Deutsche Siedler im texanischen Luckenbach
Eigentlich ist Luckenbach schon lange kein richtiger Ort mehr. Schon in den 1970er Jahren zogen die letzten Bewohner weg oder starben, das Dorf wurde aufgelöst. Heute stehen hier nur noch ein paar unbewohnte Häuser, eine Tanzhalle und eben die Bar. Volles Haus ist trotzdem fast jeden Abend, denn für viele Menschen ist Luckenbach sowieso kein Ort, sondern ein Gefühl. Ein deutsch-amerikanisch-texanisches Gefühl.
„Ich bin eine Amerikaner-Deutsche und das hier ist meine Heimat“, sagt Roberta Ottmers - auf Deutsch mit rollendem Akzent. Im blaukariertem Hemd und mit Cowboyhut auf dem Kopf lehnt die 57-Jährige an einer Bar im Außenbereich des Saloons, in der Hand eine Flasche „Lone Star“-Bier. Ottmers ist noch in Luckenbach geboren und in die Grundschule gegangen, ihre Mutter war jahrzehntelang Barkeeperin im Saloon. Heute lebt Ottmers nur wenige Kilometer entfernt und kommt fast jeden Abend an die Bar in ihrem nicht mehr existierenden Heimatort. „Für mich ist das ein ganz besonderer Platz hier und ich will, dass das so bleibt.“
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Luckenbach als Handelsposten etabliert. Einige Jahrzehnte später gründeten ausgewanderte Deutsche an dieser Stelle in der flachen, weiten Ebene mitten in Texas - und 130 Kilometer von Austin und San Antonio entfernt - ein Dorf. Der Pfarrer August Engel ließ seine Tochter Minna den Namen aussuchen und die entschied sich für Luckenbach, den Nachnamen ihres Verlobten Albert. Das Dorf wuchs, bald gab es eine Schule, einen Hufschmied, eine Post, Bar und Tanzhalle und einen Tante-Emma-Laden.
Auch rund um Luckenbach herum siedelten sich viele Deutsche an. 20 Kilometer weiter liegt Fredericksburg, noch heute eine lebendige Stadt mit knapp 9000 Einwohnern, wo es im „Ausländer“-Restaurant zum Schnitzel Avocado und saure Sahne gibt und der Partykracher „Hörst du die Regenwürmer husten?“ aus den Boxen dröhnt. Daneben verläuft die Schmidtzinksy Road mit dem Gästehaus Schmidt, an der Imbissbude gibt es „hot würst“ und bei „Kühl“ wird Joghurt verkauft.
Einst sprachen sie hier in der Gegend alle Deutsch, erzählen Ottmers und ihr Freund Bobby Burg, der neben ihr an der Bar in Luckenbach lehnt. „Wir sind die fünfte Nachfolgegeneration der Einwanderer, aber zu Hause bei uns wurde nur Deutsch gesprochen. Englisch haben wir erst in der Schule gelernt.“ Sogar ganz eigene Wortkreationen aus Deutsch und Englisch finden sich hier mitten in Texas. Pfirsich heißt beispielsweise „pech“, abgewandelt vom englischen „peach“ und für einen platten Reifen benutzen die Luckenbacher die Formulierung „platte tire“ vom englischen „tire“ für Reifen.
Die spezielle Geschichte Luckenbachs sprach sich herum. Sogar Country-Star Willie Nelson widmete dem Ex-Dorf einen Song: “Luckenbach, Texas (Back to the Basics of Love)”. Der Ort wurde zur Touristen-Attraktion. „Gerade erst hatte ich wieder eine ganze Busladung Deutsche hier“, erzählt die Verkäuferin in dem kleinen Souvenirladen hinter der Bar, wo es Weihnachtsbaumschmuck, Magneten, T-Shirts und Aufkleber zu kaufen gibt. Die meisten Gegenstände ziert das Motto des Ortes: „Everybody is Somebody in Luckenbach“ (auf Deutsch etwa: In Luckenbach ist jeder Einzelne etwas Besonderes).
