Eine juristische Dauerbaustelle
"Der Deutsche ist heute sesshaft geworden in allen Teilen der Erde. Unsere Beziehungen führen uns hinüber über die fernsten Meere. Da ist es ganz erklärlich, dass der Deutsche nun auch an sein Vaterland den Anspruch erheben darf, überall auf der Welt auch seines Schutzes sich zu erfreuen (...)." Das sind die Worte des Abgeordneten Beck in den Reichstagsdebatten bevor Kaiser Wilhelm II am 22. Juli 1913 auf der Jacht "Hohenzollern" das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz unterzeichnete, welches am 1. Januar 1914 in Kraft trat.
Bis heute kann als "Spätfolge" der vorbezeichneten Gesetzgebung einen deutschen Pass beantragen, wer nachweislich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Gemäß dem deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz von 1914 in der Fassung von 2000 (Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz, RuStAG, heute Staatsangehörigkeitsgesetz, StAG) kann die deutsche Staatsangehörigkeit auch von einem Vorfahren abgeleitet werden, wenn sie positiv nachgewiesen werden kann. Hat die Bezugsperson durch Einbürgerung eine andere Staatsangehörigkeit erlangt, führt dies, falls keine Beibehaltungsgenehmigung vorliegt, zu einem automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, da das deutsche Staatsangehörigkeitsgesetz grundsätzlich keine Mehrstaatigkeit zuläßt ("§ 25 RuStAG). Ein Vorfahre, der Deutschland vor 1914 verlassen hat und länger als 10 Jahre ununterbrochen im Ausland lebte, hat seine deutsche Staatsangehörigkeit automatisch verloren, es sei denn er war im Besitz eines deutschen Passes, lebte im ehemaligen Deutsch Südwestafrika, welches nicht als Ausland galt, ließ sich alle zehn Jahre in ein deutsches Konsulatsmatrikel eintragen oder ist vor Ablauf der 10-Jahresfrist nach Deutschland zurückgekehrt.
Prof. Emeritus Dr. Dr. h. c. Ingo von Münch schreibt in seiner jüngsten Monographie (Oktober 2007) über "Die deutsche Staatsangehörigkeit: Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft" (Walter de Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-89949-433-4). Der Grund, weshalb es durchaus Sinn ergibt, diese Publikation in Namibia zu besprechen, ist eigentlich offenkundig. Deutschland und Namibia verbindet ein gemeinsames Erbe. Zahlreiche Deutschnamibier werden daher auch Interesse an den breit gefächerten, historisch wertvollen, informativ unterhaltsamen Ausführungen über die deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Der Buchverfasser selbst bezeichnet das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht als eine "Dauerbaustelle". In seiner Publikation vermittelt er die staatsrechtlichen Grundzüge jedoch klar und anschaulich. Der Mensch ist der Bezugspunkt der Staatsangehörigkeit. Historisch eingebettet in die politische Debatte um die sogenannte Reichs- und Staatsangehörigkeit dienen des Autors Streifzüge durch die Kaiserzeit, die Weimarer Republik, das NS Regime, BRD und DDR zur Veranschaulichung des Streitstandes. Adolf Hitlers Einbürgerung nur am Rande erwähnt, bezieht sich Ingo von Münch auf zahlreiche Vorfälle in der Geschichte und Gegenwart der deutschen Einbürgerungspraxis. Themen wie der Erwerb und Verlust der Deutschen Staatsangehörigkeit, die Doppelstaatsangehörigkeit, die Mehrfache Staatsangehörigkeit, Eheschließung und Staatsangehörigkeit, Wiedereinbürgerung, Geburtsorts-, und Abstammungsrecht sowie die Adoption werden hinreichend erörtert und mit Beispielen, Anekdoten und Gerichtsurteilen belegt. Bei diesen staatsbürgerschaftsrechtlichen Themen handelt es sich unweigerlich auch um solche, die den einen oder anderen in Namibia lebenden Deutschen oder Namibier mit deutschen Vorfahren in der Vergangenheit beschäftigt haben oder auch noch in der Gegenwart beschäftigen.
Wenngleich man dafür plädieren mag, dass der souveräne Nationalstaat eigentlich der Vergangenheit angehören soll, so ist die Regionalintegration (sei es die EU, oder im Fall Namibia SADC) im Hinblick auf das Staatsangehörigkeitsrecht noch keineswegs am Ziel angekommen. Einerseits droht die individuelle Freizügigkeit vom Nationalstaat eingeschränkt zu werden, anderseits eröffnet die Unionsbürgerschaft neue Herausforderungen, wie die grenzübergreifende Beanspruchung von Sozialleistungen. Deutschland ist heute zwar Einwanderungsland, die Reformdebatten zum Staatsangehörigkeitsrecht sind jedoch nicht abgeschlossen. Einbürgerungseid, Leitkultur und Sprachtest - ja oder nein? Führt die durch zunehmende Migrationsströme sich verbreitende kulturelle Vielfalt innerhalb eines Staatsgebietes dazu den Begriff des Staatsvolkes neu zu definieren?
