Die Relativität des Unrechts
Wer glaubt, das Recht und Gerechtigkeit zwei deckungsgleiche Synonymbegriffe seien, wäre gut beraten, die über 1300 Seiten umfassende Begründung einer Entschädigungsklage der Hai//kom zu studieren.
Der Schriftsatz dokumentiert detailliert, wie die heute etwa 6500 Mitglieder umfassende San-Gemeinschaft über Jahrzehnte entrechtet, marginalisiert, diskriminiert, enteignet und vertrieben wurden. Wie sie heute verarmt und entwurzelt eine Existenz am Rande der Gesellschaft fristen, sich als Farmarbeiter verdingen oder auf Almosen der Regierung hoffen müssen.
Dass den Hai//kom ihr angestammtes Land geraubt, dass ihnen die Existenzgrundlage als Jäger und Sammler entzogen wurde, steht außer Frage. Trotz dieses nachweislichen Unrechts ist ihre Klage dennoch kein Selbstläufer, weil Recht und Gerechtigkeit zwei unterschiedliche Konzepte sind. Weil die acht Antragsteller zunächst eine Klageberechtigung erwirken und belegen müssen, dass sie im Interesse und Auftrag ihrer Gemeinschaft agieren bzw. diese repräsentieren dürfen. Und weil sie dokumentieren müssen, dass die Regierung als Rechtsnachfolger der Kolonialmächte haftbar ist, von denen die Hai//kom entmündigt wurden.
Gelingt dies nicht, müssen sie belegen, dass die Regierung sie vernachlässigt und ihr Leid ignoriert, dass sie seit der Unabhängigkeit nichts unternommen hat, das ihnen widerfahrene Unrecht zu korrigieren.
Es mag manchem fassungslos machen, dass all dies notwendig ist, dass erwiesenes Unrecht praktisch zur Verhandlungssache und Interpretationsfrage wird. Es ist aber unvermeidbarer Teil der Rechtsprechung in zahllosen Fällen, wo schreckliches geschehen ist, dass sich nicht sühnen oder wiedergutmachen lässt, weil niemand haftbar gemacht und belangt werden kann.
Aus moralischer Sicht mag das unerträglich sein – rein juristisch gehört es aber zum Alltag, weil dass, was aus Gründen der Ethik, des Anstands, der Fairness und Gerechtigkeit geboten scheint rein rechtlich nicht immer geleistet werden kann.
Marc Springer
Der Schriftsatz dokumentiert detailliert, wie die heute etwa 6500 Mitglieder umfassende San-Gemeinschaft über Jahrzehnte entrechtet, marginalisiert, diskriminiert, enteignet und vertrieben wurden. Wie sie heute verarmt und entwurzelt eine Existenz am Rande der Gesellschaft fristen, sich als Farmarbeiter verdingen oder auf Almosen der Regierung hoffen müssen.
Dass den Hai//kom ihr angestammtes Land geraubt, dass ihnen die Existenzgrundlage als Jäger und Sammler entzogen wurde, steht außer Frage. Trotz dieses nachweislichen Unrechts ist ihre Klage dennoch kein Selbstläufer, weil Recht und Gerechtigkeit zwei unterschiedliche Konzepte sind. Weil die acht Antragsteller zunächst eine Klageberechtigung erwirken und belegen müssen, dass sie im Interesse und Auftrag ihrer Gemeinschaft agieren bzw. diese repräsentieren dürfen. Und weil sie dokumentieren müssen, dass die Regierung als Rechtsnachfolger der Kolonialmächte haftbar ist, von denen die Hai//kom entmündigt wurden.
Gelingt dies nicht, müssen sie belegen, dass die Regierung sie vernachlässigt und ihr Leid ignoriert, dass sie seit der Unabhängigkeit nichts unternommen hat, das ihnen widerfahrene Unrecht zu korrigieren.
Es mag manchem fassungslos machen, dass all dies notwendig ist, dass erwiesenes Unrecht praktisch zur Verhandlungssache und Interpretationsfrage wird. Es ist aber unvermeidbarer Teil der Rechtsprechung in zahllosen Fällen, wo schreckliches geschehen ist, dass sich nicht sühnen oder wiedergutmachen lässt, weil niemand haftbar gemacht und belangt werden kann.
Aus moralischer Sicht mag das unerträglich sein – rein juristisch gehört es aber zum Alltag, weil dass, was aus Gründen der Ethik, des Anstands, der Fairness und Gerechtigkeit geboten scheint rein rechtlich nicht immer geleistet werden kann.
Marc Springer
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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