Aus eigenem Anbau – Selbstversorgen kann nicht jeder

Steigende Preise, Gemüse zu teuer, oder einfach etwas für zum Klimaschutz beitragen – die Ideologien sind vielfältig. Doch Selbstversorger sein birgt auch Tücken, denn wer hat den Platz, die Zeit und vor allem wie sieht es mit der Familie aus. Eigenernte und auch die Bewirtschaftung von Hühnern, Schweinen, Kühen oder gar Rindern, das kann halt nicht jeder leisten. Der entscheidende Faktor ist dabei, dass dahinter immer noch ein Verdienst stehen muss, denn bestimmte Produkte können nun mal nur bedingt durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung zum Ertrag führen.Gesellschaftlicher Spott oder Ausschluss kommen noch hinzu, vor allem wenn das Umfeld auf vegetarische oder vor allem vegane Ernährung setzt, Man selber diesen Gedanken nicht nur ernährungstechnisch sondern auch als Lebenskonzept hinterfragt. Eins steht auf jeden Fall fest, die Idee und die Umsetzung hinter der Selbstversorgung ist vom wirtschaftlich und umwelttechnisch ein Schritt der in die richtige Richtung ist. Allerdings kann das in der heutigen Zeit, auch wenn noch so viel Wille dahinter steckt, nicht jeder leisten.Kleines Idyll KleingartenIn Deutschland ist es ein Ringkampf in den Großstädten um ein Stück Land der stattfindet – es geht um eine Parzelle in einer Kleingartenkolonie. Naturgenießen und nur ein wenig Nutzgarten, um das ein oder andere auch mal auf den Teller zu bringen – viele Städter träumen davon. Die Wartelisten sind lang, die Auflagen hoch, doch wenn der Zuschlag auf dieses kleine Idyll erfolgt, dann wird Gegärtnert was das Zeug hält.Aber wie ist das, wenn die Idee von der Unabhängigkeit entsteht? Als Einzelperson kommt man mit so einer Parzelle sicherlich zu Rande, vielleicht auch zu zweit. Auch hier ist der Zeitaufwand enorm um Gemüse oder Früchte am Ende ernten zu können. Dennoch läuft dies immer noch nicht ohne einen Gewissen Zukauf ab. Von der „selbstversorgenden Ernte“ reicht es gerade, ein Ertrag daraus ist nicht möglich.Was ist aber, wenn ich eine fünfköpfige Familie davon versorgen will. Ein Gedanke und gleichzeitig eine Ideologie, die nur auf dem Land und damit verbunden auch nur auf dem eigenen Grund und Boden verwirklicht werden kann.In einer Reportage des Norddeutschen Rundfunks (NDR/ Sieben Tage als Selbstversorger) wurde eine Familie aus Nordhessen mit diesen Ambitionen begleitet – mit erstaunlichen Erkenntnissen.Große Fläche reicht nichtSelbst auf rund 6 000 Quadratmetern Land ist die Versorgung im Selbstversorgungsmodus nicht wirklich möglich. Auch hier gehört der Beikauf zum täglichen Leben, denn die Ernte fällt nicht immer so aus, dass es zum Leben reicht. Zudem verrät die Hausherrin, dass deswegen auf Verzicht herrscht, wenn nicht immer alles aus den Gärten – teilweise Erbe und auch Erwerb – zur Verfügung steht. Auf der anderen Seite ist die Familie auch dem Fleischverzehr nicht abgeneigt, auch wenn die Hühner nur die Eier liefern. Das tierische Produkt kommt direkt vom Bauern, so auch die Rohmilch. Zudem wird auf Omas traditionelle Methode zurückgegriffen, denn das geerntete muss ja auch haltbar bleiben – also muss eingekocht werden. Aus den Früchten werden Marmeladen oder auch Säfte.Mit drei kleinen Kindern, die alle im „Garten“ mehr oder minder mit anpacken, offenbaren sich noch andere Geheimnisse. So erzählt der Ehemann, der übrigens als Automechaniker sein Geld verdient, frei