Vor 50 Jahren
1975-02-28
UNVERMÄGEN, MISSVERSTÄNDNISSE UND BESCHWERDEN
Windhoek – Die gestrige Sitzung des Katutura-Beirates entpuppte sich unter anderem als ein Erziehungs- und Lernprozess für Weiß und Nichtweiß. Die weißen Beamten haben sich anscheinend noch nicht an die Palavertradition der Schwarzen gewöhnt, während unsere schwarzen Ratsherren noch ziemlich wenig Routine in den städtischen Verwaltungsgeschäften zu haben scheinen.
Auf der Sitzung fiel auf, dass die Abgeordneten der Herero diplomatisch und in einem bilderreichen Stil Vorschläge machten, während die Abgeordneten der Damara und Nama keine Vorschläge zu machen hatten und allen Beschlüssen des Windhoeker Stadtrates ablehnend begegneten.
OWAMBO-MILLIONÄR WIRD WIRTSCHAFTSMINISTER
Oshakati – Heute stellt Chefminister Filemon Elifas sein Kabinett für Owambo zusammen. Das Kabinett wird erneut aus sieben Ministern bestehen. Der Chefminister behält das Ressort Finanzen bei. Ferner sind die weiteren Ressorts zu verteilen: Erziehung, Landwirtschaft, Öffentliche Arbeiten, Justiz, Inneres und Wirtschaft. In Owambo rechnet man lediglich mit einer Personalveränderung im Kabinett: Owambos bekannter und reichster Geschäftsmann wird mit dem Wirtschaftsministerium betraut. Dieser Mann ist Frans Ndonga. Er herrscht über ein beträchtliches Wirtschaftsimperium in Owambo. Er ist gewählter Abgeordneter und hat in seinem Stammgebiet der Kwambi bei weitem die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
TANSANIA ZWISCHEN DETENDE UND KONFRONTATION
London – Tansanias Außenminister John Malecela, der vor kurzem in Lusaka mit Außenminister Dr. Hilgard Muller zusammengetroffen ist, hat sich in London vor der Königlichen Commonwealth Gesellschaft fiber den Dialog zwischen Südafrika und Schwarzafrika ausgesprochen. Der Dialog habe 1968 und 1969, so sagte er, dort geendet, wo er begonnen habe Er meinte, die Südafrikaner vergaßen immer, dass nicht der Dialog das Problem sei, sondern die Apartheid. Der tansanische Außenminister beruhigte seine Zuhörer, dass die schwarzafrikanischen Staaten nach wie vor vereinigt gegen die Apartheid stünden.
„Wir müssen auf südafrikanische Manöver gefaßt sein. Vorster hat ein Gehirn wie Sie und ich. Seine Manöver überraschen uns nicht. Tansania wird seine Haltung im Kampf gegen den Rassismus nicht verändern“, sagte Malecela.
Anschließend forderte der tansanische Außenminister, dass Südwestafrika die Unabhängigkeit auf der Basis der Mehrheitsherrschaft gewahrt werden sollte. Es sollte nicht versucht werden, die Grenzen Südwestafrikas zu andern. Die südafrikanische Regierung habe gegenüber den Forderungen der südwestafrikanischen schwarzen Nationalisten, von Schwarzafrika und den Vereinten Nationen keine bedeutsamen Konzessionen gemacht. Aus diesem Grunde bleibe die Frage einer Konfrontation in Südwestafrika sehr beträchtlich.
ENTFÜHRUNG EINES CDU-POLITIKERS
Berlin – Der Berliner CDU-Oppositionsführer Peter Lorenz ist am Donnerstag entführt worden. Er wollte sich am Sonntag in den Wahlen als Kandidat für den Posten des Regierenden Bürgermeisters stellen. Der gegenwärtige Regierende Bürgermeister ist der Sozialdemokrat Klaus Schutz.
Der Überfall auf den 52-jährigen Lorenz erfolgte, als er mit seinem Fahrer ins Parteibüro fuhr, um, dort einen amerikanischen Journalisten zu empfangen. Ein kIeiner Wagen rammte das Auto des Politikers. Zwei Männer und eine Frau überwältigten den Fahrer und fuhren mit Lorenz in seinem Wagen davon.
Tausende von Polizisten durchsuchten sofort ganz West-Berlin. Es wird vermutet, Lorenz halte sich nicht in der Stadt auf. Die DDR-Grenzstellen sind benachrichtigt worden. Zusammenarbeit wurde zugesagt.
Der Fahrer, der, obwohl Judo-Experte, von zwei Männern und einer Frau aus dem Wagen gerissen und zu Boden geworfen wurde, identifizierte die Frau später nach Fotografien, die ihm von der Polizei vorgelegt wurden. Es handelt sich um die 34-jährige frühere Lehrerin Angela Luther, die Verbindungen mit der Baader-Meinhof-Bande unterhalten soll. Sie wird gesucht, weil sie mit einer „kriminellen Organisation“ – womit die Baader-Meinhof-Gruppe gemeint ist – verbunden sei. Sie verschwand 1972, nachdem eine Bombe in der von ihr unter anderem Namen gemieteten Wohnung explodiert war.
Der Wagen des Entführten wurde in einer Garage gefunden. Man fand darin eine Spritzenhülle, so dass vermutet wird, Lorenz konnte bewusstlos gemacht worden sein. Die Polizei hat eine Belohnung von 100 000 DM ausgeschrieben. Für andere Politiker wurden Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Der Wahlkampf wurde von allen drei Parteien abgesagt, jedoch wird am Sonntag gewählt.