Die Luckenbacher Ottmers und Burg waren noch nie in Deutschland, erzählen sie an der Bar. Aber eines Tages würden sie gerne dort hinreisen. Bis dahin wollen sie ihre deutsche Tradition in Texas pflegen. „Wir reden immer, wenn wir hier sind, nur Deutsch. Wir haben ja sonst niemanden, mit dem wir das machen können. Das Deutsche in Luckenbach stirbt aus.“
Christina Horsten, dpa
„Ich bin eine Amerikaner-Deutsche und das hier ist meine Heimat“, sagt Roberta Ottmers - auf Deutsch mit rollendem Akzent. Im blaukariertem Hemd und mit Cowboyhut auf dem Kopf lehnt die 57-Jährige an einer Bar im Außenbereich des Saloons, in der Hand eine Flasche „Lone Star“-Bier. Ottmers ist noch in Luckenbach geboren und in die Grundschule gegangen, ihre Mutter war jahrzehntelang Barkeeperin im Saloon. Heute lebt Ottmers nur wenige Kilometer entfernt und kommt fast jeden Abend an die Bar in ihrem nicht mehr existierenden Heimatort. „Für mich ist das ein ganz besonderer Platz hier und ich will, dass das so bleibt.“
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Luckenbach als Handelsposten etabliert. Einige Jahrzehnte später gründeten ausgewanderte Deutsche an dieser Stelle in der flachen, weiten Ebene mitten in Texas - und 130 Kilometer von Austin und San Antonio entfernt - ein Dorf. Der Pfarrer August Engel ließ seine Tochter Minna den Namen aussuchen und die entschied sich für Luckenbach, den Nachnamen ihres Verlobten Albert. Das Dorf wuchs, bald gab es eine Schule, einen Hufschmied, eine Post, Bar und Tanzhalle und einen Tante-Emma-Laden.
Auch rund um Luckenbach herum siedelten sich viele Deutsche an. 20 Kilometer weiter liegt Fredericksburg, noch heute eine lebendige Stadt mit knapp 9000 Einwohnern, wo es im „Ausländer“-Restaurant zum Schnitzel Avocado und saure Sahne gibt und der Partykracher „Hörst du die Regenwürmer husten?“ aus den Boxen dröhnt. Daneben verläuft die Schmidtzinksy Road mit dem Gästehaus Schmidt, an der Imbissbude gibt es „hot würst“ und bei „Kühl“ wird Joghurt verkauft.
Einst sprachen sie hier in der Gegend alle Deutsch, erzählen Ottmers und ihr Freund Bobby Burg, der neben ihr an der Bar in Luckenbach lehnt. „Wir sind die fünfte Nachfolgegeneration der Einwanderer, aber zu Hause bei uns wurde nur Deutsch gesprochen. Englisch haben wir erst in der Schule gelernt.“ Sogar ganz eigene Wortkreationen aus Deutsch und Englisch finden sich hier mitten in Texas. Pfirsich heißt beispielsweise „pech“, abgewandelt vom englischen „peach“ und für einen platten Reifen benutzen die Luckenbacher die Formulierung „platte tire“ vom englischen „tire“ für Reifen.
Die spezielle Geschichte Luckenbachs sprach sich herum. Sogar Country-Star Willie Nelson widmete dem Ex-Dorf einen Song: “Luckenbach, Texas (Back to the Basics of Love)”. Der Ort wurde zur Touristen-Attraktion. „Gerade erst hatte ich wieder eine ganze Busladung Deutsche hier“, erzählt die Verkäuferin in dem kleinen Souvenirladen hinter der Bar, wo es Weihnachtsbaumschmuck, Magneten, T-Shirts und Aufkleber zu kaufen gibt. Die meisten Gegenstände ziert das Motto des Ortes: „Everybody is Somebody in Luckenbach“ (auf Deutsch etwa: In Luckenbach ist jeder Einzelne etwas Besonderes).
Die Luckenbacher Ottmers und Burg waren noch nie in Deutschland, erzählen sie an der Bar. Aber eines Tages würden sie gerne dort hinreisen. Bis dahin wollen sie ihre deutsche Tradition in Texas pflegen. „Wir reden immer, wenn wir hier sind, nur Deutsch. Wir haben ja sonst niemanden, mit dem wir das machen können. Das Deutsche in Luckenbach stirbt aus.“
Christina Horsten, dpa
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Allgemeine Zeitung
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