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„Kontrollierter Wahnsinn hat etwas Schönes an sich“

Der US-Rapper Yelawolf spricht über sein neues Doppelalbum War Story, Verrücktheit zu akzeptieren, und das gebrochene Herz eines Künstlers.
Katharina Moser
Von Katharina Moser

Warme Sonnenstrahlen dringen durch die halb geöffneten Vorhänge und tauchen das Mischpult in sanftes Licht. Darauf steht „Trunk Muzik Forever“, daneben ein Schild mit der Aufschrift „Insane Asylum – Enter with Caution“. Ein Geschenk von seinen Freunden, wird Yelawolf später sagen, und lachen. Es ist früher Abend in Nashville, und Yelawolf, mit seinem unverkennbaren strengen Gesicht und seinen Markenzeichen-Tattoos, sitzt lässig in einem Studioraum der East Iris Studios, dem kreativen Zentrum der Slumerican-Künstler um den amerikanischen Rapper. Sein roter, thronartiger Samtstuhl mit Holzverzierungen sticht in der modernen Studioumgebung hervor – und ist geradezu ein Sinnbild für das, wofür Yelawolf mittlerweile steht: seinen Starstatus, ja, aber auch die Gleichzeitigkeit der vielfältigen Stile und Einflüsse, die er verkörpert, ebenso wie die Zeitlosigkeit seiner Kunst und die Seelenhaftigkeit, die sie ausstrahlt. Davon zeugt auch sein neues Doppelalbum „War Story“, das am 7. Juni erschienen ist.

„Ich habe selten Erwartungen für ein Album. Aber diesmal ist es anders", gesteht Yelawolf. Für ihn ist War Story die Antwort auf Love Story, sein entscheidendes Album, das 2015 unter Eminems Plattenlabel Shady Records veröffentlicht wurde. Für War Story hat der Rapper mit denselben Produzenten wie vor neun Jahren zusammengearbeitet, den bekannten WLPWR und Malay, wobei jeder eine Seite des Doppelalbums produziert hat. Yelawolf ist überzeugt, dass War Story sein bisher bestes Werk und definitiv das beste Hip-Hop-Album seiner Karriere ist.

Der Titel „War Story“ ist symbolisch für alles, was das Album ausdrückt: „Ich habe seit Love Story viel durchgemacht. Es war ein mentaler, spiritueller, manchmal sogar physischer Krieg", sagt Yelawolf. Den Übergang von einem Vertrag mit einem großen Label – Yelawolf war von 2011 bis 2019 bei Eminems Shady Records unter Vertrag – zu einem unabhängigen Plattenkünstler und Chef seines eigenen Labels Slumerican Records zu meistern, sei ein Weg voller Herausforderungen und Hindernisse gewesen, sagt der Rapper. „Als unabhängiger Künstler mit den großen Musikriesen in der Industrie mitzuhalten, war wirklich ein Kampf." War Story ist ein Zeugnis dieser Reise und krönt die außergewöhnliche Karriere des Rappers. Das Doppelalbum besteht aus der von Malay produzierten Michael-Wayne-Seite, die laut dem Rapper sehr persönlich ist, und aus Trunk Muzik 4Ever, das von WLPWR produziert wurde und energiegeladener und 808-lastiger ist. „Die Ironie zwischen Love Story und War Story ist, dass Love Story mehr Angst und War Story mehr Liebe enthält“, bemerkt Yelawolf nachdenklich. „In War Story steckt mehr Herzblut und Leidenschaft. Es ist eine Graduierung.“

„Die Bewährungsproben sind vorbei“

Damit meint Yelawolf auch, dass er sich sowohl mental als auch künstlerisch an einem besseren Ort befindet als je zuvor. „Wenn ich mir die Songs anschaue, die ich vor zehn Jahren aufgenommen habe, und die Dinge, die ich damals gemacht habe, dann bin ich ein anderer Mensch. Ich bin immer noch sehr aktiv. Aber früher war ich wild, nahezu animalisch. Ich hätte alles getan, überall", blickt Yelawolf zurück. „Heutzutage ist meine Kunst kontrollierter. Ich fühle mich sicherer, auch wegen der Leute um mich herum. Das hat mir eine neue Bandbreite gegeben, auf der ich kreativ sein kann. Die Zeit der Bewährungsproben ist vorbei."

