Eine Freundschaft mit viel Aufrichtigkeit
Vor wenigen Monaten ist der Botschafter a.D. Uwe Zeise, zuletzt wohnhaft in Windhoek, verstorben. Dieser Beitrag erinnerr aus sehr persönlicher Perspektive an diesen Menschen.
Geboren am 8. September 1939 in Schmannewitz, Amtshauptmannschaft Oschatz, einem Dorf und Kurort am Rande der Dahlener Heide (heute Landkreis Torgau-Oschatz), wuchs Uwe Zeise während des II. Weltkrieges im Hause der Großeltern in seinem Heimatdorf auf.
Nach Kriegsende zog die Mutter mit ihm und seinem jüngeren Bruder nach Langebrück am Nordrand der Dresdener Heide, wo sie als Lehrerin tätig war. Dort besuchte Uwe bis zur 8. Klasse die Grundschule, danach die Oberschule in Radeberg, wo er 1957 das Abitur ablegte. Im gleichen Jahr begann er auf Empfehlung seiner Mutter mit einem Pädagogikstudium, das er jedoch nach einigen Monaten aufgab. Er trat in die Bahnpolizei (Transportpolizei) der Deutschen Reichsbahn ein und arbeitete danach einige Jahre im Rat des Kreises Großenhain in der Abteilung Verkehr. Während dieser Zeit absolvierte er ein sechsjähriges Fernstudium an der Hochschule für Ökonomie in Berlin-Karlshorst, das er mit Auszeichnung abschloss.
Als sich in den späten 60er Jahren eine wachsende internationale Anerkennung der DDR abzuzeichnen begann, nahm er ein zweijähriges postgraduelles Studium der Außenpolitik und Außenwirtschaft in Potsdam auf und trat danach in den diplomatischen Dienst seines Staates ein. Dieser führte ihn 1971 in Begleitung seiner Gattin Waltraud nach Dar es Salaam in Tansania, Lusaka in Sambia und schließlich als „Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafter” nach Harare in Simbabwe.
Nach Eintritt in den Ruhestand beschloss er im Jahre 2001, seiner Tochter nach Namibia zu folgen und sich dort niederzulassen. Schon sein Großvater mütterlicherseits hatte als junger Mann aus Abenteuerlust sein Elternhaus verlassen, in Australien bei Schafzüchtern gearbeitet und sich zu Anfang der Kolonialzeit zwei Jahre im damaligen Deutsch-Südwestafrika aufgehalten, um Geld für die Heimreise zu verdienen. Seine Erinnerungen mögen Uwes Eltern beeinflusst haben, denn diese hatten schon vor seiner Geburt Ausreisedokumente für Südwestafrika eingereicht. Wegen des Kriegsausbruchs 1939 konnten ihre Reisepläne jedoch nicht verwirklicht werden. Uwe erwähnte oft vergnügt, dass er in seiner Familie schon die dritte Generation mit Beziehung zu diesem Sonnenland vertritt, seine Tochter Anja die vierte und seine in Namibia geborene Enkelin Maya schon die fünfte.
Bevor ich ihn durch Zufall kennenlernen durfte, schien mir undenkbar, dass zwischen Menschen mit derart gegensätzlichen politischen Idealen eine dauerhafte Freundschaft entstehen konnte. Nachdem die gemeinsame Liebe zu Dresden und der unvergängliche Schmerz über die barbarische Zerstörung dieser herrlichen Stadt den früheren DDR-Botschafter in Simbabwe und mich als ehemaligen politischen DDR-Häftling zusammengeführt hatte, durfte ich ihn und seine Frau Waltraud im Familienkreise als liebenswürdige Gastgeber, anregende Gesprächspartner und schließlich hilfsbereite Freunde erleben. Vom ersten Tage unserer Bekanntschaft an bestimmte gegenseitige Aufrichtigkeit unser Verhältnis; wir haben unsere gelegentlich unterschiedlichen Überzeugungen nie verleugnet.
An Uwes Persönlichkeit beeindruckten mich neben der angeborenen Bescheidenheit die trotz aller Rückschläge stets unwandelbare Lebensfreude, seine weitgespannten historischen und politischen Interessen und Kenntnisse, verbunden mit Menschenfreundlichkeit und Liebe zur Tier- und Pflanzenwelt. Bis zu seinem allzufrühen Tode galt seine besondere Anteilnahme der Zukunft Deutschlands, doch beschäftigte er sich (zusammen mit seiner Frau) auch intensiv mit der Geschichte und den Gegenwartsproblemen seiner neuen Heimat Namibia.
Für mich bestätigte die Freundschaft mit Uwe noch einmal die Erkenntnis, dass „die Linie, die gut und böse trennt, nicht zwischen Ideologien, Staaten, Klassen und Parteien verläuft, sondern quer durch jedes Menschenherz”, wie der große russische Schriftsteller Alexandr Issajewitsch Solschenizyn schrieb (Archipel Gulag, Bd. 2, Bern 1974, Geleitwort u. S. 593).
