Bekannt in einem fernen Land

Wie die Band Krogmann in Namibia ganz unbemerkt zum Hit wurde
WAZon-Redakteur
Von Robert Hofmann, Windhoek

„Surreal, dass ich heute hier bin“, findet Stefan Krogmann. 2013 hat er einen Song geschrieben. Heute, im Januar 2018, sitzt er dieses Songs wegen in Joe`s Beerhouse und isst sein Kudu-Steak medium rare. Der Song heißt „Namibia“, hat aber mit dem Land selbst wenig zu tun.

In Deutschland ist die Band Krogmann, der Stefan Krogmann seinen Nachnamen zur Verfügung stellt, den Wenigsten ein Begriff. Ansässig ist sie in Potsdam, Stefan selbst wohnt in Berlin. Sie selbst bezeichnet sich als Hobby-Band und selbst Leadsänger Stefan muss nebenher ganz seriös zwanzig Stunden als IT-Manager arbeiten. Trotzdem wirkt der 37-Jährige jünger als er ist. Er trägt einen dunklen und gepflegten Vollbart, kurze Hosen und ein ärmelloses Shirt. Seine Augen werden vom Schatten einer Baseball-Mütze bedeckt. Zahlreiche Lachfalten gehen davon ab. „Es ist einfach schwer, heutzutage mit Musik Geld zu verdienen – vor allem, wenn man eine sechsköpfige Band ist.“

Zu seichter Melodie, mit sanfter Stimme singt Stefan Krogmann den Text von „Namibia“. Krogmann will nicht, dass man ihren Musikstil auf ein Genre runterbricht. „Na gut, wenn ich mich festlegen müsste, wäre es wohl so etwas wie deutscher Poprock. Aber wir haben auch Songs, die eher jazzig oder punkig sind“, sagt Stefan Krogmann. In „Namibia“ geht es um eine Begegnung im Buchladen. Das Lyrische Ich arbeitet dort und langweilt sich.

Die Tür geht auf - Ich bin kurz abwesend
Im nächsten Moment steht wer vor mir auf der andern Seite des Tresens
Fragt mich nach einem Buch über Namibia
Ich erstarre, als wärs ein Codewort für Gefahr

Ich ergreife den Moment und sage: „Na klar!
Ich war doch schon mal in Namibia – ich könnte Dir darüber erzählen,
vielleicht bei einem Drink in einer Bar“
Wie ferngesteuert willigt sie ein: „Das wäre toll – oh JA“

Namibia – Gefahr. Mehr Inhalt erhält der Name des Landes in dem Lied nicht. Trotzdem ist eine exotisch-gefährliche Assoziation immer noch eine vorteilhaftere als zum Beispiel die eines Donald Trumps.

Wie der Song im Juni 2017 nach Namibia gekommen ist, weiß Wilfried Hähner heute nicht mehr. Er ist Geschäftsführer von Hitradio Namibia und kennt das Lied sehr gut. „Unser damaliger Musikredakteur Alex ist darauf gestoßen. Wir haben es in die Rotation aufgenommen und unsere Zuhörer waren begeistert. Normalerweise bekommen wir keinen Rücklauf zu den Songs, die wir spielen. Es sei denn, die Leute finden sie schrecklich. Aber hier haben wir zahlreiche Rückmeldungen erhalten.“

Bald war „Namibia“ in der A-Rotation. Das heißt, dass der Song in der Liste war, die der Sender am häufigsten spielte. Dreimal am Tag lief er im Juni und Juli. Und auch heute wird er noch zweimal pro Woche gespielt. „Dass Songs von der A-Rotation genommen werden, ist ganz normal. Sonst würden sie den Zuhörern irgendwann auf die Nerven gehen, und das will ja auch keiner“, erklärt Hähner. Krogmann war nun also ein kleiner, aber heller Star in Namibia. Nur wusste Stefan Krogmann selbst nichts von seinem Ruhm – wie auch? Hitradio Namibia richtet sich an Namibier und Deutsche, die sich Namibia verbunden fühlen.

Die Geschichte hätte hier enden können. Wie die Geschichte von Sixto Rodriguez, einem Singer-Songwriter aus den USA, der in den 70ern einige wenige Alben veröffentlicht hatte, aber nie den großen Durchbruch erleben durfte. Ohne dass er davon wusste, war seine Musik bis nach Südafrika gelangt, wo Rodriguez zum Megastar avancierte. Nur dass niemand in Südafrika wusste, was aus ihm geworden war. Tatsächlich war Sixto Rodriguez lebendig und lebte bescheiden mit seiner Familie irgendwo in den USA. Und so hätte es auch mit Krogmann enden können, nur dass es heute das Internet gibt und alles mit allem vernetzt ist.

