Über die Missionsfarm Gaub Einstiege in Geschichte und Landwirtschaft
Die Geschichte der rheinischen Missionsfarm Gaub (Ghaub) im Otavi-Dreieck über 101 Jahre sowie der darauf folgende Umbruch zu einer Gästefarm nunmehr über 33 Jahre reflektiert vielfältige Aspekte der Chronik Namibias. Die Autoren Hans Hilpisch und Armin Jagdhuber haben umfangreiche Quellen herangezogen, ein illustriertes Geschichtswerk zu erstellen, das als originelles Stück Namibiana, als aufschlussreiche Heimatkunde und als zuverlässiger Beitrag zur Schilderung des religiösen und farmwirtschaftlichen Hergangs in Namibia gilt. Die Leser erfahen genau, was der Untertitel des Buches verspricht – „eine Farm und Missionsstation im Spiegel der Geschichte Namibias".
Lesern der Öffentlichkeit und der Farmerschaft des mittleren Nordens ist das Buch wegen seiner überschaubaren Personenreihe mit bekanten Namen ihrer Umgebung besonders zu empfehlen, darunter Detering, Heinrich Vedder, Ernst Albat, Volkmann, Feucht, Stritter u. A. . Sie haben Epochen, Zeitabschnitte und den Wandel über Jahre und Jahrzehnte bis in die Gegenwart hinein geprägt. Die Autoren richten sich in der Widmung „an alle Menschen, die sich bei der Aufarbeitunng der Geschichte Namibias mit unvoreingenommener und sachlicher Arbeit einbringen“.
Die malerische, wasserreiche Farm Ghaub im Karstveld des Nordens liegt scheinbar abseits der Hauptrouten und urbanen Zentren Namibias, aber alle politischen und kriegierischen Verwerfungen, inklusive Dürren, haben die Farm, ihre Wirtschafter und Arbeiter direkt berührt. Auf der Wirtschaftsebene erlebt der Leser den Wechsel zwischen Vorzeigefarm, finanzieller Stütze der Rheinischen Mission anderswo und Landwirtschaftsbetrieb am Rande der Zahlungsunfähigkeit. Im sozialen Bereich diente die Farm als Stätte der Missionierung, der Verkündigung des Evangeliums, als Schule für Herero-, Dama-, Nama- und San-Kinder sowie als Seminar für Evangelisten.
Die Farm hat während des Kolonialkriegs mit den Herero 1904 , während der Evakuierung und unter vorübergehender Besatzung durch die südafrikanischen Truppen im 1. Weltkrieg viel Plünderung und Viehverluste aber keine Zerstörung erfahren. Bezeichnende Details aus dem Alltag sind notiert, z. B. wie sich im April und Juli 1904 sieben Ochsenwagen über Outjo nach Karibib aufmachen, um Proviant für Grootfontein und Ghaub heranzuschaffen. Die Beschaffung über Outjo – um die Kampfstätte Waterberg zu vermeiden – dauert sechs Wochen. Die Otavi-Bahn in den Norden war erst geplant. Nach den ersten drei Kriegen des 20. Jahrhunderts hat die Belegschaft – zumeist unter erschwerten Bedingungen und im Wandel der Zeit – den produktiven Farmbetrieb wieder aufgenommen.
Im relativ kurzen Feldzug der zahlenmäßig weit überlegenen Streitmacht der Union von Südafrika gegen die deutsche Schutztruppe 1914/1915 sind auf Ghaub die letzten Schüsse und drei Soldaten gefallen: zwei deutsche Unteroffiziere und ein britisch-südfrikanischer Hauptmann. Danach erfolgte die Kapitulation der deutschen Truppe auf der mit Ghaub verwandten Missionsfarm Khorab.
Die in diesem Werk angeschnittenen brisanten Themen heben die Schrift deutlich über den Kontext historischer Aufzeichnung hinaus und machen sie teils zur Kulisse ungelöster Fragen der Gegenwart wie da sind die Landfrage, das britisch-südafrikanische Propagandabuch, the Blue Book (angezweifelte Äußerungen eines namhaften Bewohners von Ghaub wurden ins Blaubuch aufenommen), Gegensätze im Arbeitsethos zwischen Missionaren samt Missionslandwirten europäischer Herkunft und indigener Sprach- und Kulturgruppen auf Ghaub, und andere Fragen. Dazu die Kritik des letzten deutschen Gouverneurs Seitz vor dem 1. Weltkrieg an den kolonialen Siedlern, der die „wahnsinnige Rohheit gegen die Eingeborenen“ anprangert – gemeint war das Übermaß an Prügelstrafen.
