Loading svg Please wait while we translate the article
  • Startseite
  • International
  • ,,Zuversichtlich, dass die Aussöhnung mit Namibia auch für die neue Bundesregierung ein wichtiges Anliegen bleibt"
Foto: Katharina Moser
Foto: Katharina Moser

,,Zuversichtlich, dass die Aussöhnung mit Namibia auch für die neue Bundesregierung ein wichtiges Anliegen bleibt"

Im zweiten Teil des Interviews mit der AZ äußert sich Botschafter Hutter über den KfW-Kredit für Wasserinfrastruktur, die neuen Visaregelungen und den aktuellen Sachstand des Genozidabkommens.
Katharina Moser
AZ: Vor wenigen Tagen hat die Unterzeichnung eines Kredits in Höhe von 1,5 Mrd. N$ (etwa 75 Mio. Euro) der KfW an Namibia für Wasserinfrastruktur stattgefunden. Wie bewerten Sie das?

Botschafter Hutter: Wir haben damit einen sehr wichtigen Schritt getan, um langfristig die Versorgung der Menschen und der Natur in Namibia mit Wasser sicherzustellen. Das ist eines der zentralen und prioritären Ziele der namibischen Regierung. Und Wasser ist ein wichtiger Bereich unserer Zusammenarbeit. Das hat seit 1990 Tradition.

Die Projekte, die wir nun mit dieser Unterzeichnung finanziell unterstützen werden, befinden sich hauptsächlich im Norden des Landes, denn dort lebt fast die Hälfte der Bevölkerung. Am Ende könnten zwei Drittel der Bevölkerung Namibias von diesen Projekten profitieren.

Ich kann verstehen, dass es Menschen in Namibia gibt, die fragen, warum im Norden? Die Gegenfrage wäre, wo erreichen wir mit begrenzten Mitteln die meisten Menschen. Der Norden bietet sich zudem an, weil es dort besondere Wasserknappheit gibt. Die Entscheidung ist also meiner Meinung nach gut getroffen.

In der öffentlichen Debatte über diesen Kreditvertrag wurde auch kritisiert, dass der Zinssatz zu hoch sei. Das ist nicht richtig. Die Finanzministerin hat darauf hingewiesen, dass der Zinssatz 2,3 Prozent unter den gewöhnlichen Sätzen liegt. Die Bundesrepublik Deutschland hat ein sogenanntes AAA-Rating. Das heißt, wir können in diesem Falle für Namibia deutlich günstigere Kredite vereinbaren, genau wie wir es hier getan haben. Hinzukommt, dass es am Anfang eine sogenannte Grace Period von fünf Jahren gibt. Wir gehen davon aus, dass in diesen fünf Jahren die Projekte fertiggestellt sind und die Wasserversorgung läuft, das Ziel also erreicht ist. Dann erst greift die Rückzahlung, die wiederum über 20 Jahre läuft.

Kritik ist völlig normal. Damit müssen Regierungen leben. Man muss aber auch überlegen: Was wäre, wenn das Projekt nicht zustande gekommen wäre? Ich denke, dass der Nutzen dieses Projekts bei Weitem überwiegt.

AZ: Namibia ist ein beliebtes Reiseziel für deutsche Touristen. Wie bewerten Sie das neue Visagesetz Namibias, das auch deutsche Touristen verpflichtet, ein Tourismus-Visum zu beantragen? Besteht die Chance, dass Deutschland seine Visa-Regulationen gegenüber Namibiern in der Zukunft lockert?

Botschafter Hutter: Erst einmal ist es völlig klar, dass die namibische Regierung das Recht hat, solche Visa-Bestimmungen einzuführen. Das ist völlig unstrittig.

Die nächste Frage ist, wie die Umsetzung läuft und wie es sich auf die Wartezeiten bei der Einreise auswirkt. Wie ich bisher gehört habe, könnten die Wartezeiten aus Sicht der Touristen kürzer sein. Der neue Mechanismus befindet sich aber noch in den ersten Wochen und Monaten. Und ich bin sicher, dass die namibische Regierung alles daran setzen wird, dass der Prozess am Flughafen bei der Einreise so reibungslos wie möglich stattfinden wird.

Zu der Frage, ob Deutschland überlegt, seine Visa-Bestimmungen zu ändern: Die Visabestimmungen für kurzfristige Aufenthalte (also für einen Aufenthalt von weniger als 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen) richten sich nach europäischem Recht. Das Schengenvisum ermöglicht die Einreise in die teilnehmenden Schengenstaaten und somit in alle EU-Staaten, mit Ausnahme von Irland.

Das heißt also, man beantragt einmal ein Visum und hat aber die Möglichkeit, in dem genehmigten Zeitraum in all diese Länder einzureisen. Das heißt aber auch, dass es ein europäischer Entscheidungsmechanismus ist, den wir als Deutschland alleine nicht beeinflussen können. In Afrika gibt es zwei Länder, die von der Schengenvisumspflicht ausgenommen sind. Das sind die Seychellen und Mauritius. Dieser Schengen-Mechanismus wird regelmäßig überprüft. Und wir müssen jetzt abwarten, wie sich die Zahlen hier weiterentwickeln.

