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Eine deutsch-deutsche UN-Patrouille in Omusati
Eine deutsch-deutsche UN-Patrouille in Omusati

Eine deutsch-deutsche UN-Patrouille in Omusati

Noch vor der deutschen Wiedervereinigung und kurz vor dem Mauerfall in Berlin ist es im Rahmen der Überganszeit unter Aufsicht der UNO 1989 in Namibia zu einer deutsch-deutschen Zusammenarbeit gekommen, die auf keinen Fall in Ost-Berlin oder in Bonn vorgesehen war. Just im (ehemaligen) Ovamboland im vormalig umkämpften Raum Tsandi/Ombalantu, wo die Bevölkerung unter der Guerilla-Aktivität der SWAPO und der Guerilla-Abwehr der namibisch/südafrikanischen Kräfte (Koevoet) bis April 1989 Schlimmes auszuhalten hatte, waren Polizeikräfte der DDR sowie der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt, um während der zweiten Jahreshälfte von 1989 den früher im Jahr vereinbarten Waffenstillstand zu überwachen und vor allem durch ihre Präsenz als Vertreter der UN-Übergangskräfte UNTAG (United Nations Transitional Assistance Group) stabilisierend zu wirken. Nach dem Buschkrieg ging es um die Normalisierung der Verhältnisse, um ein entspanntes Klima zur Wählerregistration und für die anstehenden Wahlen sowie für den Start in die staatliche Souveränität zu schaffen. Dabei sollten internationale Polizisten vor allem auf die südwestafrikanische Polizei, die noch unter südafrikanischem Befehl stand, achten.
Für die Aufarbeitung dieses Themas zur Magisterarbeit hat der Historiker Daniel Lange, Berlin, über fünf Monate (2007/2008) auch Sportredakteur der Allgemeinen Zeitung, Windhoek, am 19. Januar 2011 in Potsdam den Wissenschaftlich-publizistischen Förderpreis der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg erhalten. Der Förderpreis beinhaltet die vollständige Übernahme der Druckkosten für eine Publikation der Magisterarbeit.
Im Oktober 1989 entsandte die DDR 25 Wahlbeobachter nach Namibia. Für das zivile Polizeikommando der Friedensmission stellte sie ein 30-köpfiges Kontingent zur Verfügung. Auch 50 Beamten des Bundesgrenzschutzes der BRD beteiligten sich an der Mission, in der beide deutsche Einheiten teilweise gemeinsam ihren Dienst leisteten
Lange ist den Überlegungen der DDR-Regierung zur Entsendung einer Polizeitruppe nach Namibia durch einschlägiges Quellenstudium nachgegangen. Das ergibt eine spannende Lektüre. Ebenso die Debatte im deutschen Bundestag, wo den Parlamentariern wohl die Angst aus zwei Weltkriegen noch in den Knochen saß, wenn sie - was schon wieder über zwei Jahrzehnte her ist - zu einem Einsatz bewaffneter deutscher Kräfte (hier lediglich als passive Beobachter) im Ausland gefordert waren. Aufschlussreich ist ferner der Rahmen, den Lange für den Einsatz der DDR-Kräfte aufzeichnet. So waren sie instruiert, die politische und ideologische Berührungsangst ihres Regimes auch in Namibia zu beachten und auszuleben. Unter Anderem bedeutete das, dass jeglicher Kontakt zu hiesigen Deutschsprachigen und (weißen) Südafrikanern untersagt war. Und dann kam es wie beiläufig zur natürlichen Kooperation zwischen Westdeutschen und den Ostkräften im Rahmen der UNTAG und vor der Kulisse des Mauerfalls sowie der dynamischen Wende in der DDR, die der SED total aus dem Ruder gelaufen ist, weil sie keine Volkspartei war. Es scheint wahrscheinlich, dass einige DDR-Polizisten nach ihrer Rückkehr in Schwierigkeiten gekommen wären, wenn das alte Regime noch bestanden hätte, das sie vor dem Mauerfall verlassen hatten. Dazu ein treffender Schluss-Satz von Lange: "Die Kooperation zwischen den Polizeibeamten aus BRD und DDR noch vor der deutschen Wiedervereinigung wirkt auf den ersten Blick aufgrund ihrer Einzigartigkeit zwar erstaunlich, war aber von strategischen Überlegungen auf beiden Seiten geprägt. In der Beteiligung beider deutscher Staaten in der UNTAG war das Motiv der politischen Balance Martti Ahtisaari (UN-Sonderbeauftragter für Namibia) wieder zuerkennen." Lange hat mit seiner Abhandlung einen absonderlichen geschichtlichen Vorgang dem Vergessen entrissen, schreibt die Zeitung "Neues Deutschland."
Die Publikation, ein wichtiges Dokument der Zeitgeschichte, ist auch auf der Internetseite der namibischen Botschaft in Berlin einzusehen.


Zur Person des Autors:
Daniel Lange, Jahrgang 1980, studierte Neueste Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und Südasien-Studien an der Humboldt-Universität zu Berlin. Parallel zum Studium sammelte er Arbeitserfahrungen im Bundesministerium des Innern, im Deutschen Bundestag, als Sportredakteur der Allgemeinen Zeitung in Namibia, in der Fußball-Bundesliga und im Fachbereich Sport der Freien Universität Berlin.




Daniel Lange: "Auf deutsch-deutscher UN-Patrouille. Die Polizeiliche Beobachtereinheit der DDR in Namibia (1989/90)", Schkeuditzer Buchverlag 2011, 176 Seiten, 15 Euro.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-05-16

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