Vor 50 Jahren 15 April 1975

Diplomatische Beobachter sind PrivatpersonenWindhoek - Der Prozess gegen den SWAPO-Vorsitzenden in Südwestafrika, David Meroro, wegen Besitzes kommunistischer Literatur, brachte erneut beträchtliche diplomatische Aktivität nach Windhoek. Diplomaten aus den USA. England, Australien und Schweden verfolgen den Prozessverlauf. Allerdings ohne diplomatische Legitimation. Die Zuständigkeit der Botschaften dieser Länder beschränkt sich auf die Republik Südafrika. Südwestafrika ist dabei nicht eingeschlossen. Anders liegen die Verhältnisse im Fall Westdeutschland. Westdeutschland unterhält in Windhoek ein Konsulat. Das gleiche gilt für Portugal.Der AZ wurde amtlich bestätigt, dass die Vertreter von Botschaften, die sich in Südwestafrika aufhalten, als Privatpersonen gelten, wenn die betreffenden Länder Wert darauf legen, dass ihre Botschafter nur für Südafrika akkreditiert sind. In den meisten Fällen wird darauf Wert gelegt. Die konsularische Betreuung von Staatsangehörigen der betreffenden Länder in Südwestafrika erfolgt im Bedarfsfall durch die nächstgelegenen Konsulate oder Generalkonsulate, meist in Kapstadt. Der südafrikanischen Regierung ist bekannt, dass die Tätigkeit der diplomatischen Zivilpersonen keineswegs ziviler Art ist, sondern daß sie diplomatische Aufträge ausführen,Diese Länder können gegenüber den Vereinten Nationen darauf verweisen, dass sie, wie UNO-Resolutionen dies wünschen, keine diplomatische oder konsularische Vertretung unterhalten, die die südafrikanische Administration von Südwestafrika anerkennt. Im übrigen machen diese Länder jedoch von der Großzügigkeit der südafrikanischen Regierung Gebrauch, die normalerweise gegen die ihr bekannten diplomatischen Aktivitäten nichts einwendet.Eine Deklaration mit HintertürenEs ist nicht einfach zu sagen, was man von der Daressalam-Deklaration halten soll, ohne den genauen Text der Deklaration und der Zusatzprotokolle studiert zu haben. Aus diesem Grunde sind die südafrikanischen amtlichen Kommentare zurückhaltend. Aufgrund der Nachrichten aus Daressalam kann man mit ruhigem Gewissen sagen, daß die Deklaration und die sie begleitenden Texte für jeden etwas bieten. Die Gemäßigten finden sich in ihrem Verhandlungs-Denken genauso bestätigt wie die wildesten Konfrontationisten. Die grundsätzliche Gutheißung von Verhandlungen und Kontakten zwischen individuellen OAE-Mitgliedern und Südafrika ist eingebettet in ein Vokabular von Gewalt und Drohungen, vermischt mit Bedingungen, die alles andere als Kontakt fördernd sind. Jeder findet letzten Endes einen Teil Text, der ihm am häuslichen Feuer die Siegesmeldung von der Durchsetzung seiner eigenen Vorstellungen ermöglicht. Das gilt sowohl für die Außenminister der 42 Mitgliedsländer als auch für die Vertreter der sogenannten ,,Befreiungsbewegungen".Eins steht jedoch fest: Die Organisation für Afrikanische Einheit hat erstmals Verhandlungen mit Südafrika gutgeheißen, wenn auch unter vielen Wenn und Aber. Dieser Erfolg der südafrikanischen Entspannungspolitik und der Länder, die sich für die Entspannung aktiv einsetzen, vor allem Sambia, Tansania und Botswana, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß derartige Kautschuk-Deklarationen mit zahlreichen Hintertüren, die jedem etwas bieten, gefährlich und vor allem Rückschlag-empfindlich sind. Nur Zukunft und Praxis können zeigen, welchen Weg das südliche Afrika gehen wird: den Weg des friedlichen Ausgleichs oder den der Konfrontation.Auch in der Südwestafrikafrage wird sich zeigen müssen, ob die Länder, die im südlichen Afrika die Entspannung anstreben, sich ihre Politik von fernen militanten Ländern und Organisationen aufzwingen lassen werden oder nicht.Wichtiges in KürzeDaressalamDer ehemalige ZANU-Führer Reverend Sithole hat es vorgezogen, in Daressalam zu bleiben und nicht nach Salisbury zurückzukehren. Er will zunächst abwarten, ob er in Salisbury wieder verhaftet werden soll oder nicht.SalisburyEiner der stärksten Opponenten des Terrorismus unter den Stammesführern in Rhodesiens nordöstlichem Grenzgebiet, Chef Makope, wurde in der vergangenen Nacht von Terroristen ermordet.SantiagoDer chilenische Präsident Augusto Pinochet übergab heute sieben Ministerien an Zivilisten in der Hoffnung, dass sie das Land aus der wirtschaftlichen Misere führen. Fünf neue Minister wurden ernannt. Das ist die erste Veränderung in der Regierung seit dem gewaltsamen Militärputsch, dem der ehemalige Präsident Salvadore Allende zum Opfer fiel.KairoPräsident Anwar Sadat ernannte einen neuen Ministerpräsidenten, nachdem er von armen Familien des Landes Klagen erhalten hatte. Ministerpräsident Mamdouh Salem soll sich um die erkrankte Wirtschaftslage kümmern. Präsident Sadat sagte, dass sich an Ägyptens Wirtschaftspolitik nichts ändere. Das Land ausländischen Investitionen offen.Buenos AiresEine Bombe beschädigte das argentinische Marine-Hauptquartier, und Guerillas versuchten, eine Stadt in der östlichen Provinz Santa Fé in einer erneuten Welle der Gewaltanwendung einzunehmen. Die Bombenexplosion fand auf der elften Etage des Marine-Hauptquartiers statt und zerstörte etliche Büros. Es wurde niemand verletzt.Tel Aviv Israel begeht heute die Unabhängigkeitsfeierlichkeiten in bescheidenem Rahmen, ganz im Gegensatz zu den großartigen Militärparaden in den vergangenen Jahren. Angesichts der vielen Gefallenen, die aus den Kriegen zu beklagen sind, und angesichts der missglückten Friedensmission Dr. Henry Kissingers besteht wenig Anlass zu überschwänglichen Feierlichkeiten.

Vor 50 Jahren 15 April 1975

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-04-28

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