Eine Nachbetrachtung
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Eskalation bis zum Genozid (AZ 14.11.19)
Wiebke Schmidt
Lieber Herr Leuschner

vielen Dank für die Information zu den Vorträgen von Hartmann und Häussler am 13. + 14.11. Hier warben zwei junge Akademiker vom Schreibtisch ihres Elfenbeinturms für die heutige Sichtweise, denen es erspart blieb, vor Durst gegen eine feindliche Stellung vor Sonnenuntergang im Kugelhagel anlaufen zu müssen, wie die Schutztruppe. Liberal-progressiv erzogen oder theologisch-humanistisch emanzipiert, stellten ein von der Bundesrepublik nach Namibia geschickter Soziologe, und ein seltener NAM-Historiker ihre letzten Publikationen vor. Beide Vorträge waren mehr Vorlesungen als Vorträge zu bereits bekannten Ereignissen in DSWA, das von Patriotismus und Vaterlandsehre des Kaiserreichs und weniger von heutigen Normen wie Untreue und Ungehorsamkeit geprägt war.

Hartmann gab in eitler Pose eine Zusammenstellung vorliegender Geschichtsliteratur in DSWA bis heute. „Einige Kühe muß ich Ihnen heute schlachten.“ Mit seiner Histographie verwarf er als der richtige Historiker bekannte Literatur von Vedder bis Schneider-Waterberg und mit akademischer Grundlagenforschung unterscheidet er Primärquellen von Missionarerzählungen, Karrierearbeiten, Möchtegern-Historikern, Geschichtschroniken etc, „die alle nichts taugen.“ Wenn seine Vorstellung auch herausforderte, sich nicht provozieren zu lassen, war die kontroverse Diskussionsrunde doch offen und gut besucht, weil Deutsch geredet werden konnte, was bei Häussler mit Absicht nicht der Fall war. Häussler las aus seiner Veröffentlichung nervös ab einzig zum Thema „Concentration Camps“ (Gefangenenlager) an der Küste. Am Schluss meinte er eine Diskussion zu beenden und eine Debatte darüber zu eröffnen (ending the discussion and openig the debate), die gar nicht entstehen konnte bei Abwesenheit vieler älterer Namibier, denen Englisch ein Handicap ist. Es wurde zwar nach Deutsch gewechselt, doch mir, bekannt vom Vorabend, nicht gestattet. Bei erster und zugleich letzter Gelegenheit fragte ich, ob er Einbrecher in seinem Haus nicht eliminieren würde, die ihn und seine Familie bedrohen? Ohne Nachdenken und Antwort kam seine zornige Gegenfrage, ob Einsperrung in Kälte bei Hunger nicht Tötung-in-Kauf-nehmen sei?

Zum Hinweis auf Verteidigung, dass jeder verantwortliche Befehlshaber für den Schutz der Zivilbevölkerung im Aufstandsgebiet verantwortlich ist, kam ich nicht mehr und aufgegriffene Feinde, selbst Frauen vermutlich ihre Kinder nicht im Veld zurücklassen. Selbst die Truppe litt unter Verpflegungsnachschub im geplünderten Land. Dann fuhr Gretschel erbost

auf: „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“ und Tietz hinterher, ebenfalls Gründungsmitglied des Gesprächskreises: „Der Lageraufenthalt von Kindern in der kalten Namib ist Völkermord.“ Da haben wir die Definition.

Absurd. So grausam es ist, wie konnte nicht nur ein Helmut v Leipzig aus Sibirien nach SWA zurückkommen? Tietz differenzierte Krieg - human geführt und mit unzulässiger Brutalität. Dabei kennt Gewalt, wenn zugelassen, nie Grenzen, wie die Zunge ein kleines Feuer ist, welche einen Wald anzünden kann. Nach seiner Meinung befragt, sagte Häussler: „Nach heutigem Rechtsverständnis handelt es sich um Genozid. Es gab Phasen im Krieg, wo das rechtlich genozid war.“ Die schweigende Mehrheit im Saal verhielt sich abwartend und sieht nun, wem sie sich zuwenden muss und spendete mehrmals mit Beifall ihren Tribut, was die anwesenden 5 Schwarzafrikaner ermuntert, in reinem Englisch mit Halbwissen aufzutreten. Aber Häussler und Hartmann differenzierten auch. „Es gab keine Völkervernichtung bei Nama, dafür gab es Camps. Die Behauptung, dass in den Lagern Toten die Goldplomben entfernt wurden sei typische Feindpropaganda des 2. Weltkrieges. Aus der gleichen Richtung eines schwarzen Zuhörers kam die Frage, ob die Truppe vor der Kapitulation 1915 diskreditierende Camp-Unterlagen vernichtet hat? Das Archiv ist im Dritten Reich verbrannt. Der Verlauf des Abends hatte etwas mit römischen Arenakämpfen gemein, nur ging hier die Mehrheit nach dem Schauspiel befriedigt im Irrglauben von Frieden und Versöhnung nach Hause.

Der Wahrheit wurde keine Gasse geschaffen, entsprechend des Organisationsablaufs. Der deutsche Botschafter war abwesend. Tötemeyer, vom Gesprächskreis, führte ein und stellte Häussler vor, der als Repräsentant sein eigener Diskussionsleiter war. Die Geisteswissenschaftler in Philosopie, Historik, Germanistik, Theologie und Soziologie kamen zu Wort. Die weniger von Menschen sondern von Gesetzen abhängigen sachlichen Naturwissenschaften fehlten. Treffen beide gesellschaftlichen Lager einmal gleichstark aufeinander, bekäme die Wahrheit auch ihre Chance und Afrikas Kontinent wäre ruhiger.

Wer ist dein Herr, was ist dein Ziel, möchte man fragen, bevor ein Gespräch stattfindet. Diesmal fand es nicht statt. So verwundert es nicht, wenn Minderheiten im Land aufgeben oder in den Untergrund gehen bis zum Krieg.

Bei Rechtsstreitigkeiten werden Dolmetscher eingesetzt, aber die Botschaft hält es für opportun, ihre Sprachgruppe in der Öffentlichkeit vor einer Minderheit englischsprechender Schwarzafrikaner zurückzustellen. Und wir beklagen den Rückgang an Deutsch, dem Geprächskreismitglied Mueller verpflichtet war, bevor er von einem weißen Swapo-Terroristen liquidiert wurde.

Mit besten Grüßen

Bernd Seefeldt

Tags: Leserbriefe, Meinung, AZ, Namibia, Genozid, Geschichte, DSWA, Hartmann, Häussler,

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-27

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