Afrikas Wachstum kommt zum Erliegen
Früher gingen die Kumpel nach dem Schichtwechsel oft in eine der umliegenden Bars, um dort mit einem Markenbier ihren Durst zu löschen. Doch heute sind die Kneipen verwaist. Stattdessen trinken viele der Bergleute lokale Billigmischungen, die nicht in Glasflaschen, sondern Pappkartons abgefüllt sind.
Geringes Wachstum
Die Rückkehr zum Selbstgebrauten ist ein Zeichen für den eingebrochenen Konsum auf dem Kontinent. Statt wie in den zehn Jahren bis 2014 um bis zu sieben Prozent sind Afrikas 49 Volkswirtschaften nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) im vergangenen Jahr im Schnitt nur noch mickrige 1,4 Prozent gewachsen – und haben damit nicht einmal das hohe Bevölkerungswachstum von durchschnittlich rund 2,7% kompensiert. Kein Wunder, dass Millionen junger Afrikaner nach Lebenschancen jenseits ihrer Heimat suchen, öfter auch in Europa.
Groß ist in Europa deshalb die Sorge, dass nach der Migration aus Nahost nun auch die aus Afrika aus dem Ruder laufen könne. So kamen nach Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in den ersten drei Monaten dieses Jahres über 50 Prozent mehr Afrikaner in die EU als Anfang vergangenen Jahres. Die Bundesregierung selbst rechnet mit bis zu 400000 Flüchtlingen vom Nachbarkontinent in diesem Jahr und hat deshalb am Montag und Dienstag in Berlin eine Afrikakonferenz im Vorfeld des eigentlichen G20-Gipfels in Hamburg Anfang Juli ausgerichtet. Ziel war es, in afrikanischen Staaten die bislang unzureichenden Rahmenbedingungen für massive Investitionen des Privatsektors zu verbessern und dabei vor allem den Ausbau der verheerenden Infrastruktur auf dem Kontinent ins Visier zu nehmen.
Obamas Trugschluss
Anders als heute war die Stimmung vor drei Jahren schon deshalb besser, weil es zu jener Zeit noch keine Flüchtlingsströme gab: Damals galten viele afrikanische Volkswirtschaften vor allem unter Unternehmensberatern sogar noch als wahre Wachstumswunder. Viele wähnten den Kontinent bereits auf den Fußspuren Asiens. Der damalige US-Präsident Barack Obama, dessen Vater aus Kenia stammt, zeigte sich auf einer Stippvisite 2013 fest überzeugt, Afrika werde „die nächste große Erfolgsstory der Welt“ schreiben. Grundlage der Hoffnung waren wie so oft zuvor die vom Rohstoffboom befeuerten hohen Wachstumsraten einiger Länder – und die Aussicht auf das Aufkommen einer konsumfreudigen Mittelschicht.
Genau das scheint sich nun jedoch als Trugschluss zu entpuppen. Denn China als wichtigste Triebfeder der Erholung Arikas schaut stärker nach innen – und baut zunächst einmal die eigene Wirtschaft um. Im Zuge dessen sind Afrikas Rohstoffexporte nach China seit 2015 um fast 40 Prozent auf 67 Milliarden US-Dollar eingebrochen. Genauso stark fielen die chinesischen Direktinvestitionen in Afrika.
Jetzt rächt sich, dass Afrika in den vergangenen Jahren fast nur auf die chinesische Karte gesetzt und darüber die historisch engen Bande zu den traditionellen Handelspartnern im Westen vernachlässigt hat. Niemand weiß, wer nun all die geplanten Infrastrukturprojekte finanzieren und umsetzen soll. Chinas Metamorphose von einer rohstoffhungrigen zu einer stärker auf den Konsum ausgerichteten Volkswirtschaft könnte womöglich sogar zur Folge haben, dass die für Afrika so wichtigen Metallpreise trotz der leichten Erholung im vergangenen Jahr für lange Zeit nicht mehr richtig zulegen werden.
Einseitig abhängig
Keinen trifft der Absturz der Rohstoffpreise härter als das Afrika südlich der Sahara, dessen 49 Volkswirtschaften auch 60 Jahre nach Beginn der Unabhängigkeit fast alle noch auf dem Export jeweils eines einzigen Rohstoffs fußen. In Sambia und dem Kongo ist dies Kupfer, in Botswana Diamanten und in Ghana Kakao. Diese Einseitigkeit schlägt jetzt auf den Konsum durch.
Bei vielen Unternehmen ist die Skepsis über das vermeintlich grenzenlose Wachstumspotenzial Afrikas jedenfalls spürbar gestiegen. Selbst Konsumgüterriesen wie Procter & Gamble oder Nestle, Nutznießer von erhofften Millionen neuer Kunden, haben es schwer. Süßwarenhersteller Cadbury aber auch Coca Cola haben in Kenia Fabriken geschlossen. Auch sie dachten, dass Afrika das nächste Asien wäre. Nun müssen viele Unternehmen erkennen, dass die Erwartungen überzogen waren. „Viele Hoffnungen haben sich zerschlagen“, gesteht Doug Murray, Chef der südafrikanischen Modegruppe Foschini. Entsprechend vorsichtig gibt sich der Manager nun: „Afrikas Wachstumsgeschichte“, sagt er jetzt, „wird wohl allenfalls eine sehr langfristige sein“.
