Der ehemalige Botschafter Christian Schlaga. Foto: NMH-Archiv
Der ehemalige Botschafter Christian Schlaga. Foto: NMH-Archiv

Stand des Genozidabkommens

Ex-Botschafter Schlaga hält Vortrag über bisherige Verhandlungen
Der ehemalige deutsche Botschafter für Namibia, Christian Schlaga, hat am vergangenen Wochenende in Deutschland vor dem Internationalen Club in Bonn einen Vortrag zum Umgang mit kolonialer Vergangenheit zwischen Namibia und Deutschland gehalten. In seiner Ansprache, die über 50 Besucher anzog, gab er einen umfassenden Überblick über die Verhandlungen zwischen Namibia und Deutschland zum Genozidabkommen.
Katharina Moser
Von Katharina Moser, Frankfurt

Ein langer Weg: Schon seit Langem hatten Vertreter von Herero und Namibia in Namibia sowie politische Gruppierungen in Deutschland der Parteien Die Linke, Die Grünen und der SPD eine Anerkennung der militärischen Niederschlagung des Aufstandes der Nama und Herero gegen die deutsche Kolonialregierung als Völkermord gefordert. Die Bewertung der Kriegsereignisse als Völkermord hatten die Regierungen Namibias und Deutschlands zu Anfang jedoch abgelehnt. Der ehemalige Botschafter Schlaga erklärte nun, wie der Stand der Verhandlungen aussieht.

Die politische Lage änderte sich zunächst ab 2004, als die damalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Wieczorek-Zeul, in ihrer Ansprache zum 100-jährigen Gedenken an die Kämpfe am Waterberg die Kriegsereignisse ab 1904 erstmals als Völkermord bewertete.

Wie Schlaga darlegt, verschob sich die Situation weiter, als Bundestagspräsident Lammert 2015 die Ereignisse ebenfalls als „Völkermord aus heutiger Sicht“ bezeichnete. Daraufhin bestätigte auch der Pressesprecher des Auswärtigen Amts Schäfer für Außenminister Steinmeier, dass die deutschen Taten in Südwest-Afrika „Kriegsverbrechen und ein Völkermord“ waren. Auf diese Aussagen folgten die ersten Verhandlungen zwischen der deutschen und namibischen Regierung. 2015 ernannte Steinmeier Ruprecht Polenz zum deutschen Sonderbotschafter und bezeichnete es als Ziel der Verhandlungen, unter anderem eine gemeinsame Bewertung der Vergangenheit vorzunehmen und die bilateralen Beziehungen auszugestalten. Außenministerin Nandi-Ndaitwah ernannte Dr. Zedekia Ngavirue zum namibischen Sonderbotschafter. Laut Schlaga waren sich beide Sonderbotschafter einig, dass eine gemeinsame Sprache zur Beschreibung wesentlicher historischer Ereignisse von 1904 bis 1907 gefunden werden müsse, im Kern, wie der Begriff des Völkermords zu verwenden sei. Ziel sei außerdem eine Entschuldigung Deutschlands und ihre Annahme durch Namibia, sowie finanzielle Maßnahmen Deutschlands.

Begriff „Völkermord“

Problem der Verhandlungen, wie Schlaga vorträgt, war zunächst die Bedeutung der Verwendung des Begriffs Völkermord. „Die Bundesregierung sagte grundsätzlich ja zum Begriff „Völkermord“ in historisch-politisch-moralischem Sinn, erkannte aber keine rückwirkende Anwendung der VN-Völkermord-Konvention an, also keine Beurteilung der Kriegsereignisse nach juristischen Kriterien“, so Schlaga. „Namibia hingegen war der Überzeugung, das Deutsche Reich habe damals geltende Normen des Völkerrechts verletzt und hafte daher noch heute juristisch in Form von Reparationszahlungen für verursachte Schäden.“ Zudem gab es Unstimmigkeiten zur Art der finanziellen Maßnahmen. „Deutschland war bei strikter Ablehnung von Reparationen grundsätzlich zur Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Herero und Nama bereit.“

Nach fast sechs Jahren und neun Verhandlungsrunden wurde Mai 2021 die „Gemeinsame Politische Erklärung“ paragraphiert. Die wichtigsten Punkte der Vereinbarung sind, dass Deutschland anerkennt, dass die im Kolonialkrieg begangenen Gräueltaten aus heutiger Perspektive als Völkermord bezeichnet werden, und dass es die moralische, historische und politische Verantwortung habe, um Entschuldigung für diesen Völkermord zu bitten.