Als Uwe am 16. März 2017 in Windhoek starb, war es mir wegen eines Auslandsaufenthalts unmöglich, ihn auf seinem letzten Wege zu begleiten. In dankbarer Erinnerung,
Dr. Kuno Budack, Windhoek
Geboren am 8. September 1939 in Schmannewitz, Amtshauptmannschaft Oschatz, einem Dorf und Kurort am Rande der Dahlener Heide (heute Landkreis Torgau-Oschatz), wuchs Uwe Zeise während des II. Weltkrieges im Hause der Großeltern in seinem Heimatdorf auf.
Nach Kriegsende zog die Mutter mit ihm und seinem jüngeren Bruder nach Langebrück am Nordrand der Dresdener Heide, wo sie als Lehrerin tätig war. Dort besuchte Uwe bis zur 8. Klasse die Grundschule, danach die Oberschule in Radeberg, wo er 1957 das Abitur ablegte. Im gleichen Jahr begann er auf Empfehlung seiner Mutter mit einem Pädagogikstudium, das er jedoch nach einigen Monaten aufgab. Er trat in die Bahnpolizei (Transportpolizei) der Deutschen Reichsbahn ein und arbeitete danach einige Jahre im Rat des Kreises Großenhain in der Abteilung Verkehr. Während dieser Zeit absolvierte er ein sechsjähriges Fernstudium an der Hochschule für Ökonomie in Berlin-Karlshorst, das er mit Auszeichnung abschloss.
Als sich in den späten 60er Jahren eine wachsende internationale Anerkennung der DDR abzuzeichnen begann, nahm er ein zweijähriges postgraduelles Studium der Außenpolitik und Außenwirtschaft in Potsdam auf und trat danach in den diplomatischen Dienst seines Staates ein. Dieser führte ihn 1971 in Begleitung seiner Gattin Waltraud nach Dar es Salaam in Tansania, Lusaka in Sambia und schließlich als „Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafter” nach Harare in Simbabwe.
Nach Eintritt in den Ruhestand beschloss er im Jahre 2001, seiner Tochter nach Namibia zu folgen und sich dort niederzulassen. Schon sein Großvater mütterlicherseits hatte als junger Mann aus Abenteuerlust sein Elternhaus verlassen, in Australien bei Schafzüchtern gearbeitet und sich zu Anfang der Kolonialzeit zwei Jahre im damaligen Deutsch-Südwestafrika aufgehalten, um Geld für die Heimreise zu verdienen. Seine Erinnerungen mögen Uwes Eltern beeinflusst haben, denn diese hatten schon vor seiner Geburt Ausreisedokumente für Südwestafrika eingereicht. Wegen des Kriegsausbruchs 1939 konnten ihre Reisepläne jedoch nicht verwirklicht werden. Uwe erwähnte oft vergnügt, dass er in seiner Familie schon die dritte Generation mit Beziehung zu diesem Sonnenland vertritt, seine Tochter Anja die vierte und seine in Namibia geborene Enkelin Maya schon die fünfte.
Bevor ich ihn durch Zufall kennenlernen durfte, schien mir undenkbar, dass zwischen Menschen mit derart gegensätzlichen politischen Idealen eine dauerhafte Freundschaft entstehen konnte. Nachdem die gemeinsame Liebe zu Dresden und der unvergängliche Schmerz über die barbarische Zerstörung dieser herrlichen Stadt den früheren DDR-Botschafter in Simbabwe und mich als ehemaligen politischen DDR-Häftling zusammengeführt hatte, durfte ich ihn und seine Frau Waltraud im Familienkreise als liebenswürdige Gastgeber, anregende Gesprächspartner und schließlich hilfsbereite Freunde erleben. Vom ersten Tage unserer Bekanntschaft an bestimmte gegenseitige Aufrichtigkeit unser Verhältnis; wir haben unsere gelegentlich unterschiedlichen Überzeugungen nie verleugnet.
An Uwes Persönlichkeit beeindruckten mich neben der angeborenen Bescheidenheit die trotz aller Rückschläge stets unwandelbare Lebensfreude, seine weitgespannten historischen und politischen Interessen und Kenntnisse, verbunden mit Menschenfreundlichkeit und Liebe zur Tier- und Pflanzenwelt. Bis zu seinem allzufrühen Tode galt seine besondere Anteilnahme der Zukunft Deutschlands, doch beschäftigte er sich (zusammen mit seiner Frau) auch intensiv mit der Geschichte und den Gegenwartsproblemen seiner neuen Heimat Namibia.
Für mich bestätigte die Freundschaft mit Uwe noch einmal die Erkenntnis, dass „die Linie, die gut und böse trennt, nicht zwischen Ideologien, Staaten, Klassen und Parteien verläuft, sondern quer durch jedes Menschenherz”, wie der große russische Schriftsteller Alexandr Issajewitsch Solschenizyn schrieb (Archipel Gulag, Bd. 2, Bern 1974, Geleitwort u. S. 593).
Als Uwe am 16. März 2017 in Windhoek starb, war es mir wegen eines Auslandsaufenthalts unmöglich, ihn auf seinem letzten Wege zu begleiten. In dankbarer Erinnerung,
Dr. Kuno Budack, Windhoek
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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