Buschleute gehen auf Safari
Buschleute gehen auf Safari

Buschleute gehen auf Safari

Vom 9. bis 19. Dezember ging eine Gruppe von 35 Buschleuten aus der Nähe von Grootfontein auf eine Rundfahrt quer durch Namibia. Die Tour wurde von vier Reiseunternehmen organisiert. Zum ersten Mal haben diese Menschen ihre Heimatregion verlassen und etwas von dem Land gesehen, in dem sie seit Generation leben. Der zehntägige Ausflug führte sie unter anderem nach Etosha, zum Brandberg, nach Cape Cross, Swakopmund und Walvis Bay.

Ob das Meer böse auf sie sei, weil es so hohe Wellen schlage, fragen die Buschleute misstrauisch. Sie stehen am Cape Cross und blicken gebannt auf den Atlantischen Ozean, den sie in diesem Augenblick zum ersten Mal sehen - wie so vieles in den vergangenen Tagen. Kurz darauf überschlagen sich die Stimmen, ein unverständlicher Wirrwarr aus Schnalzlauten ertönt.

Die meisten von ihnen - vor allem die Frauen und Kinder - bleiben im Hintergrund, die schäumenden Wellen sind ihnen nicht geheuer. Ein paar einzelne wagen sich schließlich doch näher heran und stecken vorsichtig den großen Zeh ins Wasser. "Wir haben versucht, einen zu fangen. Der dachte wohl, wir wollten ihn ins Meer schmeißen und ist davon geflitzt wie ein Weltmeister", sagt Werner Pfeifer von "Bush Culture Experience" und schmunzelt.

Gemeinsam mit "Eagles Rock Tours & Safaris", "Easy Travelling Ways" und "Bwana Tucke-Tucke", ebenfalls Reiseveranstalter aus Namibia, hat der 41-Jährige die zehntägige Rundfahrt für die Buschleuten aus Grashoek organisiert und wurde dabei von etlichen Sponsoren unterstützt.

"Es macht unglaublichen Spaß, mit diesen Menschen unterwegs zu sein", erzählt Pfeifer, während er den sandfarbenen Kleinbus steuert. Insgesamt hat er 35 Ju//Hoansi an Bord, darunter zehn Kinder unter fünf Jahren. Die ältesten zwei Mitreisenden sind etwa 75, genau sagen könne das keiner.

"Wir haben es hier nicht mit Touristen zu tun, die schon um die halbe Welt gereist sind und nun Namibia auf ihrer Liste abhacken wollen", sagt Pfeiffer. Am liebsten würde er eine Stiftung gründen und nur noch Touren dieser Art machen. "Man kann es den Leuten ansehen. Sie freuen sich unglaublich über diese Reise, auch über jede Kleinigkeit."

Die Organisatoren wollten den Buschleuten mit dieser Rundfahrt auch die Möglichkeit geben, die Werbetrommel für ihr "Historic Living Village" zu rühren. Seit eineinhalb Jahren betreiben sie in ihrem Heimatdorf in Grashoek ein "Lebendes Museum", wo Touristen die traditionelle Lebensweise der Ju//Hoansi kennen lernen können. Sie zeigen ihren Besuchern den Umgang mit Pfeil und Bogen oder die Fertigung von Seilen und Schlingen. Pfeifer hat dieses Projekt gemeinsam mit den Buschleuten auf die Beine gestellt. Die Idee kam ihm während seines Geografie- und Biologie-Studiums in Kiel und Skandinavien. Dort lernte er "lebende Wikingermuseen" kennen. Nach seinem Uni-Abschluss arbeitete er selbst für einige Jahren in solchen Einrichtungen als freischaffender "Steinzeit- und Wikingerlehrer". Seine dort gemachten Erfahrungen brachte er mit zurück nach Namibia. "Wikinger hat es im südlichen Afrika nie gegeben, dafür aber Buschleute, die sich sofort von diesem Konzept begeistern ließen."

In ihrem Museum leben die San auf traditionelle Art und Weise: Sie jagen und sammeln, tragen selbst hergestellte Kleidung und wohnen in kleinen Grashütten. Die Materialien hierfür besorgen sie sich aus der Natur rings um sie herum. "Das ?Historic Living Village' stellt für diese Menschen nicht nur eine Einnamequelle dar", erzählt Pfeifer stolz. Sie hätten auch erkannt, dass ihre Kultur etwas wert sei, dass andere Menschen sich für ihre Lebensweise interessierten und auch bereit seien, von ihnen zu lernen.

