließen, bzw. für andere Zwecke zu demontieren. Das Kalkfeld-Touristen-Projekt is auch mit der Ölraffinierie vergleichbar, die der damalige Energieministeli, Omushamane Hermann Andimba Toivo, ya Toivo in Usakos bauen wollte, was aber ein Luftschloss blieb. Und´s is mit dem gigantischen Hühnerprojekt vergleichbar, das weiland Omushamane Hidipo Hamutenya - als er beim Alten noch nich Ungnade verfallen war mit Schweizern bei Karibib errichten wollte. Es sollte ein Großraum-Gickel-Projekt sein, wo Hühner naturbelassen, fröhlich und frei gackernd bessere Hühnerschenkel für weltweiten (sic!) Export hergeben sollten, als wie es die üblichen KZ- und Batterie-Box-Hühner liefern, die Du aus der Kühltruhe im Supermarkt kramst und deren Flügel Du am Schnell-Imbiss kaufst.

Der Unterschied des Raffinerie- und des Gickel-Traums zum Kalkfelder Touristenzentrum liegt jedoch darin, dass die genannten Zwei namibische Luftschlösser geblieben sind, derweil die ausgestorbene, windverwehte Fremdenverkehrszentrale von Kalkfeld in den Kalk gesetzt wurde, alles für die Katz, und das mit Deinem und meinem Steuergeld, was sich nich mehr verzinst

Wenn Du Dich länger im Film-Milieu von Kalkfeld aufhältst, zwischen Harambee-Illusion in der Trockenzeit und Ruinen, bei Verfall und dem protzigen Regierungsprojekt, genannt Touristenzentrum eben, dann geht der Buchstabe L im Ortsnamen mos sommer iesie verlor´n.