Vor 50 Jahren 20. Juni 1975

Löst Südwestafrika die Ölemirate ab?Windhoek – Südwestafrika hat gute Chancen, in nicht allzu ferner Zukunft die Ölemirate des Nahen und Mittleren Ostens als Kraftstoffquelle für die industrialisierte Welt abzulösen. Uran ist der Kraftstoff der Zukunft. Uran ist in Südwestafrika vorhanden. Die Nachfrage nach Uran wird erheblich steigen. Rössing Uranium wird die erste Gesellschaft sein, die mit der aktiven Uranproduktion beginnt. Weitere Projekte werden untersucht. Die bisherigen Ergebnisse der Prospektierarbeiten insbesondere im Küstengebiet von Walvis Bay und Swakopmund sind ermutigend. Wenn die vorzunehmenden Bohrungen die bisherigen Untersuchungsergebnisse bestätigen, kann mit Kapitalanlagen von 400 bis 500 Millionen Rand für die Produktion von Uran. gerechnet werden. Dies sind die Ansichten von Keith Olivier, Vertreter einer großen Rechtsanwaltsfirma in der Republik, die für JCI tätig ist. Keith Olivier weilte gestern in Windhoek, um im Namen von JCI wichtige Transaktionen durchzuführen.Angesichts der geringen Bevölkerungsdichte, so sagte Olivier, könne Südwestafrika möglicherweise auch noch in anderer Hinsicht mit den Ölemiraten konkurrieren: DasEinkommen aus der Uranförderung zusammen mit den anderen Einkünften des Landes kann ein phantastisches durchschnittliches Einkommen pro Kopf der Bevölkerung ergeben. In den Oelstaaten liegt das Pro-Kopf-Einkommen teilweise bei 8 000 Dollar pro Jahr, wenngleich die Scheichs den Löwenanteil davon abzweigen.Bereits vorgestern hatte die AZ gemeldet, daß auf dem Gebiet der Uranförderung Überraschungen möglich sind. Nachdem sich gewisse Länder in den vergangenen Jahren mit ihren Beteiligungen und Zukunftsaufträgen bei dem Rössingprojekt zurückgehalten hatten, liegen jetzt feste Bestellungen vor, denen nachgekommen werden muß. Es wird damit gerechnet, daß dies nur möglich sein wird, wenn die Kapazität von Rössing weiter aufgestockt wird. Der Personalbedarf wird hierfür erheblich sein. ein. Rössing Uranium dürfte daher den Ausbau von Swakopmund wesentlich weiter treiben, als ursprünglich vermutet wurde. Im Raum von Swakopmund und Walvis Bay ist JCI mit Prospektierarbeiten beschäftigt. Die De-Beers-Gruppe prospektiert in ihren Diamantenkonzessionen südlich von Walvis Bay.Waffenversteck der SchutztruppeKeetmanshoop – Ein unterirdisches Waffenlager wurde am Mittwochnachmittag bei Erdbewegungsarbeiten der Stadtverwaltung von Keetmanshoop entdeckt. Arbeiter waren dabei, das Rivier, das durch die Ortschaft geht, zu verbreitern, als plötzlich Munition im Boden sichtbar wurde. Die Arbeiter gruben sofort nach und beförderten Tausende ungebrauchte Patronen sowie angerostete Granaten und Teile von Munitionskisten zu Tage. Die Polizei wurde sofort benachrichtigt und bewachte den Fundort.Vermutlich handelt es sich um ein Munitionsversteck aus dem Ersten Weltkrieg. Es befindet sich auch der historische Galgenhügel in der Nähe. Offiziere der Wehrmacht in Windhoek sind dabei, den Waffenfund zu untersuchen.Aus Mosambik ausgewiesenLourenço Marquesques – Dr. Hans Germani, der neben dem südafrikanischen Nachrichtenmagazin “To the Point” die deutsche Zeitung “Die Welt" repräsentiert, wurde aus Mosambik ausgewiesen. Dr. Germani war zusammen mit seiner Frau, die für den Berliner Tagesspiegel schreibt, per Kraftfahrzeug von Johannesburg nach Lourenço Marques gefahren, um über die Unabhängigkeitsfeierlichkeiten Mosambik zu berichten. Dr. Germani und Frau hatten um Akkreditierung als Berichterstatter in Mosambik gebeten. Sie verfügten über gültige Visen für Mosambik. Sie wurden von der Grenzkontrolle abgefertigt, nachdem diese mit Lourenço Marques Verbindung aufgenommen hatte. Nach der Ankunft in Lourenço Marques erschien ein Polizeibeamter im Hotel Dr. Germanis und forderte ihn auf, das Land