Inzwischen kümmern sich die Buschleute ganz alleine um ihren Kultur- und Wirtschaftsbetrieb. Nur für die Werbung ist Pfeifer nach wie vor zuständig. "Mit diesem Projekt leisten sie auch einen Beitrag zum Erhalt ihrer Kultur - für mich eine Erfolgsgeschichte, die Schule machen könnte", sagt Peter-Hain Kazapua von "Easy Travelling Ways".

Kurz vor ihre Heimfahrt trafen die Buschleute am Samstagabend in Rooibank auch eine Namagruppe aus der Naukluft und stellten ihnen ihr "Lebendes Museum" vor. Diese Nama wollen demnächst ein ähnliches Projekt auf die Beine stellen.

Tag zwei am Meer. Die ersten Berührungsängste sind überwunden, ganz geheuer ist den Safaritouristen aus Grashoek das Wasser aber immer noch nicht. Vorsichtig klettern sie im Hafen von Walvis Bay auf ein kleines Motorboot, das kurz darauf zu einer einstündigen Rundfahrt ansetzt. Gleich werde ein "großer Hund" an Bord springen, warnt Steuermann Walter Schäfer von "Mola Mola Safaris". Ein riesiger Seelöwe hopst Sekunden später über die Reling und schnappt nach den zur Belohnung gebotenen Fischen. Nach einigen Schrecksekunden haben sich die Buschleute an den neuen Passagier gewöhnt und freuen sich über die kleinen Kunststücken, die Schäfer und sein dressiertes Tier präsentieren. Nachdem die Robbe zurück ins Wasser gesprungen ist, lässt der Kapitän ein paar seiner Tourteilnehmer ans Steuer. Die soeben zu Schiffsführern beförderten Buschleute haben unglaublichen Spaß und brausen mit Vollgas durch die Lagune von Walvis Bay.

Wieder im Bus ahmen sie äußerst leb- die beispielhaft die Bewegungen und Laute des Seelöwen nach. Auf diese Weise erklären sie denjenigen, die nicht mit dabei waren, was sie gerade erlebt haben. "Die Ju//Hoansi verfügen über eine erstaunliche Auffassungs- und Beobachtungsgabe und sind sehr interessiert, gerade wenn es um Tiere geht", sagt Pfeifer. "Nachdem wir ihnen vom Etosha-Park erzählt hatten, wollten sie auch unbedingt dorthin fahren." Sie hofften die Tiere zu sehen, die sie nur noch aus Volkserinnerungen kennen, wie Elefanten, Löwen, Giraffen oder Eland-Antilopen. "Wir hatten Glück und konnten ihnen auch fast alle zeigen", erzählt der Tourguide. Die Buschleute seien sehr beeindruckt gewesen, zwischendurch hätten sie allerdings richtig Angst bekommen. "Sie zweifelten, ob das dünne Glas und das bisschen Blech wirklich ausreichenden Schutz bieten. Wie hätten sie das auch wissen sollen. Die meisten saßen schließlich zum ersten Mal in solch einem Fahrzeug."

Sehr fasziniert waren die Buschleute außerdem von den Felsmalereien am Brandberg. Beim Besuch der "Weißen Dame" in der Tsisab-Schlucht erkannte der traditionelle Heiler dieser Gruppe sogar seine Berufsklasse wieder. Die Figur, die hinter der "Weißen Dame" herlaufe, stelle einen Tänzer dar - für die Ju//Hoansi die erste Stufe der Heilerlaufbahn. "Diese Buschleute kommen aus der Kalahari. Die Kunst der Felsmalerei können sie daher überhaupt nicht kennen", sagt Pfeifer. Trotzdem habe Guntha, so der Name des Heilers, die etwa 1.500 Jahre alten Gravuren sofort einordnen können.

Interessant sei auch das gemeinsame Reisen im Bus gewesen. "So ein enges Aufeinandersitzen sind die eigentlich nicht gewöhnt", erzählt Sebastian Dürrschmid. Der 26-jährige Austauschstudent aus Chemnitz begleitete gemeinsam mit Pfeifer, Peter-Hain Kazapua und Kathrin Gebhardt von "Bwana Tucke-Tucke" die Buschmänner auf ihrer zehntägigen Tour. Vor allem die Frauen hätten sich häufiger gezankt, in erster Linie wenn es ums Essen gegangen sei. "Solche kleinen Konflikte sind aber sofort ausdiskutiert worden. Nach einer kurzen Auseinandersetzung war alles wieder vorbei", sagt Dürrschmid. Auch an die unbequemen Sitze hätten sich die reisenden Ju//Hoansi schnell gewöhnt. "Sie haben im Bus gesungen und getanzt, auch zu moderner Musik, die wir ihnen vorgespielt haben." Besonders begeistert seien sie von Elvis Presley und Johnny Cash gewesen.

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Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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