Wer die weiterhin aktuelle Diskussion um die deutsche Staatsangehörigkeit nachvollziehen will, sollte dieses anschaulich geschriebene Buch zur Hand nehmen. Es beabsichtigt weder Lehrbuch noch reines Fachbuch zu sein. Das Tagesgeschehen ist allgegenwärtig und macht das Buch zu einer interessanten Lektüre für jeden, der sich mit der deutschen Staatsangehörigkeit befasst.
Oliver C. Ruppel
Bis heute kann als "Spätfolge" der vorbezeichneten Gesetzgebung einen deutschen Pass beantragen, wer nachweislich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Gemäß dem deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz von 1914 in der Fassung von 2000 (Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz, RuStAG, heute Staatsangehörigkeitsgesetz, StAG) kann die deutsche Staatsangehörigkeit auch von einem Vorfahren abgeleitet werden, wenn sie positiv nachgewiesen werden kann. Hat die Bezugsperson durch Einbürgerung eine andere Staatsangehörigkeit erlangt, führt dies, falls keine Beibehaltungsgenehmigung vorliegt, zu einem automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, da das deutsche Staatsangehörigkeitsgesetz grundsätzlich keine Mehrstaatigkeit zuläßt ("§ 25 RuStAG). Ein Vorfahre, der Deutschland vor 1914 verlassen hat und länger als 10 Jahre ununterbrochen im Ausland lebte, hat seine deutsche Staatsangehörigkeit automatisch verloren, es sei denn er war im Besitz eines deutschen Passes, lebte im ehemaligen Deutsch Südwestafrika, welches nicht als Ausland galt, ließ sich alle zehn Jahre in ein deutsches Konsulatsmatrikel eintragen oder ist vor Ablauf der 10-Jahresfrist nach Deutschland zurückgekehrt.
Prof. Emeritus Dr. Dr. h. c. Ingo von Münch schreibt in seiner jüngsten Monographie (Oktober 2007) über "Die deutsche Staatsangehörigkeit: Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft" (Walter de Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-89949-433-4). Der Grund, weshalb es durchaus Sinn ergibt, diese Publikation in Namibia zu besprechen, ist eigentlich offenkundig. Deutschland und Namibia verbindet ein gemeinsames Erbe. Zahlreiche Deutschnamibier werden daher auch Interesse an den breit gefächerten, historisch wertvollen, informativ unterhaltsamen Ausführungen über die deutsche Staatsangehörigkeit haben.
Der Buchverfasser selbst bezeichnet das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht als eine "Dauerbaustelle". In seiner Publikation vermittelt er die staatsrechtlichen Grundzüge jedoch klar und anschaulich. Der Mensch ist der Bezugspunkt der Staatsangehörigkeit. Historisch eingebettet in die politische Debatte um die sogenannte Reichs- und Staatsangehörigkeit dienen des Autors Streifzüge durch die Kaiserzeit, die Weimarer Republik, das NS Regime, BRD und DDR zur Veranschaulichung des Streitstandes. Adolf Hitlers Einbürgerung nur am Rande erwähnt, bezieht sich Ingo von Münch auf zahlreiche Vorfälle in der Geschichte und Gegenwart der deutschen Einbürgerungspraxis. Themen wie der Erwerb und Verlust der Deutschen Staatsangehörigkeit, die Doppelstaatsangehörigkeit, die Mehrfache Staatsangehörigkeit, Eheschließung und Staatsangehörigkeit, Wiedereinbürgerung, Geburtsorts-, und Abstammungsrecht sowie die Adoption werden hinreichend erörtert und mit Beispielen, Anekdoten und Gerichtsurteilen belegt. Bei diesen staatsbürgerschaftsrechtlichen Themen handelt es sich unweigerlich auch um solche, die den einen oder anderen in Namibia lebenden Deutschen oder Namibier mit deutschen Vorfahren in der Vergangenheit beschäftigt haben oder auch noch in der Gegenwart beschäftigen.
Wenngleich man dafür plädieren mag, dass der souveräne Nationalstaat eigentlich der Vergangenheit angehören soll, so ist die Regionalintegration (sei es die EU, oder im Fall Namibia SADC) im Hinblick auf das Staatsangehörigkeitsrecht noch keineswegs am Ziel angekommen. Einerseits droht die individuelle Freizügigkeit vom Nationalstaat eingeschränkt zu werden, anderseits eröffnet die Unionsbürgerschaft neue Herausforderungen, wie die grenzübergreifende Beanspruchung von Sozialleistungen. Deutschland ist heute zwar Einwanderungsland, die Reformdebatten zum Staatsangehörigkeitsrecht sind jedoch nicht abgeschlossen. Einbürgerungseid, Leitkultur und Sprachtest - ja oder nein? Führt die durch zunehmende Migrationsströme sich verbreitende kulturelle Vielfalt innerhalb eines Staatsgebietes dazu den Begriff des Staatsvolkes neu zu definieren?
Wer die weiterhin aktuelle Diskussion um die deutsche Staatsangehörigkeit nachvollziehen will, sollte dieses anschaulich geschriebene Buch zur Hand nehmen. Es beabsichtigt weder Lehrbuch noch reines Fachbuch zu sein. Das Tagesgeschehen ist allgegenwärtig und macht das Buch zu einer interessanten Lektüre für jeden, der sich mit der deutschen Staatsangehörigkeit befasst.
Oliver C. Ruppel
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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