Es ist die tief empfundene Verpflichtung zu wahrer Kunst, die unbegrenzte Kreativität, die aus allem fließt, was der Künstler anfasst, und ein hartnäckiger Durst nach ständigem Wachstum, die einen Teil von Yelawolfs außergewöhnlichem Beitrag zur zeitgenössischen Musik ausmachen. Obwohl der Rapper selbst zugibt, dass er sich nicht sicher ist, woher seine Ideen und Inspirationen kommen. „Musik entsteht nie zweimal auf dieselbe Weise.“ Am Anfang eines Songs steht vielleicht eine Textidee, eine Melodie oder ein Beat. „Beim Songschreiben ist es so, als würde ein Schmetterling durch den Raum schweben, und das ist dein Song, und du wirfst ein Netz aus und versuchst, ihn zu fangen. Wenn du ihn verpasst und er aus dem Fenster fliegt, ist er für immer verloren. Und das Gleiche passiert, wenn wir ihn aufnehmen, er wird in die Freiheit entlassen."

„Till It's Gone“ vom Love Story-Album war bisher, wie der Rapper mehrfach erklärt hat, der bedeutendste Song in seinem Repertoire, einer, der ihm mehr als jeder andere aus der Seele spricht. Wenn „War Story“ die Antwort auf „Love Story“ ist, gibt es dann einen Song auf dem Album, der „Till It's Gone“ in seiner Bedeutung, in seiner Ausdruckskraft entspricht? „Ja. Auf jeden Fall", sagt Yelawolf ohne zu zögern.“ Er heißt Marijuana. Ich beschreibe darin meine Erfahrung, mich selbst zu verlieren. Zu einem bestimmten Zeitpunkt in meiner Karriere habe ich große Mengen Gras geraucht. Aber ich habe bipolare Tendenzen und wahrscheinlich auch etwas Schizophrenie, und Marijuana hat den ganzen Scheiß getriggert. THC ist einfach nichts für mich", hat Yelawolf gelernt. „Dieser Song auf War Story bedeutet mir persönlich sehr viel. Ich war mein ganzes Leben lang auf dieser Reise mit Drogen und Spiritualität. Buchstäblich." Er zitiert aus dem neuen Song: I been high, since knee-high, since tea time, five years old on a polaroid, that's me high. „Mit fünf Jahren bekam ich ein Bier in die Hand gedrückt. Das war, als ich anfing zu trinken. Und es gibt ein Foto davon. Sie gaben mir Bier, damit ich einschlief. In den Nebenräumen gab es Kokain, Heroin, Sex, Drogen und Rock'n'Roll. Ich habe all diesen Scheiß gesehen. Drogen und Alkohol waren immer ein Teil meines Lebens."

„Wie vermarktet man jemanden, der sich ständig verändert?“

„Marijuana“ mag in Bezug auf Erzählung und Ausdruck genauso stark sein wie „Till It's Gone“. Aber das ist vielleicht auch schon alles, was die beiden Songs gemeinsam haben. „Ich versuche nie, den Sound einer meiner Songs nachzuahmen. Manche Künstler sind gut darin, ihre erfolgreichen Songs zu reproduzieren. Ich wünschte, ich könnte das auch“, sagt Yelawolf. Aber würde er das wirklich wollen? „Ich beneide Leute mit Beständigkeit. Meine Beständigkeit, kreativ gesehen, besteht darin, unbeständig zu sein. Mein Manager und ich sagen, wir sind kreativ schizophren und professionell bipolar. Das ist mein Charakter, so bin ich nun mal", sagt der Rapper. „Für War Story habe ich mir die Haare silber gefärbt, nur um das Cover zu machen. Weil ich das Gefühl hatte, dass ich so aussehen musste, als hätte ich einen Krieg erlebt. Für das Cover hat es funktioniert. Aber wie vermarktet man jemanden, der sich ständig verändert? Das ist sehr schwer." Während Yelawolfs Arbeitsmoral und Output so beständig sind, wie man es sich als Künstler nur wünschen kann, leben sein Sound und sein Stil in der Tat von Vielseitigkeit und ständiger Neuerfindung.