Windhoek – Die gestrige Sitzung des Katutura-Beirates entpuppte sich unter anderem als ein Erziehungs- und Lernprozess für Weiß und Nichtweiß. Die weißen Beamten haben sich anscheinend noch nicht an die Palavertradition der Schwarzen gewöhnt, während unsere schwarzen Ratsherren noch ziemlich wenig Routine in den städtischen Verwaltungsgeschäften zu haben scheinen.
Auf der Sitzung fiel auf, dass die Abgeordneten der Herero diplomatisch und in einem bilderreichen Stil Vorschläge machten, während die Abgeordneten der Damara und Nama keine Vorschläge zu machen hatten und allen Beschlüssen des Windhoeker Stadtrates ablehnend begegneten.
OWAMBO-MILLIONÄR WIRD WIRTSCHAFTSMINISTER
Oshakati – Heute stellt Chefminister Filemon Elifas sein Kabinett für Owambo zusammen. Das Kabinett wird erneut aus sieben Ministern bestehen. Der Chefminister behält das Ressort Finanzen bei. Ferner sind die weiteren Ressorts zu verteilen: Erziehung, Landwirtschaft, Öffentliche Arbeiten, Justiz, Inneres und Wirtschaft. In Owambo rechnet man lediglich mit einer Personalveränderung im Kabinett: Owambos bekannter und reichster Geschäftsmann wird mit dem Wirtschaftsministerium betraut. Dieser Mann ist Frans Ndonga. Er herrscht über ein beträchtliches Wirtschaftsimperium in Owambo. Er ist gewählter Abgeordneter und hat in seinem Stammgebiet der Kwambi bei weitem die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
TANSANIA ZWISCHEN DETENDE UND KONFRONTATION
London – Tansanias Außenminister John Malecela, der vor kurzem in Lusaka mit Außenminister Dr. Hilgard Muller zusammengetroffen ist, hat sich in London vor der Königlichen Commonwealth Gesellschaft fiber den Dialog zwischen Südafrika und Schwarzafrika ausgesprochen. Der Dialog habe 1968 und 1969, so sagte er, dort geendet, wo er begonnen habe Er meinte, die Südafrikaner vergaßen immer, dass nicht der Dialog das Problem sei, sondern die Apartheid. Der tansanische Außenminister beruhigte seine Zuhörer, dass die schwarzafrikanischen Staaten nach wie vor vereinigt gegen die Apartheid stünden.
„Wir müssen auf südafrikanische Manöver gefaßt sein. Vorster hat ein Gehirn wie Sie und ich. Seine Manöver überraschen uns nicht. Tansania wird seine Haltung im Kampf gegen den Rassismus nicht verändern“, sagte Malecela.
Anschließend forderte der tansanische Außenminister, dass Südwestafrika die Unabhängigkeit auf der Basis der Mehrheitsherrschaft gewahrt werden sollte. Es sollte nicht versucht werden, die Grenzen Südwestafrikas zu andern. Die südafrikanische Regierung habe gegenüber den Forderungen der südwestafrikanischen schwarzen Nationalisten, von Schwarzafrika und den Vereinten Nationen keine bedeutsamen Konzessionen gemacht. Aus diesem Grunde bleibe die Frage einer Konfrontation in Südwestafrika sehr beträchtlich.
ENTFÜHRUNG EINES CDU-POLITIKERS
Berlin – Der Berliner CDU-Oppositionsführer Peter Lorenz ist am Donnerstag entführt worden. Er wollte sich am Sonntag in den Wahlen als Kandidat für den Posten des Regierenden Bürgermeisters stellen. Der gegenwärtige Regierende Bürgermeister ist der Sozialdemokrat Klaus Schutz.
Der Überfall auf den 52-jährigen Lorenz erfolgte, als er mit seinem Fahrer ins Parteibüro fuhr, um, dort einen amerikanischen Journalisten zu empfangen. Ein kIeiner Wagen rammte das Auto des Politikers. Zwei Männer und eine Frau überwältigten den Fahrer und fuhren mit Lorenz in seinem Wagen davon.
Tausende von Polizisten durchsuchten sofort ganz West-Berlin. Es wird vermutet, Lorenz halte sich nicht in der Stadt auf. Die DDR-Grenzstellen sind benachrichtigt worden. Zusammenarbeit wurde zugesagt.
Der Fahrer, der, obwohl Judo-Experte, von zwei Männern und einer Frau aus dem Wagen gerissen und zu Boden geworfen wurde, identifizierte die Frau später nach Fotografien, die ihm von der Polizei vorgelegt wurden. Es handelt sich um die 34-jährige frühere Lehrerin Angela Luther, die Verbindungen mit der Baader-Meinhof-Bande unterhalten soll. Sie wird gesucht, weil sie mit einer „kriminellen Organisation“ – womit die Baader-Meinhof-Gruppe gemeint ist – verbunden sei. Sie verschwand 1972, nachdem eine Bombe in der von ihr unter anderem Namen gemieteten Wohnung explodiert war.
Der Wagen des Entführten wurde in einer Garage gefunden. Man fand darin eine Spritzenhülle, so dass vermutet wird, Lorenz konnte bewusstlos gemacht worden sein. Die Polizei hat eine Belohnung von 100 000 DM ausgeschrieben. Für andere Politiker wurden Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Der Wahlkampf wurde von allen drei Parteien abgesagt, jedoch wird am Sonntag gewählt.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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