Im Dialog mit der Natur

Praktikant Praktikant
Von Undine Konrad, Windhoek


Inmitten einer Hochebene sammelt sich durchlässiges Blau im satten Grün. Wasser? Umgeben ist diese helle Fläche von filigranen Pfeilern. Ein Zaun? Im Hintergrund der Szenerie erhebt sich ein grobes Massiv. Seitlich nähert sich eine dunkle Macht. Das Unbewusste? Eine reelle Bedrohung? Oder doch nur die Nacht? Barbara Pirron hat diese Aquarell-Collage „Schwimmende Insel“ genannt.
„Bei meinen Bildern müssen Sie weiter weggehen“, sagt sie. Und während der neugierige Betrachter bereitwillig den Schritt nach hinten tut und ihren Erläuterungen lauscht, wächst in ihm genau der entgegengesetzte Drang: wieder heranzuspringen, ganz exakt nach dem zu schauen, was sich für ihn soeben erst erschließt.
Jedes Bild von Barbara Pirron entpuppt sich als spannende Entdeckung: Was den blauen Bereich absteckt, sind Stachelschweinborsten! Nicht gemalt, nicht plastisch imitiert – stattdessen echt und in das Bild eingenäht. „Das Nähen ist mir wichtig als symbolischer Akt“, erklärt die ursprünglich aus Deutschland stammende Künstlerin. „Mit dem Nähen identifiziere ich mich mit den afrikanischen Frauen. Sie arbeiten mit den Händen, um zu überleben.“ Seit 1965 lebt Pirron in Namibia.
38 Bilder stellt sie seit dieser Woche und noch bis Ende Mai im Auditorium des Goethe-Zentrums in Windhoek aus: Aquarelle und gebaute Bilder, wie sie sagt.
Die Eröffnung am Dienstagabend ist bestens besucht. Namhafte Malerkollegen sind zugegen. Die amtierende Direktorin des Goethe-Zentrums, Ruth Suermann, ordnet sie als Künstlerin ein, die Bekanntheit weit über die Ländergrenzen hinaus, bis nach Übersee, erlangt hat. Barbara Pirron schreit kurz auf: „Ahhhh“, ruft sie überrascht. Das Publikum lacht. Die Malerin mag keine großen Worte um sich herum. Ihre Kunst steht im Vordergrund. Und diese erklärt sie – anders als viele ihrer Kollegen – gern, nutzt sogleich die Gelegenheit, die Zuschauer vom Rednerpult aus durch die Ausstellung zu führen. Rasant, lebendig, gut nachvollziehbar.
Der Titel der Schau: „Mikrokosmos in der Natur“. Das Bemerkenswerte ist, dass Barbara Pirron eben dieser Mikro-Welt des namibischen Naturmotivs eine Makro-Ebene hinzufügt: die einer gesellschaftlichen Position. Mit den Fäden, die die Künstlerin beim Nähen einbringt, schafft sie sinnbildlich eine Verbindung. Eine Verbindung zwischen Menschen, aber auch zwischen Mensch und Natur. Oder sie schneidet Elemente aus Natur-Skizzen heraus und baut damit in Collageform ein neues Bild. Immer erscheinen Abgrenzung und Zusammenführung als zwei Seiten einer Medaille. „Zusammenführung als Heilung“, erklärt sie. „Ein akutes Thema in diesem Land.“
Das Paradoxe: Um diese Kunst schaffen zu können, grenzt sich Barbara Pirron selbst notgedrungen ab. Denn sie widmet sich einer unmodern gewordenen, weithin abgelehnten Form: der Malerei – mit Wasserfarben, wie sie schon in der Höhlenmalerei genutzt wurden. „Damit arbeite ich ganz gegen die zeitgenössische Kunst“, so Pirron auf der Vernissage. „Da geht es nur noch um Intellekt, Konzept, das Füllen riesiger Räume“, kritisiert sie. Dem setzt sie einen intimen Dialog mit der Natur entgegen. Geführt von der inneren Stimme. Sie drückt aus, was es mit einem macht, wenn man Jahrzehnte geklettert und gewandert ist, sich Gefahren ausgesetzt hat. Jahrzehnte war Barbara Pirron aktive Bergsteigerin. Im Freien entstanden – einem Tagebuch gleich – hunderte Skizzen. Den täglichen „Abendmarsch“ leistet sie sich bis heute: anderthalb Stunden von Klein Windhoek aus in die Berge. Schnellen Schrittes. Aus dieser Seelenarbeit entstehen Seelenlandschaften. Auf ihre Weise zeigt sie: Malerei kann mehr sein als die reine Abbildung von etwas – und verdient es nicht, als simple „Sonntagsmalerei“ abgewertet zu werden.
Für Barbara Pirron ist es bereits die elfte Soloausstellung. Allein fünfmal zeigte sie Arbeiten in der Nationalgalerie. Als die „vielleicht wichtigste“ eigene Ausstellung bezeichnet sie die im Jahr 2002: Auf 60 Metern Leinwand simulierte sie mit Kohle eine überdimensionale namibische Landschaft. „Bislang meine künstlerisch anspruchsvollste und sicher aussagekräftigste Arbeit“, schätzt sie ein. Doch die Konstante ist: Seitdem sie malt – seit den 1980er-Jahren – ist es immer um die Natur gegangen. Oft arbeitete sie natürliche Materialien in ihre Bilder ein, „versenkte“ etwa Fundstücke wie Draht im Farbenspiel. Beispiele dafür finden sich aktuell auch im Goethe-Zentrum.
Dass sie ihre Werke hier präsentiert, ist eine Premiere. Was besonders verwunderlich, weil längst überfällig ist. Seit zehn Jahren engagiert sie sich sehr aktiv im Vorstand der NaDS. Oft habe man unter den Vorstandskollegen über die leeren Wände im Kulturzentrum diskutiert, erzählt sie. Außerdem sei eine Ausstellung immer ein Ort der Begegnung. „Und das ist ja eines der Ziele im Kulturzentrum.“
Und unabhängig davon: Ganz persönlich packte Barbara Pirron Anfang des Jahres der Wunsch, wieder einmal ausgiebig zu malen. Erst recht nach einem arbeitsreichen Jahr wie 2013. Noch bis vor vier Monaten war sie über Jahrzehnte Alleinvertreterin für eine deutsche Biokosmetik-Produktlinie in Namibia gewesen, beschäftigte drei Angestellte. Dann übernahm sie interimsweise die Geschäftsführung des Goethe-Zentrums. Dafür erhielt sie zum Jahresende einen riesigen Blumenstrauß als Dankeschön. Dieses Geschenk wollte sie festhalten. In Farben. Sie begann, die Blumen und Blüten zu malen, zu abstrahieren, sie in einen neuen Kontext zu stellen. Und dabei zur Ruhe zu kommen. Der Ausgangspunkt ihres kreativen Tätigwerdens für diese Ausstellung nun. Die Blumensträuße finden sich darin wieder.
Vier Monate hat Barbara Pirron durchgearbeitet. „Es macht unheimlich Spaß, es absorbiert mich“, sagt sie lachend. Das Malen sei immer inneres Bedürfnis, Herausforderung, Ausgleich, aber auch Rückzugsmöglichkeit gewesen. Nie geht es ums Ergebnis, sondern um den ewigen Prozess des Entstehens. Wie in der Natur. Deshalb auch sind die Bilder nach ihrem Empfinden nie fertig.

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Allgemeine Zeitung 2024-04-25

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