zu verlassen. Germani forderte eine schriftliche Ausweisungsverfügung. Nachdem jedoch weitere Polizisten erschienen waren, entschloß sich das Ehepaar zur Rückkehr nach Südafrika. Der Generalkonsul der BRD in Lourenço Marques, Dr. Gottfried Pagenstert, erklärte, daß sechs westdeutschen Journalisten die Akkreditierung als Berichterstatter für die Unabhängigkeits feierlichkeiten versagt worden sei. Ein aus vier Mann bestehendes westdeutsches Fernsehteam wurde ausgewiesen Ein zweites deutsches Team des ZDF darf in Mozambik bleiben. Einem deutschen Rundfunkjournalisten wurde ebenfalls die Genehmigung erteilt, über die Unabhängigkeitsfeierlichkeiten zu berichten.Dr. Pagenstert, der heute nach Bonn abreist, erklärte, er sei nach Bonn zur Berichterstattung zurückgerufen worden. Die Tätigkeit des Generalkonsulates, so erläuterte er. werde mit der Unabhängigkeit Mosambiks beendet. Dies gelte für alle Kontulate. Die Generalkonsuln von Frankreich und Brasilien seien bereits abgereist. Der italienische Konsul verlasse das Land am 23. Juni. Es sei jetzt Sache der verschiedenen Regierungen und der neuen Regierung von Mosambik, darüber zu entscheiden, wie sich die künftigen diplomatischen Beziehungen nach dem 25. Juni, dem Tage der Unabhängigkeit, gestalten sollen.Katholiken von Kommunisten bedrohtLissabon – Am Donnerstagmorgen befreiten portugiesische Truppen ungefähr 700 Katholiken aus dem Palast des Erzbischofs von Lissabon, nachdem sie dort die Nacht über von linken Extremisten belagert worden waren. Ein Hagel von Steinen und eine Flut von Beleidigungen ging auf die Lastwagen nieder, auf denen die Befreiten aus dem Unruheherd entfernt wurden, Tod den Faschisten!" schrien die Extremisten den Wagen nach. Die Katholiken hatten in dem Palast nach einer Gependemonstration gegen eine kommunistische Versammlung, auf der die Besetzung des katholischen Rundfunksenders durch die Kommunisten unterstützt wurde, Zuflucht gesucht. Die kommunistische Einnahme des katholischen Rundfunksenders fügt einen weiteren Streitpunkt, den die Militärregierung bewältigen muß, hinzu. Zu der Auseinandersetzung innerhalb der Militärregierung zwischen den Kommunisten und den Sozialisten droht nun noch eine Spaltung zwischen Kirche und Staat zu kommenDer 30-köpfige revolutionäre Militärrat, der eigentlich die Staatsmacht in den Händen hält, gab am Donnerstag ein Kommuniqué heraus, das die Unruhen der letzten Tage scharf verurteilt. Der Rat wolle keine Diktatur des Proletariats in Portugal sehen. Die Verlautbarung bestätigte, daß sich der Rat einer Viel-Parteien-Demokratie verpflichtet fühlt. Er beschuldigte die Unruhestifter, daß sie Gerüchte in Umlauf setzen und panikartiges Benehmen verursachen wollen.Auch der Erziehungsminister wurde in den letzten Tagen in seiner Wohnung von Demonstranten belästigt Der Streit um die Zeitung “Republica" hat inzwischen wieder eine neue Wendung genommen. Die kommunistischen Drucker haben die Druckerei und das Gebäude der Redaktion erneut besetzt, nachdem sie vor zwei Tagen unter Druck von Soldaten das Gebäude räumen mußten. Das Tauzichen um die “Republica", die bislang noch das einzige unabhängige Blatt in Lissabon war, hat im letzten Monat schon zu einer Regierungskrise geführt. Der portugiesische Sicherheitsdienst Copcon hatte nach einer Weisung des Militärrates den Sozialisten versprochen, die eigentliche Redaktion der Zeitung wiedereinzusetzen. Ohne nähere Erklärung haben die Truppen jedoch den kommunistischen Druckern wieder den Zugang in die Gebäude verschafft. Die Drucker beabsichti gen, die Zeitung unter neuer Führung wieder herauszugeben und den sozialistischen Redakteur Paul Rego zu ersetzen.

Vor 50 Jahren 20. Juni 1975

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-07-16

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