Finanzielle Verpflichtungen

Somit verpflichtet sich Deutschland, über einen Zeitraum von dreißig Jahren 1,05 Milliarden Euro für Versöhnung und Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen. „Finanziert werden Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den sieben Regionen Namibias, wo heute Nachfahren der damals besonders betroffenen Gemeinschaften Herero und Nama leben, mittels eines Sonderfonds.“ Zudem wurde die Gründung einer Stiftung (50 Millionen Euro) zur Finanzierung von Projekten der Völkerversöhnung vereinbart. Teil der Vereinbarungen war außerdem das Einverständnis der Regierungen, dass mit dieser Summe alle finanziellen Aspekte erledigt sind.

Die Unterzeichnung der Politischen Erklärung durch die Außenminister von Deutschland und Namibia ist allerdings „noch nicht erfolgt, der Zeitpunkt ist offen“, so Schlaga. Im Rahmen dessen soll der Bundespräsidenten nach Namibia reisen und für Deutschland um Entschuldigung durch Namibia bitten. Danach erst soll die Umsetzung der Maßnahmen beginnen. Laut Schlaga bewertet die Bundesregierung die Politische Erklärung als formalen Abschluss der Verhandlungen; der vereinbarte Text wird nicht mehr verändert.

Scharfe Kritik

Aus Kreisen der Nama und Herero kam jedoch schärfste Kritik an dem Abkommensentwurf: Wie Schlaga zusammenfasst, fordern Gruppen von Herero und Nama seit langem, nur ihnen stehe das Recht zu, die Verhandlungen mit Deutschland zu führen. „Sie verweigern daher eine eigene Teilnahme an der namibischen Verhandlungsdelegation, und lehnen ab, dass die namibische Regierung die Verhandlungen im Namen Namibias mit der deutschen Regierung führt. Deshalb lehnen sie auch unversöhnlich jedes Ergebnisses der Regierungsverhandlungen ab“, erklärt Schlaga. „Sie fordern eine Neuverhandlung unter ihrer Führung mit Ziel sehr hoher Reparationszahlungen.“ Zudem gab es eine Klage vor dem namibischen Verfassungsgericht vom 19.1.2023 mit dem Ziel, die Politische Erklärung als unvereinbar mit der namibischen Verfassung zu erklären. „Bereits 2019 wurde Deutschland auf die Zahlung von Reparationen in den USA verklagt, aber ohne Erfolg.“

Wie Schlaga ins Gedächtnis ruft, beugte sich die namibische Regierung dem innenpolitischen Druck und verweigert die Unterzeichnung der Politischen Erklärung. „Im Juli 2022 forderte die namibische Regierung dann die Verhandlung über einen Anhang zur Politischen Erklärung mit zwei Punkten: Deutschland müsse den Betrag erhöhen oder zumindest zusichern, dass der Betrag von 1,1 Milliarden nicht abschließend sei. Und Deutschland müsse zur Flexibilität bei Auszahlung der Mittel bereit sein“, erklärt Schlaga.

Demnach führen beide Regierungen noch immer Gespräche darüber. Wie Schlaga betont, ist deren Ausgang weiterhin offen.

Schlagas umfassender Vortrag erweckte das Interesse vieler Zuhörer und löste auch im Anschluss eine belebte Diskussion aus. Das legt nahe, dass die Verhandlungen zum Genozid der deutschen Kolonialregierung in Namibia auf beiden Seiten weiterhin von hoher Bedeutung sind.

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