Hans-Peter Lühl – Ein vorbildliches Leben

Mit seiner Bescheidenheit hätte er die folgende Beschreibung seines Lebens abgelehnt. Doch bei der Beerdigung von Hans-Peter Lühl auf der Farm Garib am 5. August 2017 sprachen viele Anwesenden den Wunsch aus, dass eine Zusammenfassung der Ansprachen an die Öffentlichkeit gelangen sollte, weil sein Leben so inspirierend und richtungsweisend war.

Hans-Peter, 1950 geboren, wuchs als viertes von sechs Kindern von Ursula und Hans-Joachim Lühl auf. Seine Neugier und sein Mut prägten sein Leben auf der Familienfarm Garib und in den Schulen in Swakopmund und an der DHPS und ließen ihn zu einem engagierten und bewusst lebenden Mann heranwachsen.

Schon in der Oberschule begann seine Partnerschaft mit Frauke Frey. Zusammen studierten sie in Deutschland. Das Landwirtschaftsstudium an der Universität Hohenheim, wo ein Ausländeranteil von 40% das Miteinander prägte, ließen ihn in den frühen 1970er Jahren verschiedene Blickwinkel erfahren. Nach der Rückkehr und Heirat 1975 mit Frauke zogen sie auf die Farm Garib. Vier Kinder, Frieda, Jule, Hendrik und Phillip gesellten sich zu ihnen.

Es war dem Ehepaar zudem ein Bedürfnis, sich in weitere Kreise einzubringen, unter anderem in politische. Gegen Ende der 1980er Jahre entstanden mit der neu formierten Interessengemeinschaft Deutschsprachiger Südwester (IG) und insbesondere deren in der sprachübergreifenden Ini­tiative NPP 435 aktiven Teile, neue politische Initiativen. Sie hatten die Zeichen der Zeit erkannt und waren willens, sich für eine Versöhnung zu engagieren, die das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung anerkannte und sich dafür einsetzte. Dazu gehörten auch Begegnungen und der Austausch mit den Vertretern der Befreiungsbewegung SWAPO.

Hans-Peter suchte nicht das politische Rampenlicht. Aber er gehörte zu jenen, die die Notwendigkeit zur Verständigung und Versöhnung verfolgten und sich auch praktisch dafür einsetzten. Als Gastgeber vieler informeller „think tanks“ kam es unter anderem dazu, dass eine politische Partei in den späten 1990ern ihre Gründungsversammlung auf Garib hielt.

Dennoch war es für Lühls wichtig, sich nicht einer Ideologie oder Parteihörigkeit zu verschreiben, sondern stets hinterfragen zu wollen, wie ein Ansatz das praktische Wohlergehen der Bürger befördert. Diese Offenheit prägte Hans-Peter durch und durch. Er selbst sagte einmal:

„Das Erleben und Verstehen der Vielgestaltigkeit hat mich vieles gelehrt. Ich habe gelernt, dass in der Verschiedenheit Kräfte verborgen sind, gerade auch, wenn es um soziale, politische und wirtschaftliche Fragen geht. Ja es scheint mir heute, dass nicht Einheit stark macht, sondern Verschiedenheit.“

Er suchte aktiv den Kontakt zu anderen Menschen, sah sich die verschiedensten Innovationen an, probierte Neues aus, um zu seiner eigenen Meinung zu gelangen. Ohne falschen Stolz ließ er sich von der Erfahrung und dem Verständnis anderer unterstützen und gab jenen, die fragten, auch seinen wohlbedachten Rat. Dabei war er stets ein geschätzter Gesprächspartner, denn er konnte wie kaum jemand anderes zuhören.

Mitglieder des Dordabiser Farmervereins erinnern sich gern an seine kreativen und positiven Ansätze zu den oft existenzbedrohlichen Herausforderungen. So wurde zum Höhepunkt einer Dürre verkündet: „Jetzt veranstalten wir ein großes Dürre-Fest. Das wird unsere Gemüter beleben und stärken. So schaffen wir auch diese Hürde.“

Hans-Peter wollte für Probleme die Ursachen erkennen und daraus Lösungsansätze finden. So war er Teil der Farmer, die sich mit Holistic Management vertraut machten. Und er ermutigte jeden, der ihn nach seiner Meinung fragte, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Farmerei produktiver, widerstandsfähiger und befriedigender zu gestalten.

In den letzten Jahren gab es schwierige und tragische Begebenheiten, die Hans-Peter zusammen mit Frauke durchleben musste. Erst wenige Monate vor seinem eigenen Tod stand er mit der Dordabiser Gemeinschaft zweimal am Friedhof, um eine Mitarbeiterin und zehn Kinder zu Grabe zu tragen, nachdem sie den Brandwunden durch eine verheerende Gasflaschenexplosion erlegen waren. Die wochenlange Unterstützung der Überlebenden und Angehörigen sowie die Arbeit im Farmbetrieb fielen in die Zeit nach seiner Krebsdiagnose. Doch konsequentes Handeln und menschlicher Respekt haben schon immer die Gariber gekennzeichnet. So schrumpfte bei dieser Notfallhilfe der Abstand zwischen Angestellten und Arbeitgeber noch mehr.

Hans-Peter hatte es geschafft, eine kontinuierlich solide wirtschaftliche Basis aufzubauen und zu pflegen, sodass die Familie immer wieder von einer verlässlichen materiellen, aber auch emotionalen Lebensgrundlage zehren konnte. Seine große Dankbarkeit für alles, was ihm zu Teil wurde, drückte er zuletzt in Briefen aus, in denen er vielleicht geahnt hat, dass er nicht mehr lange sein würde. Dass er nicht lange hat leiden müssen, machte auch seine Angehörigen und Freunde dankbar und so konnte die Trauergemeinde ein abgerundetes Leben feiern.

Die abschließenden Worte, die Priesterin Christine Voigts an seinem Grab wählte waren einfach, aber klar: Hans-Peter Lühl war hier fertig.



Wiebke Volkmann