von der Leber, dass für den Nachwuchs auch ab und an mal ein Besuch in einer Fastfood-Kette ansteht. Bei Freunden, die es wohl zu genau nehmen – als Veganer – gab es allerdings heftigste Kritik bis hin zur „Scheidung“.Meist unterschätztWas bedeutet es also Selbstversorger zu werden? Vorausgesetzt der Möglichkeit, wird die Selbstversorgung unterschätzt. Man muss Lebensmittel im großen Stil anbauen, gegebenenfalls auch kultivieren. Wer sich unabhängig von der Fleischwirtschaft machen möchte muss zudem Nutztiere zu 100 % Verwerten können und auch wollen. Das bedarf eines gewissen handwerklichen Wissens. Intensive landwirtschaftliche Arbeit – und hier ist auch wieder Fachwissen gefragt – ist gefragt. Wer meint, er könne neben seinem Bürojob zur Entspannung ein wenig Unkraut zupfen und im Sommer abends einmal die Beete gießen, den belehren Schneckenplagen, Mineralstoffmangel und Wurzelkrankheiten schnell eines Besseren. Selbstversorger benötigen eine hohe Frustrationstoleranz und – sofern das Projekt auf Nachhaltigkeit angelegt ist – einen langen Atem. Und das immer noch mit dem Blick vor Augen, dass ja noch ein Betätigkeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber besteht.Ja, die Preise für Lebensmittel schnellen in die Höhe, aber von Null auf Hundert funktioniert auch nicht. Also wie geht man es an? Das Küchenfenster oder der Balkon könnten ein Anfang sein. Eine kleine Fläche – dazu zählen zum Beispiel Topfpflanzen oder Kräuter im kleineren Gefäß – intensiv zu bewirtschaften, ist zu Beginn Herausforderung genug. Schnell erkennt der neuangehende „Selbstversorger“, ob er überhaupt den sogenannten ‚Grünen Daumen hat. Wer einen Balkon hat ist natürlich im Vorteil, denn es kann mehr Fläche bewirtschaftet werden.Die Fläche das ProblemDas Problem was am Ende bleibt wird aber die begrenzte Fläche, die zur Verfügung steht. Nicht jeder hat wie im vorangegangenen Beispiel so viel Fläche die bewirtschaftet werden kann. Zudem spielt der Boden eine wichtige Rolle. Wer sich zum Beispiel hier in Namibia selbstversorgen möchte, ist zum Beispiel an die Gegebenheiten des Umlands gebunden. Je nährstoffreicher er ist, desto besser wachsen und tragen die Pflanzen. Eine eher dürftige Basis können Humus und Mist – am besten von hauseigenen Hühnern oder auch Hundekot – zu einem nahrhaften Untergrund machen. Wer den Platz hat, sollte zudem in seinem Garten immer wieder Ecken frei lassen, in denen sich die Natur ungehindert entfalten kann. Daraus kann wieder Humus gewonnen werden.Zurück zu unserm Beispiel: Die Familie aus Nordhessen hat den Mittelweg gefunden, sich als Teil-Selbstversorger zu etablieren. Es ist ein Trend, aber es ist auch das Stück Einstellung, die man an den Tag legen sollte. Bewirtschaften, ernten, einkochen, und am Ende sich selbst versorgen dazu gehört auch viel Fleiß. Diese Familie geht einen Mittelweg aber auch, da die Möglichkeiten gegeben sind. Was am Ende zählt ist, das in einem großen Garten in Nordhessen Nachhaltig gelebt wird. und wahrscheinlich auch nachhaltiger und gesünder, wie mancher Vegetarier oder Veganer, der chemisch produzierte Produkte und Nahrungsergänzungsmittel in sich hineinstopft.Olaf MuellerQuellen: Norddeutscher Rundfunk, Spektrum, Wohnglück

Aus eigenem Anbau – Selbstversorgen kann nicht jeder

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-06-24

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