Briefe 1893 - 1904 (V. Brief - Teil 1/4)
Briefe 1893 - 1904 (V. Brief - Teil 1/4)

Briefe 1893 - 1904 (V. Brief - Teil 1/4)

Von Hans Warncke alias „Hans Waffenschmied“ aus Windhoek und Hamakari
Wiebke Schmidt
Gross-Windhoek, Sonntag, den 17. Juni 1894

Lieber Friedel,

deinen Brief habe ich damals Ende März, als das Schiff in Swakopmund ankam, um welche Zeit ich gerade unten war, erhalten und mich sehr gefreut und ihn oft gelesen und an dich gedacht. Du wirst gewiß schon 2 Briefe von mir an die Eltern hier aus Afrika gelesen haben und weißt meine Erlebnisse schon, doch denke ich, wird dich manches doch noch interessieren. Da will ich doch meine erste Reise mal ausführlicher erzählen.

Also Neujahr verlebten wir schon am Lande, Sylvester Abend landeten wir und feierten, unter freiem Himmel auf dem kahlen Sande schlafend, ein elendes Sylvesterfest. 5 Tage lagen wir so da am Strande und richteten uns in einem aus Treibholz errichteten Häuschen ein notdürftiges Unterkommen ein. Wir warteten auf Wagen und Ochsen, aber als endlich ein Engländer mit einem Wagen kam, wollte der 100 Mark bis Otjimbingue für die Fahrt haben. So entschlossen Mauer, der Sohn des alten Schurz und ich uns, nach Otjimbingue zu gehen, erstere, um dort Ochsen für ihre Wagen zu kaufen, ich, um vielleicht von dort Gelegenheit nach Windhoek zu haben oder sonst mit zurückzugehen und mit Mauer und mit meinen Sachen hinaufzufahren. Hierbei will ich bemerken, daß Mauer ein vermögender Mann ist, circa 80 Centner an Sachen und einen großen Wagen mithatte. Er hatte seine Frau und ein kleines Mädchen mit und einen Schmied, der als sein Untergebener mitgenommen war. Die andere Familie namens Schurz waren Mann und Frau, beide schon Mitte 50 Jahre, nicht sehr bemittelt, dann 3 Knaben von 12-6 Jahren, 2 Töchter von 19 und 21 Jahren, und ein Sohn von 25 Jahren mit seiner jungen Frau. Sie hatten einen gewöhnlichen deutschen Ackerwagen mit. Also, wir 3 tappten eines guten Morgens los, als Führer hatten wir einen riesigen, aber sehr häßlichen Herero mit, namens Lukas, der aber kein Wort holländisch verstand und überhaupt sehr dumm war. Wir hatten jeder 1 Flinte, 1 Decke, 1 Feldflasche, 1 Tasche mit Lebensmittel mit; Mauer außerdem einen großen Kessel und mehr Proviant, was der Führer trug. Wir marschierten in 3 Stunden bis Nonidas immer im Flußbett des Swakop, da der Lukas den Weg auf der Fläche nicht kannte. Es war tiefer Sand im Flußbett und es ging sich sehr schwer. In Nonidas, wo eine Pferdestation war, nämlich eine Masse Pferde von einigen Schwarzen bewacht, frühstückten wir erst, im Flußbett und fanden hier und da an gewissen Stellen Wasser. Nach 2 Stunden Rast ging es weiter immer im Flußbett entlang, bald sahen wir auch Gestrüpp und Bäume am Fluß wachsen, oft gingen an den Seiten die Felsen turmhoch in die Höhe, wir kamen bald ganz ins Gebirge. So marschierten wir noch 5-6 Stunden und es war schon spät am Nachmittag, da sahen wir einen Soldaten am Ufer stehen und weiter hinten das Dach einer Hütte. Es war Kanakondis, eine Militärstation, wo ein Unteroffizier und 3 Mann waren. Wir bekamen dort Brot und Kaffee und schliefen die Nacht dort. Am anderen Tag ging es zeitig wieder los, immer im Flußbett. Die Hitze war schrecklich, dazu der tiefe Sand, doch war wenigstens ab und zu Wasser da, um unseren brennenden Durst zu löschen. Mittags machten wir 3 Stunden Rast, wir wollten bis Usap. Wir frugen zuletzt jeden Moment Lukas, ob wir noch nicht dort seien, doch er schüttelte nur den Kopf. So wurde es Abend, da endlich kamen die Worte aus seinem Mund: Usap - wir waren am Ziel, es war zwischen hohen Felswänden, auf der einen Seite ein Gehölz, an dessen Rande ein Wasserloch. Die Sonne ging gerade hinter der Felswand unter. Wir warfen uns müde auf die Erde hin, Lukas machte ein Feuer und setzte den Kessel mit Reis drauf. Wir aßen also Reis und tranken dann Kaffee, hierauf legten wir uns im Schatten des Gehölzes hin und wickelten uns in unsere Decken und schliefen auch bald ein. Anderen Morgen kochten wir erst Kaffee, dann ging es weiter im Flußbett. Dann ging der Fluß plötzlich rechts und links eine Schlucht hinauf, in der ein Fahrweg hinaufführte. Dort stand Lukas still, wies die Schlucht hinauf und sagte: Otjimbingue! Nur indes hatte der Unteroffizier gesagt, der Weg ginge rechts vom Fluß in die Höhe, was ein anderer Weg war. Daher mißtrauten wir dem Führer und berieten lange. Lukas machte jetzt begreiflich, wir wollten kochen und warten bis die Sonne schräg stünde, wobei er immer in die Ferne zeigte und sagte: „Omewa kak” (Wasser nichts). Ich stimmte bei und sagte den 2 anderen, auf dem Weg sei gewiß lange kein Wasser und wenn wir jetzt gerade in der Sonnenhitze marschierten, würden wir bald Durst und Hunger kriegen. Daher wollten wir lieber kochen und uns satt essen und trinken und gegen Nachmittag weitergehen und die Nacht auch, wenn es eben nicht so heiß sei und wir nicht solchen Durst bekämen. Aber die 2 anderen überstimmten mich, indem sie sagten, wir könnten doch nicht, nachdem wir die Nacht geruht, noch den ganzen Tag versäumen und müssten machen, daß wir nach Otjimbingue kämen. So gingen wir los und es war schon heiß. Etwa 1 Stunde ging es die Schlucht hinauf, dann waren wir oben auf der Fläche des Gebirges und sahen über eine weite Fläche hin, ab und zu mit Felstrümmern besät, ab und zu ein niedriges, stacheliges Gebüsch, ab und zu ein paar Grashalme. In der Ferne vor uns sahen wir eine Gebirgskette, in der gerade vor uns eine Lücke war. Wir dachten, es sei 1 Stunde, aber wir marschierten und marschierten und kamen nicht näher. Unsere Flaschen waren leer und wir hatten schon wieder Durst, und die Sonne brannte glühend auf der kahlen Fläche auf uns herab, aber wir wollten doch bis an die Felsenpforte. So gingen wir 4 Stunden, dann waren wir da, als die Sonne hoch im Mittag stand. Aber die Hoffnung, Wasser zu finden, betrog uns. Auf alle Fragen sagte unser Lukas nur: „Omewa kak” mit stoischer Ruhe.

