Der Feldzug

Wiebke Schmidt
Auf dem Weg nach Windhoek

General Bothas nächstes Ziel war Karibib, und er wollte keine Zeit verlieren. Am 26. April begann die UDF ihre Positionen in Husab und Riet zu räumen. Die Streitmacht, die Karibib besetzte, bestand aus der 1. und 2. Berittenen Brigade unter Major Brits, Oberst Lemmer und Oberst Alberts, der 3. Berittenen Brigade unter Brigadegeneral Myburgh und der 5. Berittenen Brigade unter Brigadegeneral Manie Botha. Oberst Skinners 3. Infanteriebrigade bildete den linken Flügel. General Louis Botha übernahm persönlich das Kommando der mittleren Flanke, die durch das trockene Flussbett des Swakop-Riviers marschierte.

Karibib war rasch erreicht. General Botha zog über Salem und Kaltenhausen nach Otjimbingwe weiter und besetzte den Ort am 2. Mai. Die Brigadegeneräle Myburgh und Manie Botha hatten den Auftrag, mit ihren Truppen die Bahnlinie bei Wilhelmstal rund 50 Kilometer östlich von Karibib zu blockieren. Sie trafen am
5. Mai in Karibib ein und überzeugten den Bürgermeister, der ihnen mit einer wei­ßen Flagge entgegentrat, sich mit seiner Stadt zu ergeben. Die Einwohner erfuhren zu ihrer Überraschung, dass die Schutztruppe den Süden der Kolonie bereits geräumt und sich nach Norden zurückgezogen hatte.

Drei Tage später waren Myburgh und Manie Botha in Wilhelmstal und blockierten ihrem Auftrag gemäß die Bahnlinie. Oberst Skinner war mit einer Abteilung des Imperial Light Horse Regiments von Trekkopje über Groß Aukas und Ebony nach Usakos gezogen und hatte den Ort besetzt. Auch dort fiel kein Schuss. Damit befand sich die Umgebung von Karibib fest in der Hand der UDF.

Windhoek war ein leichtes Ziel, denn die Schutztruppe war im Norden zusammengezogen. Mit einer Abteilung gepanzerter Fahrzeuge zog General Botha am 12. Mai in die Hauptstadt der deutschen Kolonie ein. Die Besetzung der Hauptstadt war natürlich erwartet worden. Bereits am 6. April hatte die Kolonialverwaltung beschlossen, nach dem Abzug der Schutztruppe alle Befugnisse auf Bürgermeister Peter Müller zu übertragen. Gouverneur Seitz verließ Windhoek am 1. Mai, Oberst­leutnant Franke folgte ihm am Tag darauf, und die Reste der Schutztruppe rückten am 7. Mai ab. Als General Botha fünf Tage später einmarschierte, wurde ihm die Stadt von Bürgermeister Müller offziell übergeben.

Damit war der Hauptzweck des UDF-Feldzugs erreicht: Die Windhoeker Funkstation mit ihrer 100 Meter hohen Antenne befand sich in südafrikanischer Hand. Sie galt als der zweitstärkste Sender der Welt. Nur war sie Mitte Mai 1915 nicht mehr funktionsfähig, denn ihre Techniker hatten bereits die wichtigsten Teile der Generatoren und Sendeanlagen entfernt.

Dafür erbeutete die UDF in Windhoek zahlreiche Waggons und Lokomotiven, die den Transport von Nachschub, der an der Küste lagerte, erheblich erleichtern würden. Bei näherer Betrachtung zeigte sich jedoch, dass auch in diesem Fall wichtige Betriebsteile entfernt worden waren. In dem Bemühen, diese Teile ausfindig zu machen, wurde ein Aufruf an die Öffentlichkeit veröffentlicht. Die Reaktion war so günstig, dass die Lokomotiven innerhalb weniger Tage wieder flott gemacht werden konnten.

Oberst Mentz wurde zum Militär-Gouverneur von Windhoek ernannt, sein Assistent war Oberstleutnant de Waal. Die beiden waren auch für die übrigen eroberten Ortschaften zuständig und hatten zahlreiche Probleme zu bewältigen. Darunter die Versorgung der Zivilbevölkerung mit Lebensmitteln, denn die Schutztruppe hatte bei ihrem Rückzug nach Norden alle Vorräte mitgenommen. Mitte Mai gab es kaum noch Maismehl in Windhoek, und die vorhandenen Reste wurden zu schwindelerregenden Preisen verkauft. Abgesehen von der Lebensmittelknappheit bereitete dem neuen Gouverneur die Haltung der eingeborenen Bevölkerung Sorge. Viele waren unter dem Eindruck, dass sie nun, da das deutsche Joch abgeschüttelt war, nie wieder zu arbeiten bräuchten, da die UDF für ihren Unterhalt sorgen werde.

Erste Friedensfühler

Nach der Besetzung der Hauptstadt befand sich die deutsche Kolonialverwaltung in einer verzweifelten Lage. Am Tag, nachdem sich Windhoek ergeben hatte, sprach sich Gouverneur Seitz in einem Schreiben an General Botha dafür aus, die Kampfhandlungen einzustellen. Botha zeigte sich verhandlungsbereit. Unterdessen besprach General Smuts die Sache mit dem General-Gouverneur von Südafrika. Er teilte General Botha am 15. Mai per Telegramm mit, dass die bedingungslose Kapitulation der Schutztruppe die einzige annehmbare Grundlage zur Beendigung des Krieges sei.