Wolfgang Drechsler, Kapstadt
Geringes Wachstum
Die Rückkehr zum Selbstgebrauten ist ein Zeichen für den eingebrochenen Konsum auf dem Kontinent. Statt wie in den zehn Jahren bis 2014 um bis zu sieben Prozent sind Afrikas 49 Volkswirtschaften nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) im vergangenen Jahr im Schnitt nur noch mickrige 1,4 Prozent gewachsen – und haben damit nicht einmal das hohe Bevölkerungswachstum von durchschnittlich rund 2,7% kompensiert. Kein Wunder, dass Millionen junger Afrikaner nach Lebenschancen jenseits ihrer Heimat suchen, öfter auch in Europa.
Groß ist in Europa deshalb die Sorge, dass nach der Migration aus Nahost nun auch die aus Afrika aus dem Ruder laufen könne. So kamen nach Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in den ersten drei Monaten dieses Jahres über 50 Prozent mehr Afrikaner in die EU als Anfang vergangenen Jahres. Die Bundesregierung selbst rechnet mit bis zu 400000 Flüchtlingen vom Nachbarkontinent in diesem Jahr und hat deshalb am Montag und Dienstag in Berlin eine Afrikakonferenz im Vorfeld des eigentlichen G20-Gipfels in Hamburg Anfang Juli ausgerichtet. Ziel war es, in afrikanischen Staaten die bislang unzureichenden Rahmenbedingungen für massive Investitionen des Privatsektors zu verbessern und dabei vor allem den Ausbau der verheerenden Infrastruktur auf dem Kontinent ins Visier zu nehmen.
Obamas Trugschluss
Anders als heute war die Stimmung vor drei Jahren schon deshalb besser, weil es zu jener Zeit noch keine Flüchtlingsströme gab: Damals galten viele afrikanische Volkswirtschaften vor allem unter Unternehmensberatern sogar noch als wahre Wachstumswunder. Viele wähnten den Kontinent bereits auf den Fußspuren Asiens. Der damalige US-Präsident Barack Obama, dessen Vater aus Kenia stammt, zeigte sich auf einer Stippvisite 2013 fest überzeugt, Afrika werde „die nächste große Erfolgsstory der Welt“ schreiben. Grundlage der Hoffnung waren wie so oft zuvor die vom Rohstoffboom befeuerten hohen Wachstumsraten einiger Länder – und die Aussicht auf das Aufkommen einer konsumfreudigen Mittelschicht.
Genau das scheint sich nun jedoch als Trugschluss zu entpuppen. Denn China als wichtigste Triebfeder der Erholung Arikas schaut stärker nach innen – und baut zunächst einmal die eigene Wirtschaft um. Im Zuge dessen sind Afrikas Rohstoffexporte nach China seit 2015 um fast 40 Prozent auf 67 Milliarden US-Dollar eingebrochen. Genauso stark fielen die chinesischen Direktinvestitionen in Afrika.
Jetzt rächt sich, dass Afrika in den vergangenen Jahren fast nur auf die chinesische Karte gesetzt und darüber die historisch engen Bande zu den traditionellen Handelspartnern im Westen vernachlässigt hat. Niemand weiß, wer nun all die geplanten Infrastrukturprojekte finanzieren und umsetzen soll. Chinas Metamorphose von einer rohstoffhungrigen zu einer stärker auf den Konsum ausgerichteten Volkswirtschaft könnte womöglich sogar zur Folge haben, dass die für Afrika so wichtigen Metallpreise trotz der leichten Erholung im vergangenen Jahr für lange Zeit nicht mehr richtig zulegen werden.
Einseitig abhängig
Keinen trifft der Absturz der Rohstoffpreise härter als das Afrika südlich der Sahara, dessen 49 Volkswirtschaften auch 60 Jahre nach Beginn der Unabhängigkeit fast alle noch auf dem Export jeweils eines einzigen Rohstoffs fußen. In Sambia und dem Kongo ist dies Kupfer, in Botswana Diamanten und in Ghana Kakao. Diese Einseitigkeit schlägt jetzt auf den Konsum durch.
Bei vielen Unternehmen ist die Skepsis über das vermeintlich grenzenlose Wachstumspotenzial Afrikas jedenfalls spürbar gestiegen. Selbst Konsumgüterriesen wie Procter & Gamble oder Nestle, Nutznießer von erhofften Millionen neuer Kunden, haben es schwer. Süßwarenhersteller Cadbury aber auch Coca Cola haben in Kenia Fabriken geschlossen. Auch sie dachten, dass Afrika das nächste Asien wäre. Nun müssen viele Unternehmen erkennen, dass die Erwartungen überzogen waren. „Viele Hoffnungen haben sich zerschlagen“, gesteht Doug Murray, Chef der südafrikanischen Modegruppe Foschini. Entsprechend vorsichtig gibt sich der Manager nun: „Afrikas Wachstumsgeschichte“, sagt er jetzt, „wird wohl allenfalls eine sehr langfristige sein“.
Wolfgang Drechsler, Kapstadt
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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