So waren wir bei den Felsen, alleine die Sonne stand senkrecht und Schatten war nicht zu finden, kein Baum vorhanden, aber wir waren müde und schlapp und so lagen wir 2 Stunden in der glühenden Hitze auf dem Felsboden hingestreckt, dann trieb uns der brennende Durst auf, wir mußten ans Wasser, also weiter. Etwa 1 Stunde waren wir gegangen, da kamen uns 4 Schwarze entgegen, von denen einer etwas Holländisch sprach und sagte, wir kämen ans Wasser, wenn die Sonne unter, was er mit der Hand wies.

Das war eine niederschmetternde Nachricht, indes was half es, wir schleppten uns weiter. Meine beiden Gefährten fingen jetzt an, schlapp zu machen und gingen immer langsamer, bis 5 Uhr ungefähr, dann brach erst Schurz und dann gleich Mauer zusammen, sie konnten knapp noch reden, so trocken war ihr Mund. Auch ich war ganz ausgedörrt, doch raffte ich alle Energie zusammen und ging weiter mit dem Führer, während die 2 anderen liegenblieben. Ich muß gestehen, ich dachte nur an mich, der Selbsterhaltungstrieb im Menschen tritt in solcher Lage in sein Recht. So eilten wir 2 weiter, die Sonne sank immer tiefer, mein Durst wurde immer rasender. Zu unseren Seiten sprangen ganze Rudel von Springböcken auf, ich achtete nicht darauf, immer vorwärts! Wasser! Wasser! Jetzt war die Sonne schon hinter den Bergkämmen gesunken, die Dämmerung brach schnell herein. Wenn es erst dunkel war, dann war es vorbei mit dem Wasserfinden.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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