Die ersten Friedensgespräche fanden an der Giftkuppe zwischen Omaruru und Karibib statt. General Botha erschien in Begleitung von Oberst Collyer, Major Bok und Hauptmann Esselen. Gouverneur Seitz und Oberstleutnant Franke vertraten die deutsche Seite. Seitz schlug ein Waffenstillstandsabkommen vor, das für die Dauer des Krieges in Europa gültig sein sollte. Außerdem bot er an, die Kolonie zwischen der UDF und der Schutztruppe zu teilen: Die UDF könne die Kontrolle über das eroberte Gebiet übernehmen, aber für den Norden bleibe die Schutztruppe zuständig. Dazwischen würde eine zwei Kilometer breite neutrale Zone eingerichtet. Und als letzter Punkt sollten alle Kriegsgefangenen ausgetauscht werden.

General Botha lehnte die Vorschläge ab und forderte die bedingungslose Kapitulation. Gouverneur Seitz hielt dagegen, dass er seitens der Regierung des Deutschen Reiches dazu nicht befugt sei, zudem habe die UDF nur einen Teil der Kolonie erobert. Er und Oberstleutnant Franke kehrten nach Grootfontein zurück. General Botha begab sich nach Karibib, um die Kampfhandlungen fortzusetzen. Am 2. Juni schrieb er an General Smuts, dass der Vormarsch in den Norden voraussichtlich in acht Tagen beginne und dass innerhalb eines Monats mit der Kapitulation der deutschen Kolonialstreitkräfte zu rechnen sei.

Nur noch eine Frage der Zeit

Zusammen mit den Vorbereitungen auf den Marsch nach Norden fand eine Umstrukturierung der Fronteinheiten statt, da der Nordarmee Truppenteile aus dem Süden angegliedert wurden. Die Taktik, mit der General Botha vorgehen wollte, ähnelte der berühmten Zulu-Phalanx ‚umzingelnde Bullenhörner‘. Seine Infanterie in der Mitte sollte den ‚Kopf‘ bilden und die berittenen Brigaden die ‚Hörner‘.

Der Vormarsch der verschiedenen Formationen war folgendermaßen geplant: Die Infanterie sollte an der Bahnlinie entlang nach Norden marschieren. General Botha würde den Oberbefehl übernehmen, unterstützt von Manie Botha mit der 5th Free State Mounted Brigade und Henry Lukins South African Mounted Riflemen in der Mitte des Zuges. Ab Okasise und Wilhelmstal sollte Myburgh mit der 2. und 3. Berittenen Brigade den rechten Flügel bilden und Brits mit der 1. Berittenen Brigade den linken. Rechts von Myburgh sollte Alberts mit seiner Kolonne über Okahandja und den Waterberg nach Norden ziehen.

Am 18. Juni begann der Abmarsch. Am 20. setzte Brits zu einem Überraschungs­angriff auf Omaruru an und nahm die Stadt ohne Widerstand ein. Das nächste Ziel war Kalkfeld, die letzte Ortschaft, in der nennenswerter Widerstand erwartet wurde. Angeblich hatte sich dort eine starke Schutztruppen-Einheit verschanzt. Am 23. Juni stießen Brigadegeneral Manie Botha und Brigadegeneral Lukin mit ihren Truppen zu Oberst Brits. Als sie am folgenden Tag in Kalkfeld eintrafen, deutete jedoch nichts auf die Anwesenheit der Schutztruppe hin.

Nun stand eine wasserlose Strecke von 70 Kilometern nach Otjiwarongo bevor. Auch diesen Ort hatte die Schutztruppe bereits vor der Ankunft der erschöpften UDF-Einheiten geräumt. Das 5th Mounted Rifles Regiment und die South African Mounted Riflemen marschierten am 27. Juni aus Otjiwarongo ab und erreichten drei Tage später Otavifontein.

Tags darauf traf die Free State Mounted Brigade unter Brigadegeneral Manie Botha beim Elefantenberg, rund 10 Kilometer östlich von Otavifontein, auf eine starke Schutztruppen-Einheit. Brigadegeneral Lukins Truppen hatten sich weiter östlich Rich­tung Eisenbergnek gehalten und fanden sich in einer schwer verminten Gegend wieder. Am 4. Juli war auch Oberst Beves mit seiner Truppe in Otavifontein angelangt. Oberst Brits war von Otjiwarongo in nordwestliche Richtung weiter nach Outjo gezogen und von dort nach Ombika, Okaukeujo und Rietfontein. Am 5. Juli war er in Namutoni.

Unterdessen marschierte Brigadegeneral Myburgh an der Bahnlinie entlang Richtung Tsumeb, um die Schutztruppe von Osten her einzukreisen. Außerdem befanden sich in Tsumeb große Mengen Nachschub und Verpflegung – und auch das Kriegsgefangenenlager der Schutztruppe. Ferner sollte Myburgh verhindern, dass die Schutztruppe durch den Caprivizipfel nach Deutsch-Ostafrika entkam. Am 5. Juli nahm er Tsumeb mit minimalem Widerstand ein.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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