Der bequeme Weg in den Dschihad - Deutsche Islamisten in Syrien

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Der Weg von Deutschland in den «Heiligen Krieg» ist ein leichter. Ein Personalausweis, ein paar hundert Euro, ein Flugticket in die Türkei und von dort über die Grenze nach Syrien - schon sind angehende Dschihadisten im Kampfgebiet.


Mehrere hundert Islamisten aus Deutschland haben sich schon auf den Weg in das Bürgerkriegsland gemacht, mehrere tausend aus anderen Staaten. Und der Ansturm nimmt kein Ende. Prominente der deutschen Islamisten-Szene ziehen unaufhörlich Gleichgesinnte nach. In der Türkei werden sie nur selten aufgehalten. Entlang der 900 Kilometer langen Grenze zu Syrien gibt es viele Schlupflöcher.


EU-Staaten schauen seit längerem kritisch auf die Reiseroute durch die Türkei. Der Vorwurf: Dschihadisten aus Europa könnten ungehindert nach Syrien gelangen - die Türkei tue nicht genug, um sie zu stoppen.


Im Dezember erschien in der regierungsnahen türkischen Zeitung „Habertürk“ ein Bericht, der ein anderes Bild zeichnete: Die Türkei habe 2013 insgesamt 1100 angereiste Dschihadisten aus Europa festgenommen und in ihre Heimat zurückgeschickt, hieß es dort. Viele angeblich auch aus Deutschland. Einen Bericht darüber habe Ankara auch an die deutsche Regierung geschickt.


Nur: Die Bundesregierung weiß nichts von alldem. Weniger als zehn solcher Abschiebefälle habe es 2013 gegeben, antwortet die Regierung auf eine aktuelle parlamentarische Anfrage. Und der Report der türkischen Regierung? „Nicht bekannt.“


Deutsche Sicherheitskreise beäugen das Vorgehen der Türkei mit Skepsis. Das Land sei ein Vorbereitungsraum für Dschihadisten aus Europa auf dem Weg in das Kriegsgebiet, heißt es dort. „In der Türkei versammeln sie sich und gehen dann über die Grenze. Da wünscht man sich schon ein stärkeres Eingreifen der türkischen Behörden. Die Zusammenarbeit ist durchaus verbesserungsfähig.“


Syrien zieht massenhaft Extremisten aus dem Ausland an. Nach Angaben aus US-Sicherheitskreisen sind es bislang 7000 ausländische Kämpfer aus etwa 50 Ländern. Andere Schätzungen liegen weit höher. Mehr als 2000 haben sich aus Europa dorthin auf den Weg gemacht. Und mehr als 270 aus Deutschland. Die deutschen Zahlen sind sprunghaft gestiegen. Mitte 2013 zählte der Verfassungsschutz noch gut 60 Ausgereiste aus Deutschland, Ende des Jahres waren es schon viermal so viel.


Die meisten sind junge Männer zwischen 18 und 25 Jahren, aber auch Minderjährige sind dabei. Und zuletzt brachen vermehrt Frauen aus Deutschland mit ihren Männern Richtung Syrien auf.


Viele folgen dem Ruf führender Köpfe der Islamisten-Szene. Einer davon ist Denis Cuspert. In seinem alten Leben nannte er sich „Deso Dogg“, lebte in Berlin, schimpfte reimend gegen alles und jeden, posierte muskelbepackt und tätowiert mit dicken Silberketten vor protzigen Autos - ein Gangsta-Rapper eben. Nun ist er in Syrien und hetzt über das Internet gegen die „Ungläubigen“ der westlichen Welt.


Cuspert nennt sich heute Abu Talha Al-Almani. Nach einer schweren Verletzung bei einem Luftangriff meldete er sich zuletzt im Dezember mit einem langen Internet-Video zu Wort. Der Rap-Protz ist verschwunden. Er trägt nun Häkelmütze, Brille, Hemd und Strickjacke.


In dem Video schwärmt Cuspert vom Dasein als Dschihadist („Wir leben hier in einer Villa, am Rande des Schlachtfeldes“), ruft dazu auf, zum Kämpfen nach Syrien zu kommen („Führt Dschihad, denn es ist eine Pflicht“) und appelliert auch an Frauen, mit ihren Männern zu gehen („Es gibt immer was zu tun - und wenn ihr nur die Häuser putzt“).


Cuspert ist einer der wichtigsten Köpfe der inzwischen verbotenen salafistischen Vereinigung „Millatu Ibrahim“. Er setzte sich rechtzeitig vor dem Verbot ab, wie einige andere aus dem „Millatu-Ibrahim“-Netz. Sie ziehen nun junge Mitstreiter nach.


Regelmäßig kommen aus Syrien Meldungen über getötete deutsche Islamisten. Mehr als 15 sind laut Verfassungsschutz bislang dort gestorben. Sorge bereiten den Sicherheitsbehörden vor allem jene, die zurückkehren - radikaler und fanatischer als zuvor, im Zweifel militärisch ausgebildet und kampferprobt. Mehr als 50 Rückkehrer aus Syrien gibt es bereits, etwa ein Dutzend davon hat Kampferfahrungen. Verfassungsschützer haben sie deshalb besonders im Auge. Konkrete Anhaltspunkte für Anschlagspläne gebe es aber nicht, versichern sie.


Dass die Reisen nach Syrien weniger werden, ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil. Fachleute meinen deshalb: Der Schlüssel, um die Entwicklung einzudämmen, liege in der Türkei.


Von Christiane Jacke, dpa

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Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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