Und dann kam Birgit Mohrmann. Die 40-jährige Windhoekerin hatte „Namibia“ im Radio gehört und war neugierig geworden. Wer mochte diese Band sein, die da über ihr Heimatland sang? Sie versuchte, Krogmann im Internet aufzuspüren, „aber ich konnte einfach nichts finden“, sagt sie und erzählt „Ich höre sonst eigentlich nie Radio, das war also ein absoluter Zufall, dass ich auf Krogmann gestoßen bin“. Auf Facebook wurde sie schließlich fündig. „Ich schreibe sonst auch nie Bands an. Damals befand ich mich aber in einer schwierigen Lebensphase, die war nicht schön und der Song hat mich einfach berührt.“

Birgit ist fröhlich, offen lacht sie die Menschen laut an, mit denen sie spricht. Immer wieder muss sie sich eine Strähne grüner Haare aus dem Gesicht schieben. „Stefan war total überrascht, als ich ihm schrieb. ,Wie kommt ihr denn darauf?´, hat er gefragt.“

Stefan Krogmann und Birgit Mohrmann verstanden sich sofort. Zwar chatteten sie nur, doch trotzdem entstand eine Freundschaft, die über belanglosen Smalltalk hinausging. Und sie war für beide vorteilhaft. Birgit stellte Stefan einem Kumpel vor, der bei Hitradio Namibia arbeitete, wo auch sein Song gespielt wurde. Über Skype führte dieser Kumpel ein Interview mit Stefan, welches schließlich im Radio veröffentlicht wurde, und verband die Musik, die in Namibia viele Menschen faszinierte, so mit einem Menschen.
Die Band Krogmann etablierte sich in Namibias Musiklandschaft. Mitte August veröffentlichte sie sogar ihre neue Single „Alles Kann“ exklusiv auf Hitradio Namibia. Immerhin fünfmal die Woche sendet die Station den Song heute noch an ihre Hörer in Namibia, Deutschland und weiteren Staaten.

Mitte Januar 2018 nun treffen sich Birgit und Stefan in Windhoek. Frühmorgens ist er mit einer Freundin gelandet, abends trinkt er mit den beiden Frauen Bier und genießt die kulinarischen Köstlichkeiten, von denen man in Deutschland meistens noch nicht gehört hat. Es ist sein erstes Mal in Namibia. Das erzählt er auch erst, wenn er danach gefragt wird. Er wirkt dann peinlich berührt, ja ertappt. „Nein, ich war noch nie hier“, sagt er. In einem Interview hat Stefan Krogmann aber bereits einmal erklärt, wie es dazu kam, dass das Land einen derart prominenten Platz im Song erhalten konnte: „Es ging um ein Land, wo man noch gar nicht war, was weit weg ist. Und was auch ganz hübsch ist. Und es klingt doch auch so schön – Namibia.“

Und jetzt ist er hier, seine Nase ist leicht verbrannt. Morgens hat er zwar Arme und Beine, nicht aber das Gesicht eingecremt. Er freut sich über den Sonnenschein, denn in Berlin schneit und stürmt es zur gleichen Zeit. Das neue Album der Band heißt „Ohne Rahmen“ und Stefan schafft es, die Bedeutung des Titels auf seinen Namibia-Besuch anzuwenden. „Ich bin gegen Grenzen, auch politisch“, sagt er und wie sollte er auch sonst? Immerhin ist seine deutsche Band nun in Namibia erfolgreich. „Das Abfeiern von Herkunft ist für mich Bullshit“, sagt er, „Zäune sind unmenschlich“.

Mittags hat sich Stefan mit dem Verantwortlichen des Warehouse getroffen. Vielleicht spielt Krogmann bald ein Konzert in Namibia. Der Manager der Event-Location in Windhoek jedenfalls findet die Idee super. „Ich liebe es, wenn Utopien wahr werden“, sagt Stefan.

Am nächsten Tag soll es weitergehen, denn Stefans Namibia-Besuch ist nicht nur Business-Trip. Es geht in den Etosha-Park. Er will am Wasserloch warten und gucken, was da so vorbeikommt. Und der Sternenhimmel, „der soll hier ja so wunderschön sein“. Am Ende der Reise wird er aber nochmal ein Wochenende in Windhoek verbringen, auch Birgit wird er nochmal treffen. Und es sieht so aus, als würde Stefan Krogmann bald wieder nach Namibia kommen. Vorher aber will er noch weitere Nationalparks sowie Swakopmund sehen. Auch Oryxfleisch steht noch auf der Liste seiner Highlights. Stefan verspricht, dass er auch in Namibia an neuen Songs arbeiten will. Genug Eindrücke für einen neuen, echten Namibia-Song wird er dann gesammelt haben.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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