Fritz Krampe: "Zu viele Geschichten"
Fritz Krampe: "Zu viele Geschichten"

Fritz Krampe: "Zu viele Geschichten"

Er gilt als einer der bedeutendsten Künstler Namibias: Fritz Krampe. Seine charakteristischen Tiermalereien und seine Porträts von Südwester Urgesteinen zieren die Wohnzimmer vieler Familien in Namibia. Krampe ist eine Legende - nicht zuletzt auch wegen seines ungewöhnlichen Ablebens: Ein indischer Elefant tötete ihn. Und dennoch wurde ihm noch kein einziges Kunstbuch gewidmet - bis jetzt der Windhoeker Architekt und Krampe-Fan Peter Strack eines veröffentlicht hat. Irmgard Schreiber hat mit ihm darüber gesprochen.

WAZon: Herr Strack, wie kommt es, dass Sie als Architekt eine kunstgeschichtliche Betrachtung über Fritz Krampe schreiben?

Strack: Ich muss vorausschicken, dass ich Architekt war. Ich habe mich vor beinahe fünf Jahren aus dem Beruf zurückgezogen. Einer der Gründe war, dass ich die letzen 15 bis 20 Jahre zu nichts anderem mehr Zeit hatte. Dabei waren mir andere Dinge im Leben genauso wichtig wie die Architektur. Ich wollte ursprünglich Maler werden, ich bin auf Umwegen bei der Architektur gelandet. Ich habe mich jedoch viele Jahre künstlerisch betätigt. Ein großes Ereignis für mich war, dass ich 1994 als Vertreter Namibias zur São Paolo Biennale eingeladen wurde.

WAZon: Wann ist Ihr Interesse für den Künstler Krampe erwacht?

Strack: Als ich 16 war, habe ich Krampe einmal kurz kennen gelernt. Ich war damals Schüler von Otto Schröder in Windhoek, der hatte eine Kunstschule und eine Lithographie-Presse. Er brachte uns das Lithographieren bei, und bei der Gelegenheit kam irgendwann mal der Krampe rein und sagte, er wolle jetzt auch mal. Ich stand halt zufällig im Raum. Und er meinte: Komm, schleif mir mal ein paar Steine, damit ich loslegen kann. Ich dachte mir: Da kannst du ja noch was bei lernen - und das war dann auch das Erlebnis. Ich bereue heute noch, dass ich die Andrucke, die immer herunter fielen und die er nur so weggekickt hat, nicht aufgehoben habe.

So habe ich ihn arbeiten sehen, sehr impulsiv arbeiten sehen. Da wurde dann eigentlich nur indirekt ein Interesse bei mir geweckt. Ich konnte den Künstler Krampe zu der Zeit gar nicht erfassen. Das kam erst später, als ich nach meinem Studium aus Stuttgart zurückkam, im November 1966. Da habe ich bei irgendjemandem einen Krampe gesehen und dachte: Mensch, das ist ja was Tolles!

WAZon: Heute haben Sie eine eigene Krampe-Sammlung. Wie groß ist sie?

Strack: Ich habe einige Bilder von ihm. Ich habe auch schon mal welche verkauft, aber immer nur, um mit dem Geld wieder ein anderes Krampe-Bild zu kaufen. Ich fing damals nach meinem Studium an mich umzuhören, ob man irgendwo einen Krampe kaufen kann. Der Künstler war zu der Zeit ja schon tot. Es hat Jahre gedauert bis ich einen Krampe erwerben konnte: Ein riesiges Ölbild von Bernabé de la Bat, dem Direktor der Naturschutzbehörde. Ich habe es später wieder verkauft, weil es doch nicht ganz so gut war und vor allem viel zu groß. Dann allmählich, ganz allmählich bin ich an andere Bilder gekommen. Frau Gaerdes hatte eine große Sammlung, sie hat mir immer das Vorkaufsrecht gegeben, wenn sie Geld brauchte. So habe ich mit der Zeit die gesamten Bilder von Frau Gaerdes erworben bis auf eines.

WAZon: Vom Sammler wird man aber nicht automatisch zum Autor. Wie ist die Idee entstanden, über Krampe ein Buch zu schreiben?

Strack: Ich hatte der Frau Gaerdes indirekt ein Versprechen gegeben. Wissen Sie, mit dem Beschäftigen mit Krampe bin ich immer mehr dahinter gekommen, dass er eigentlich ein sehr sensibler Mensch war. So wurde er hier aber nie gesehen. Durch das Zusammentreffen mit seiner Nichte Britta Gaude 1994 habe ich erfahren, wo Krampes rauhe Art herrührte. Er hatte sechs Jahre in Kriegsgefangenschaft in Australien verbracht, er hat den Polenfeldzug mitgemacht, wurde in Frankreich eingesetzt und hat kurz unter Rommel gedient. Das alles hat ihn nach außen hin unheimlich rauh werden lassen, notgedrungen. Das war die Seite, die man hier von ihm wahrgenommen hat, und weshalb man ihn falsch eingeschätzt hat. Mir war wichtig, ihn wieder im richtigen Licht erscheinen zu lassen.