„Jeder hat seine eigene Art von Verrücktheit“

Um diesen Reichtum an Sound und ein Verständnis dafür zu erreichen, wie Musik und Stile funktionieren, ist Normalität nicht der richtige Weg. „Ich habe meine Verrücktheit voll und ganz akzeptiert. Ich bin lange Zeit davor weggelaufen. Das war kontraproduktiv. Ich bin eindeutig verrückt. Man muss verrückt sein, um so einen Scheiß zu machen, und ich habe kein Problem damit", stellt Yelawolf mit einem Grinsen klar. „Es zu akzeptieren, hat mir geholfen, meine Superkraft zu finden. Meine Gabe ist es, unberechenbar zu sein." Yelawolf bleibt immer auf der Suche nach dem Einzigartigen, dem Außergewöhnlichen, dem Experimentellen. „Das ist Fluch und Segen zugleich. Beständigkeit ist beruhigend. Aber die Musik ist der Raum, in dem ich meiner Verrücktheit freien Lauf lasse", erklärt Yelawolf. „Früher habe ich mir Sorgen um meine Wahrnehmung gemacht. Aber ich mache mir keine Sorgen mehr. Der kontrollierte Wahnsinn hat etwas Schönes an sich. Es hat etwas sehr Befreiendes, alles rauszulassen und damit klar zu kommen."

Trotz seines unbestrittenen Starstatus kommt es vor, dass ihn Leute ansprechen und fragen, ob er „eine Art Rockstar“ sei. Yelawolf nimmt das aber nicht allzu schwer. „Mein Leben als Künstler spiegelt das wider, was ich als Kind sowieso war. Ich saß nie an dem beliebten Tisch in der Schulmensa. Warum sollte es als Erwachsener anders sein? Warum sollte ich jedermanns Liebling sein wollen?", sagt Yelawolf mit einem Hauch von Stolz und Trotz in seiner Stimme. „Werde ich ein Mainstream-Hit werden? Wahrscheinlich nicht, denn ich war von Anfang ein Außenseiter, saß immer am Tisch mit den Nerds, den Skateboardern, den Künstlern. Ich habe meine Leute gefunden. Und das ist Reichtum."

„Etwas muss dir das Herz gebrochen haben“

Ein Teil von Yelawolfs Philosophie ist der Teamgeist und die Idee des gemeinsamen Erfolgs, die sich in der Unterstützung junger und aufstrebender Künstler widerspiegelt, die Yelawolf beim Label unter Vertrag genommen hat. „Ich möchte eine Gemeinschaft von Künstlern aufbauen. Sie inspirieren mich. Junge Künstler brauchen Mentoren. All die kleinen Tricks, die ich auf die harte Tour lernen musste – ich biete sie ihnen an", sagt Yelawolf. Wünscht er sich manchmal, dass auch er am Anfang einen solchen Safespace gehabt hätte? „Nein. Ich hätte nicht diese Art von Bestie geschaffen, die ich werden musste, um das alles zu schaffen. Wir haben Trunk Muzik im Hinterzimmer eines Hauses ohne Heizung und mit kaputten Lautsprechern aufgenommen. Diese Umgebung hat den Inhalt aufgeladen.“ Yelawolf ist nicht der Meinung, dass ein Künstler unbedingt leiden muss. „Aber ich glaube, dass man irgendwo gebrochen sein muss. Es muss dir etwas das Herz gebrochen haben, damit du ein Künstler sein kannst. Musik ist keine Blumenwiese." Für Yelawolf und seine Fans ist der Schmerz die Würze der Kunst, ohne ihn gibt es keinen Geschmack.

War Story, da ist sich das Slumerican-Team sicher, wird eines jener Alben sein, die ein ganzes Hip Hop-Jahrzehnt prägen könnten. In der Branche wurde sein Stil bisweilen als zu experimentell, zu eigenwillig in der Neuinterpretation verschiedener Stile bezeichnet, um als Mainstream-Erfolg anerkannt zu werden. Aber jetzt ist Yelawolf mehr denn je davon überzeugt, dass sein Name in einer Reihe mit Künstlern wie Eminem und Kendrick Lamar stehen muss. „Ob die Leute sich entscheiden, dem Aufmerksamkeit zu schenken oder nicht, ist ihre Sache. Aber wetten, du wirst War Story abspielen und nicht anders können als zu sagen, es ist eines der besten Hip-Hop-Alben. Das ist es. Das ist, wofür man kämpft. Scheiß drauf, wie ich aussehe, scheiß drauf, wo ich herkomme. Hört zu!"

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-02-14

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