Auf den Spuren der Vergangenheit

"Dir, Herr, sei das Lob, das froh aus Windhoek zu Dir klingt! Hundert Jahre schon Dir die Gemeinde Ehre bringt. (...) Deine Christuskirche, ein Symbol für Land und Stadt, unsere Heimat ist und Wegweiser auf uns'rer Pad."
So beginnt die zweistrophige Hymne, die DHPS-Lehrerin Irmtraut Koch eigens für das Jubiläum komponiert hat. Am vergangenen Sonntag, beim Festgottesdienst zum Auftakt der Feierlichkeiten, fand die Weltpremiere dieses Musikstücks statt: Die anwesende Gemeinde brachte die Hymne mit Unterstützung von Orgel, Posaunen-Orchester und Kirchenchor zum ersten Mal zum Erklingen.
Der Festgottesdienst am vergangenen Sonntag war nur die erste in einer langen Reihe von Veranstaltungen und Projekten, die die DELK-Gemeinde (ELKIN) in Windhoek im nächsten halben Jahr geplant hat. Die Zeit soll der Rückbesinnung auf die Wurzeln dienen: Wie etwa war die politische und gesellschaftliche Lage im Land, als 1907, nach Ende des Krieges zwischen Deutschen und Nama, Herero und Ovambo, mit dem Bau der Kirche begonnen wurde? Wie wurde der Sandstein aus der knapp 30 Kilometer östlich von Windhoek entfernten Goche-Ganus-Farm zum Bauplatz transportiert? Woher kam der Marmor für Portal und Altar? Wie wurde die Orgel aus der kleinen Stadt Ludwigsburg bei Stuttgart nach Namibia gebracht? Wie die Glocken aus dem thüringischen Apolda? Und wer waren die ersten Gläubigen, die 1910 in die Kirche strömten, nachdem Baumeister Gottlieb Redecker Pastor Johannes Hammer den Schlüssel übergeben hatte?
Um der wechselhaften Geschichte Rechnung zu tragen, ist unter anderem eine Ausstellung mit historischen Dokumenten, Bildern und Zeitzeugenberichten geplant. Dafür braucht die Gemeinde Hilfe: "Wir bitten alle, die im Keller oder auf ihrem Dachboden noch alte Fotos oder Dokumente aus den vergangenen hundert Jahren aufbewahren, die etwas mit der Christuskirche zu tun haben, oder aber die sich an ein besonderes Ereignis aus dieser Zeit erinnern, sich damit bei unserem Gemeindebüro zu melden", sagt Bischof Erich Hertel. Diese Dokumente werden selbstverständlich nach Beendigung der Ausstellung wieder zurückgegeben.
Die Ausstellung soll Anfang Mai in der Christuskirche eröffnet und regelmäßig durch neu auftauchende Dokumente ergänzt und erweitert werden. Zusätzlich ist die Herausgabe eines kleinen Büchleins geplant, in dem möglichst viele der noch lebenden Pastoren, die in der Christuskirche ihren Dienst verrichtet haben, ihre Erinnerungen an außergewöhnliche Begebenheiten aufschreiben.
Außergewöhnlich und auch ein wenig mysteriös ist die Geschichte hinter dem rund einen Meter hohen Lego-Modell der Christuskirche, vermutlich in den Achtzigerjahren bei Lego in Dänemark als Auftragsarbeit gefertigt wurde. In den vergangenen 15 Jahren stand das Modell im Schaufenster des Spielzeuggeschäfts Sam's Hobbys and Toys in Klein Windhoek, für die Jubiläumsausstellung wurde es nun in den Innenraum der echten Christuskirche gebracht - eine Kirche in der anderen.
Wer den Auftrag gegeben hat und wie alt das Modell genau ist, liegt jedoch im Dunkeln. Der Gründer von Sam's Hobbys and Toys, Sam Joubert, ist derzeit dabei, mit Lego in Kontakt zu treten, um Licht in die genauen Umstände des Modellbaus zu bringen. Vielleicht gibt es ja rund um die Welt auch noch andere Modelle der Windhoeker Christuskirche, von denen man nur noch nicht weiß?
Zumindest der Name "Christuskirche" ist auch in unzähligen anderen deutschen Gemeinden rund um die Welt zu findens. "Allein in Deutschland stehen weit mehr als 100 solcher Namensvetter", erklärt Pastor Rudolf Schmid. An alle diese Kirchgemeinden hat das Festkomitee Briefe mit der Bitte geschickt, ein Grußwort zum Jubiläum zu schreiben. Im Laufe der kommenden Monate werden die Antwortschreiben erwartet und sollen in den Gottesdiensten vorgelesen sowie in der Ausstellung in der Kirche gezeigt werden. Zum Gedenken an die Einweihung wurde des Weiteren eine Sonderbriefmarke gestaltet, die am 6. August der Öffentlichkeit vorgestellt wird.
An den deutschsprachigen Schulen in Windhoek läuft zurzeit ein Kunstwettbewerb: Die Schüler sind dazu aufgerufen, bis Ende April in frei wählbarer Form ein Kunstwerk zum Thema Christuskirche anzufertigen. Die besten Stücke in den vier Altersgruppen werden mit Geldpreisen und Gutscheinen prämiiert und am 12. Juni auf dem Gemeindebasar im Gemeinde-Zentrum ausgestellt.
Die Hauptfeierlichkeiten sind dann für das Jubiläums-Wochenende 17./18. Oktober geplant; zahlreiche Ehrengäste, auch aus Deutschland, haben sich bereits angekündigt. Zwei Wochen vor dem großen Fest, am 3. Oktober, wird es zudem ein gemeinsames Konzert sämtlicher Musikgruppen der Gemeinde geben.
Weitere Informationen über das Jubiläum und die Geschichte der Christuskirche bietet der Afrikanische Heimatkalender, der zum Jubiläums-Anlass in "Perspektiven 2010" umgetauft wurde und über das Gemeindebüro bezogen werden kann.
Gemeindebüro der DELK (ELKIN), P.O.Box 233, Windhoek; Tel. 061 236 002 oder 061 224 294.