WAZon: Sie haben 25 Jahre mit dem Sammeln von Material verbracht...

Strack: Ja, ich habe immer mehr Unterlagen bekommen, und immer mehr Leute kennen gelernt. Zum Beispiel die riesige Schlettwein-Familie, bei der Krampe damals ein- und ausgegangen ist. Mit Fritz und Rosie von Seggern habe ich viel über ihn gesprochen. Ebenso mit Jochen Berker, dem ersten Gerichtspräsidenten Namibias, der eine schöne große Sammlung hatte. Ich hatte dann Kartons voll mit Zetteln von Interviews, die ich mit Leuten gemacht hatte; Zettel mit Gedanken oder Fachausdrücken. Beim Schreiben habe ich mich dann erst mal schrecklich verzettelt. Ich habe den Krampe wie einen Buschmann gesehen, der an der Wasserstelle hockt und Tiere beobachtet. Er hat ja fast nie an der Wasserstelle gezeichnet, sondern immer erst später, zu Hause. Da dachte ich, ich müsste für den Anfang einen solchen Vergleich wagen: wie die Felsbildkünstler früher das Gesehene in Gedanken in die Höhlen mitgetragen haben. Ich habe mich lange damit beschäftigt, ein Riesenkapitel geschrieben über die Kunst vor der Kunst. Das wurde nachher aber so umfangreich, dass ich es verwerfen musste.

WAZon: Was Sie in dem Buch nur ganz beiläufig in einem kurzen Absatz erwähnen, ist, wie Krampe umgekommen ist. Dabei ist die Geschichte legendär. Ich kenne folgende Version: dass Krampe einen alten Einsiedler-Elefanten beobachtet und damit wohl auch provoziert hat, bis der ihn angriff. Und dass der Elefant dann tagelang über ihm stand, so dass kein Arzt zu Hilfe kommen konnte.

Strack: Es war für mich für die Kunstbetrachtung unwichtig, wie er gestorben ist. Für die Biographie ist es natürlich wichtig. Insgesamt gibt es drei Versionen, wie er umgekommen ist. Ich habe einen Auszug der Gerichtsakte aus Indien bekommen, und ich habe mich an die offizielle Version gehalten. Das andere sind Vermutungen, die sind nicht beweisbar. Und ich wollte auch nicht weiter zu der Gerüchteküche beitragen. Das ist nämlich der Punkt: Hier wird so viel haarsträubender Unsinn verbreitet. Etwa, dass der Elefant ihn mit Blättern und Ästen bedeckt hätte usw. - das sind stories, so was gibt's gar nicht, das wäre ein zoologisches Phänomen, wenn ein Tier so etwas machen würde! Er hat einen Stoßzahn durch die Brust gekriegt und ist wahrscheinlich auf der Stelle tot gewesen. Als man ihn morgens früh geholt hat - das ist nämlich abends passiert, der Elefant ist eben nicht von ihm gewichen, soviel stimmt - da war er natürlich tot. Ich möchte mal mit diesen ganzen Geschichten, die hier kursieren, aufräumen. Etwa dieses Draufgängertum von Krampe, oder dass er sich nur fürs Großwild interessiert hätte - das ist alles Unsinn, das habe ich versucht zu widerlegen.

WAZon: Haben Sie deshalb das Buch über Krampe in Angriff genommen?

Strack: Mir gehts nicht darum, ein Buch geschrieben zu haben, wo mein Name draufsteht, oder damit einen finanziellen Erfolg zu erzielen - das ist sowieso nicht möglich. Herr Springer von der Wissenschaftlichen Gesellschaft sagt immer: Schreiben rechnet sich nicht. Da hat er in der Tat Recht. Wenn ich nicht so viele Spenden bekommen hätte, wäre es nie zu diesem Buch gekommen.

Es geht mir wirklich ausschließlich darum, die Diskussion um Krampe wieder in Gang zu bringen, weil ich ihn als einen der bedeutendsten Künstler der letzten 50 Jahre im südlichen Afrika betrachte. Und weil es auch niemand bisher für nötig befunden hat, ein Buch über Krampe zu schreiben. Das ist für mich unverständlich. Ich wollte ursprünglich eine rein kunstgeschichtliche Betrachtung schreiben, aber dann kamen so viele Informationen, die eigentlich wichtig waren, um den ganz anderen Menschen Krampe zu verstehen. Und so entstand dieses Konglomerat - halb Biographie, halb Reisebeschreibung, halb kunstgeschichtliche Betrachtung.

Jetzt schreibe ich gerade ein zweites Krampe-Buch. Weniger Text, ich will einen Bildband machen. Ich habe über 400 Fotos von seinen Arbeiten, in diesem Buch sind nur 144 Abbildungen. Das zweite Buch soll etwas exklusiver werden, nur 250 Exemplare, aber dann wirklich großformatige Seiten mit Top-Bildern. Einfach um den Krampe noch mehr raus zu bringen.

WAZon: Danke für das Gespräch.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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