In der Geschichtsschreibung sowie in der Polemik um die Rolle der Mission werden die Missionare je nach voreingenommenem Standpunkt der jeweiligen Autoren unterschiedlich beurteilt, diffamiert oder gewürdigt: als gottesfürchtige Pioniere, als Anbahner und Kollaborateure des Kolonialregimes, als Sendlinge, Lehrer, Krankenpfleger etc. Vor diesem belasteten Hintergrund schafft die Aufarbeitung authentischer Quellen Klarheit und sachlich bereicherndes Verständnis zwischen Extremen. Dazu Reichskommissar Dr. Heinrich Göring, 1885 – 1890 in Otjimbingwe: „ Für unsere Arbeitsbestrebungen war die Rheinische Mission von durchschlagender Bedeutung. Ohne die Pionierarbeit der Missionare wäre die Besitzergreifung des Landes ein völlig illusorischer Akt auf Papier gewesen ...“
Zusammen mit dem Orts-, Namen- und Quellenregister ist dieses Werk ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der Missions- und Landesgeschichte und liegt somit als Nachschlagewerk bereit. Die Leser sind von den Autoren aufgefordert, ergänzende Beiträge einzusenden, um Lücken ihrer Arbeit zu füllen. Eberhard Hofmann
Die malerische, wasserreiche Farm Ghaub im Karstveld des Nordens liegt scheinbar abseits der Hauptrouten und urbanen Zentren Namibias, aber alle politischen und kriegierischen Verwerfungen, inklusive Dürren, haben die Farm, ihre Wirtschafter und Arbeiter direkt berührt. Auf der Wirtschaftsebene erlebt der Leser den Wechsel zwischen Vorzeigefarm, finanzieller Stütze der Rheinischen Mission anderswo und Landwirtschaftsbetrieb am Rande der Zahlungsunfähigkeit. Im sozialen Bereich diente die Farm als Stätte der Missionierung, der Verkündigung des Evangeliums, als Schule für Herero-, Dama-, Nama- und San-Kinder sowie als Seminar für Evangelisten.
Die Farm hat während des Kolonialkriegs mit den Herero 1904 , während der Evakuierung und unter vorübergehender Besatzung durch die südafrikanischen Truppen im 1. Weltkrieg viel Plünderung und Viehverluste aber keine Zerstörung erfahren. Bezeichnende Details aus dem Alltag sind notiert, z. B. wie sich im April und Juli 1904 sieben Ochsenwagen über Outjo nach Karibib aufmachen, um Proviant für Grootfontein und Ghaub heranzuschaffen. Die Beschaffung über Outjo – um die Kampfstätte Waterberg zu vermeiden – dauert sechs Wochen. Die Otavi-Bahn in den Norden war erst geplant. Nach den ersten drei Kriegen des 20. Jahrhunderts hat die Belegschaft – zumeist unter erschwerten Bedingungen und im Wandel der Zeit – den produktiven Farmbetrieb wieder aufgenommen.
Im relativ kurzen Feldzug der zahlenmäßig weit überlegenen Streitmacht der Union von Südafrika gegen die deutsche Schutztruppe 1914/1915 sind auf Ghaub die letzten Schüsse und drei Soldaten gefallen: zwei deutsche Unteroffiziere und ein britisch-südfrikanischer Hauptmann. Danach erfolgte die Kapitulation der deutschen Truppe auf der mit Ghaub verwandten Missionsfarm Khorab.
Die in diesem Werk angeschnittenen brisanten Themen heben die Schrift deutlich über den Kontext historischer Aufzeichnung hinaus und machen sie teils zur Kulisse ungelöster Fragen der Gegenwart wie da sind die Landfrage, das britisch-südafrikanische Propagandabuch, the Blue Book (angezweifelte Äußerungen eines namhaften Bewohners von Ghaub wurden ins Blaubuch aufenommen), Gegensätze im Arbeitsethos zwischen Missionaren samt Missionslandwirten europäischer Herkunft und indigener Sprach- und Kulturgruppen auf Ghaub, und andere Fragen. Dazu die Kritik des letzten deutschen Gouverneurs Seitz vor dem 1. Weltkrieg an den kolonialen Siedlern, der die „wahnsinnige Rohheit gegen die Eingeborenen“ anprangert – gemeint war das Übermaß an Prügelstrafen.
In der Geschichtsschreibung sowie in der Polemik um die Rolle der Mission werden die Missionare je nach voreingenommenem Standpunkt der jeweiligen Autoren unterschiedlich beurteilt, diffamiert oder gewürdigt: als gottesfürchtige Pioniere, als Anbahner und Kollaborateure des Kolonialregimes, als Sendlinge, Lehrer, Krankenpfleger etc. Vor diesem belasteten Hintergrund schafft die Aufarbeitung authentischer Quellen Klarheit und sachlich bereicherndes Verständnis zwischen Extremen. Dazu Reichskommissar Dr. Heinrich Göring, 1885 – 1890 in Otjimbingwe: „ Für unsere Arbeitsbestrebungen war die Rheinische Mission von durchschlagender Bedeutung. Ohne die Pionierarbeit der Missionare wäre die Besitzergreifung des Landes ein völlig illusorischer Akt auf Papier gewesen ...“
Zusammen mit dem Orts-, Namen- und Quellenregister ist dieses Werk ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der Missions- und Landesgeschichte und liegt somit als Nachschlagewerk bereit. Die Leser sind von den Autoren aufgefordert, ergänzende Beiträge einzusenden, um Lücken ihrer Arbeit zu füllen. Eberhard Hofmann
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Allgemeine Zeitung
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