Die Visabestimmungen für längerfristige Aufenthalte, die z.B. für Studenten, Auszubildende oder Arbeitende relevant sind, richten sich ausschließlich nach deutschem Recht und genau wie in Namibia ist für diese Art des Aufenthalts ein entsprechendes Visum im Vorfeld zu beantragen.

Der Visumsprozess für eine Vielzahl an Visa dieser Art kann inzwischen online im sogenannten „Auslandsportal“ begonnen werden. Dies ist gerade in einem weitläufigen Land wie Namibia ein großer Vorteil, denn eine Vorsprache an der Botschaft erfolgt erst dann, wenn alle Unterlagen vorab online überprüft wurden.

AZ: Was ist der aktuelle Sachstand des Entwurfs des Genozidabkommens? Wie geht es damit nun weiter?

Hutter: 2021 wurde die Gemeinsame Erklärung paraphiert. Darauf folgte hier die Debatte darüber, dass es notwendig ist, an der einen oder anderen Stelle mit der Bundesregierung nochmal zu diskutieren. Diese Gespräche haben stattgefunden, sie sind noch nicht zu Ende gebracht.

Dann fanden in Namibia die Wahlen statt, und ebenso in Deutschland. Wir haben also hier neue Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber, wobei Präsidentin Nandi-Ndaitwah über dieses Thema sehr gut Bescheid weiß, weil sie als Außenministerin 2015 diesen Prozess mit initiiert hat. Die namibische Präsidentin hat selbst gesagt, dass das Ganze vor 2026 abgeschlossen sein soll.

Es ist gut, dass die Gespräche zwischen beiden Seiten sehr vertrauensvoll und konstruktiv verlaufen.

AZ: Und das, denken Sie, wird so passieren und von der neuen deutschen Regierung auch so unterstützt und weitergetragen?

Hutter: Deutschland und Namibia verhandeln nun seit zehn Jahren konstruktiv und vertrauensvoll. Beide Seiten sind sich einig, dass die Verhandlungen abgeschlossen werden sollen, damit die zugesagten Mittel den betroffenen Menschen und Regionen zugutekommen können. Ich bin zuversichtlich, dass die Aussöhnung mit Namibia auch für die neue Bundesregierung ein wichtiges Anliegen bleiben wird.

AZ: Beim Staatsbegräbnis des Präsidenten Hage Geingob sagte Bundespräsident Steinmeier, der in Person angereist war, dass es Zeit für Deutschland sei, sich zu entschuldigen. Wann und auf welche Weise soll diese Entschuldigung stattfinden?

Hutter: Diese Entschuldigung ist von Anfang an ein zentrales Element der Gespräche gewesen. Als der Bundespräsident im letzten Jahr sagte, dass er bald zurückkommen möchte, um die Entschuldigung auszusprechen, meinte er genau das: Es ist an der Zeit, dass Deutschland, das heißt der Bundespräsident, die Entschuldigung offiziell überbringt. In der Gemeinsamen Erklärung heißt es, dass die namibische Seite die Entschuldigung annehmen wird. Ich würde das gar nicht als einen formalen Akt bezeichnen, sondern als einen menschlichen und moralischen Akt. Es wird ausgedrückt, dass zur Versöhnung zwei Seiten gehören. Eine, die um Verzeihung bittet, und die andere, die diese Bitte annimmt. So können Namibia und Deutschland gemeinsam in die Zukunft blicken und die besonderen Beziehungen gemeinsam gestalten.

AZ: Sowohl in Namibia als auch in Deutschland gibt es nun eine neue Regierung. Standen Kanzler Merz und Präsidentin Nandi-Ndaitwah schon in Kontakt? Was bedeuten die neuen Regierungsführungen auf beiden Seiten für die deutsch-namibischen Beziehungen?

Hutter: Präsidentin Nandi-Ndaitwah und Präsident Steinmeier haben bereits miteinander telefoniert. Weitere Kontakte müssen jetzt angebahnt werden. Ich bin zuversichtlich, dass es hierzu bald Gelegenheit geben wird.

Aber diese Regierungskontakte sind nicht das einzig Wichtige. Ich bin nun seit zwei Jahren hier in Namibia. Was mich wirklich beeindruckt und begeistert, ist, wie viele Menschen diese Zusammenarbeit so lebendig machen. Wir haben die Deutsch-Namibische Gesellschaft und die Deutsch-Namibische Entwicklungsgesellschaft. Wir haben Privatinitiativen, wir haben Städtepartnerschaften. Der Bremer Oberbürgermeister war unlängst hier. Bald bekommen wir Besuch aus dem Abgeordnetenhaus von Berlin.

Es gibt also eine große Bandbreite von Kontakten zwischen Deutschen und Namibiern. Die Touristen zählen auch dazu, da 120 000 Reisende jedes Jahr nach Namibia kommen. Und sie erzählen zu Hause ihrer Familie und ihren Freunden, wie toll dieses Land ist.

Das Gespräch führte Katharina Moser.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-07-12

Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen