Die lange Herrschaft von Mugabe geht zu Ende
Die lange Herrschaft von Mugabe geht zu Ende

Die lange Herrschaft von Mugabe geht zu Ende

Stefan Fischer
Doch die allgemein gehegte Erwartung, Mugabe werde wohl im Amt sterben, hat sich als Trugschluss erwiesen. Es war schließlich die willkürliche Entlassung seines vor allem in Militärkreisen beliebten Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa und der zeitgleich unternommene Versuch, seine im Volk weithin verhasste Frau Grace als dessen Nachfolgerin zu installieren, die das Fass für die Streitkräfte seines Landes zum Überlaufen brachte – und Mugabe nun das Amt kosten wird.



Zeichen eines Putsches

Mit der Machtübernahme des Militärs in Simbabwe ist die lange Herrschaft Mugabes als Staatschef der einstigen britischen Kolonie Rhodesien jedenfalls an ein Ende gekommen. Soldaten unter dem Kommando des kurz zuvor von dem Diktator entlassenen Armeechefs Constantin Chiwenga hatten am späten Dienstag die Kontrolle über den Staatssender ZBC übernommen – ein in Afrika untrügliches Zeichen für einen Putsch. Zeitgleich waren Panzer und Truppentransporter an allen wichtigen Kreuzungen und Zufahrtstraßen der Hauptstadt Harare aufgefahren. Mugabe und seine Frau wurden unter Hausarrest gestellt. Für Grace Mugabe wurde ausgehandelt, dass sie ins Exil gehen kann. Dies dürfte vermutlich irgendwo im Fernen Osten sein, vermutlich in Singapur, wo Mugabe wegen seines Prostataleidens seit langem medizinisch behandelt wird.

In Simbabwe verzog sich gestern erst zum Abend der Pulverdampf. In einer ersten Erklärung kurz nach der Machtübernahme um Mitternacht hatte das Militär von Mugabe noch immer als „Präsidenten“ gesprochen und versichert, dass er wohlauf sei. Gleichzeitig hieß es, dass die Übernahme der Macht durch die Streitkräfte „auf Kriminelle im Dunstkreis des Präsidenten“ abziele, die für den wirtschaftlichen Niedergang des Landes verantwortlich seien – ein klarer Hinweis auf die für ihre vielen Einkaufsbummel im Ausland berüchtigte Grace Mugabe und ihre mehrheitlich jungen Unterstützer in der Partei. Der ausgeprägte Hang der First Lady zum Luxus wird ihr in einem Land sehr übel genommen, in dem inzwischen fast 90% der Menschen keinen festen Job haben und rund 70% unter der Armutsgrenze leben.



Interner Machtkampf

Viele Beobachter, so der Oppositionspolitiker David Coltart, sprachen gestern von einem eher „widerwilligen“ Militärcoup. Vieles deute darauf hin, dass es sich nicht um ein Vorgehen gegen die Opposition oder Institutionen des Staates handele, sondern um einen heftigen Machtkampf innerhalb der regierenden Zanu PF, in den sich nun auch die (durch die Säuberungen unter Druck geratenen) Streitkräfte eingeschaltet hätten. Das Vorgehen der Militärs scheint sich vor allem gegen jene Teile der Regierungspartei zu richten, die, wie etwa die radikale Jugendliga, Mugabes Frau Grace nahestehen und ihre Inthronisierung als Nachfolgerin des Diktators ausdrücklich befürworten. Ein weiteres Indiz dafür ist die Festnahme von Finanzminister Igantius Chombo, der erst vor wenigen Wochen völlig überraschend von Mugabe ernannt worden war, obwohl er keinerlei Kompetenz für den Posten hat. Allgemein wurde die erhöhte Militärpräsenz als klares Zeichen dafür gedeutet, dass die Streitkräfte alles tun würden, um Mnangagwa zu stützen – und gleichzeitig Grace Mugabe als Präsidentin zu verhindern.

Coltart vermutet, dass das Militär die Regierung nicht selbst übernehmen, sondern bei dem für Dezember geplanten Parteitag der Regierungspartei nur für ein faireres Votum sorgen wolle, um dann wieder an eine Zivilregierung zu übergeben. Eine faire Wahl wäre nach dem Rauswurf Mnangagwas aus der Zanu PF und den jüngsten Säuberungsaktionen unter seinen Anhängern nicht mehr gewährleistet gewesen, zumal Mugabe eine Direktwahl seiner Stellvertreter bereits abgeschafft hat. Die hätte der Despot selbst ernennen dürfen – und Grace Mugabe wäre nach den jüngsten Entwicklungen im Land die natürliche Wahl gewesen.



Bereit für den Übergang

Mugabes Vorgehen gegen seinen bisherigen Vizepräsidenten Mnangagwa erinnert stark an die Entmachtung der lange Zeit ebenfalls als seine Nachfolgerin gehandelten Joyce Mujuru. Auch diese war vor drei Jahren nur wenige Wochen vor dem Parteitag der Zanu PF erst rüde angegangen und dann aus dem Politbüro geworfen worden. Mujuru hat inzwischen eine eigene Partei gegründet und ist erklärte Gegnerin Mugabes. Damals hatte das Militär anders als jetzt noch stillgehalten.

Dem Schicksal Mujurus dürfte ­Mnangagwa durch seine enge Allianz mit dem Militär entgehen. Wie verlautete, hat er bereits der Opposition Gespräche zur Bildung einer Übergangsregierung offeriert. Und auch mit den von Mugabe vertriebenen weißen Farmern will er, wie berichtet wird, über eine Rückkehr nach Simbabwe reden. Ihre Vertreibung hatte zur Jahrtausendwende den Absturz des Agarlandes Simbabwe eingeleitet. Von den einst 4500 Landwirten sind kaum 200 noch auf ihrem Land.

Mnangagwa war letzte Woche kurz nach seinem Rauswurf vor dem Hintergrund von Todesdrohungen nach Südafrika geflohen, ist aber inzwischen wieder nach Simbabwe zurückgekehrt und bereitet sich offenbar auf die Regierungsübernahme vor. Der langjährige Kampfgefährte Mugabes verfügt durch seine Zeit im Unabhängigkeitskampf gegen das weiße Minderheitsregime, aber auch durch seine fast vier Jahrzehnte im nationalen Kabinett über großen Rückhalt sowohl im Militär wie im Regierungsapparat. In den 1980er Jahren war er Geheimdienstchef und dabei brutal gegen (schwarze) Oppositionelle vorgegangen, was ihm wegen der dabei an den Tag gelegten Ruchlosigkeit den Beinamen „das Krokodil“ einbrachte. Viele machen Mnangagwa für die damaligen Massaker im Matabeland verantwortlich, der Hochburg der Volksgruppe der Ndebele. Dabei sollen von einer in Nordkorea ausgebildeten Brigade rund 20000 Ndebele getötet worden sein. Nach über 50 Jahren gemeinsamer Freundschaft weiß der heute 75-Jährige alles über Mugabe. Umso größer war die Verblüffung, als der Diktator ausgerechnet Mnangagwa in der vergangenen Woche aus dem Amt jagte und wenig später auch noch aus der Partei warf.



Land ist am Boden

Die politischen Wirren in Simbabwe kommen zu einer Zeit, in der viele seiner zwölf Millionen Menschen einen neuerlichen wirtschaftlichen Kollaps des Landes erwarten. Viele fürchten vor allem eine Rückkehr der Hyperinflation, die 2008 zeitweise auf fast 500 Millionen Prozent geklettert war – und nach Abschaffung der völlig wertlosen Landeswährung die Einführung des US Dollars zur Folge hatte. Nachdem das hochkorrupte Mugabe-Regime im vergangenen Jahr nicht mehr seine Rechnungen mit echten US-Dollar bezahlen konnte, hatte es in seiner Not sogenannte „Bond notes“ herausgegeben, von denen behauptet wurde, sie seien frei eintauschbar und von gleichem Wert wie Dollarscheine. Dennoch werden US-Dollars auf dem schwarzen Markt der Hauptstadt Harare seit langem zu einem Aufpreis von mehr als 30% gegenüber den angeblich gleichwertigen „Bond notes“ gehandelt.

Der Mangel an Devisen hat die Importe auf ein Minimum zusammenschrumpfen lassen. Erst vor wenigen Wochen hatten Engpässe an Nahrungsmitteln und Benzin landesweit zu Panikkäufen geführt. Gleichzeitig sind die Preise eskaliert. Im Oktober hatte die Regierung auf den Jahrestreffen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in Washington noch um einen neuerlichen Schuldennachlass und neue Kredite zum Neustart für die ruinierte Wirtschaft gebettelt. Doch so lange Mugabe im Land das Sagen hatte, war daran nicht zu denken. Mit seinem lang überfälligen Abgang könnte sich dies nun ändern.



Wolfgang Drechsler, Kapstadt

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-27

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