Loading svg Please wait while we translate the article
Am Lagerfeuer erzählte Julias Mann von einer Eierschlange, die auf seiner Straußenfarm Straußeneier stiehlt. Foto: Francois Theart, Facebook
Am Lagerfeuer erzählte Julias Mann von einer Eierschlange, die auf seiner Straußenfarm Straußeneier stiehlt. Foto: Francois Theart, Facebook

Blauer Diamant

„Blauer Diamant" ist ein detailreicher und lesenswerter Roman über den Lebensweg eines Einwanderers in Deutsch-Südwestafrika zur Zeit der großen Diamantenfunde. Lassen Sie sich in das Jahr 1909 versetzen und fahren mit Willy, der Hauptperson dieses Romans, nach Südwestafrika nach Lüderitzbucht. In der Nähe hatte man Diamanten entdeckt. Wer ist die schöne Fremde auf dem Schiff Windhuk? Kann der reiche Diamanthändler Alexander Winter, Besitzer der Farm BLAUER DIAMANT, mit seinem von einem Leoparden entstellten Gesicht psychisch fertig werden? Wie war das beim Bau der Bahntrasse von Windhoek nach Keetmanshoop und wie heilte der Medizinmann Willy?
49. Folge

Das Lagerfeuer loderte und das trockene Holz knackte und knisterte, als sich die Materie in flackerndes Licht und angenehme Wärme umwandelte. Der Geruch von Holzkohlenrauch schwängerte die Luft. Im Laufe des Abends bekam ich den Eindruck, dass auch dieser Jagdausflug wieder mehr eine Herrenpartie war und primär der Unterhaltung diente. Wie sollten wir auch, wenn vier Jäger intensiv jagten und uns das Jagdglück hold wäre, ohne Ochsengespann das viele geschossene Wild abtransportieren? Unvermittelt brach die Dämmerung herein und es wurde jetzt rasch dunkel, doch der Mond stand bereits hoch über dem Gebirgskamm. Mit der Dämmerung kam die Kühle, aber wir hatten jeder eine wärmende Jacke übergezogen. So ließ es sich aushalten. Echte Lagerfeuerromantik, wie ich sie mir als Kind vorgestellt hatte.

Wir saßen alle im Kreis um das Feuer herum. Es knackte und knisterte und ab und zu gab es einen richtigen Knall, dann sprühte es Funken. Interessiert lauschte ich den Erzählungen der anderen drei, wobei einige der Erlebnisse vermutlich in den Bereich Jägerlatein gehörten. Aber spannend waren die Geschichten der erfahrenen Jäger für mich trotzdem. Da wurden Löwen gejagt und Flusspferde erlegt. Dr. Pahl, berichtete von den Kämpfen am Waterberg vor sechs Jahren, wie er sich mit einer kleinen Mannschaft gegen eine erdrückende Übermacht von Hereros behauptet hatte und von Soldaten, die sich später ein schwarzes Mädchen zur Frau genommen hatten. Die Armen waren daraufhin in der weißen Gesellschaft ziemlich geächtet. Weiße, die offiziell mit einer Schwarzen zusammenlebten, wurden in keinem Verein mehr aufgenommen. Mit schwarzen Mädchen schlafen, das machten fast alle, aber weiter durfte es nicht gehen, dann wurde man zum Außenseiter gestempelt. Dabei gab es teilweise verdammt attraktive schwarze Mädchen und dazu kam noch der akute Frauenmangel in diesem Land. Die, die trotz der zu erwartenden Probleme doch ein schwarzes Mädchen zur Frau nahmen, lebten meistens zurückgezogen irgendwo im Landesinneren und betrieben eine kleine Farm. Vielleicht waren sie dort trotz aller Widrigkeiten glücklicher als manches weiße Paar. Jedenfalls wünsche ich es ihnen. Zur Problematik Weiß und Schwarz kann ich mir kein Urteil erlauben, dazu weiß ich einfach zu wenig. Diese Problematik gab es in Dresden nicht.

Eine zweite Flasche Whisky war inzwischen fast leer und einer der Helfer legte hin und wieder etwas Brennholz nach. Der Whisky und das Lagerfeuer hatten uns in eine lockere, romantische Stimmung versetzt. Herr Breuer erzählte von einer nächtlichen Löwenjagd im vergangenen Jahr, bei der eine Löwin auf der Abschussliste stand. Aber die drei jungen Löwen tollten übermütig um die Mutter herum und das putzige Spiel der Jungen im Mondschein hatte ihn so fasziniert, dass er es nicht übers Herz brachte, ihre Mutter zu erschießen. Ihm fehlte der rücksichtslose, absolute Killerinstinkt.

Julias Mann gab zum Besten, dass er kürzlich von einer Puffotter gebissen worden war. Allerdings hatte die Puffotter sich etwas vertan und nur den dicken Lederschaft des Stiefels erwischt. Das Leder war aber so hart und zäh, dass sie ihre Zähne nicht mehr aus dem Leder herausbekam, so dass er die Schlange nur hinter dem Kopf greifen musste und ihr durch Zudrücken des Halses den Garaus machte. Anschließend musste er den Stiefel ausziehen, um die Zähne der Schlange mit großer Kraft aus dem Leder zu befreien. Die präparierte Schlange kann jetzt in seinem Jagdzimmer besichtigt werden. Na, ich weiß nicht recht, ob man einer Schlange die Luft abdrücken kann? Bei dem vielen Jägerlatein weiß man als Laie manche Geschichten schlecht einzuordnen. Doch über seine Geschäfte in Europa sprach Alexander kaum.

Mehr über China

Dr. Pahl hatte, während sie heute zusammen unterwegs waren, von Winters Reise nach Tsingtau gehört und sprach ihn jetzt noch einmal darauf an. Wie es in China aussähe, wollte er wissen und ob es sich lohnen würde, sich dorthin versetzen zu lassen. Winter fühlte sich geschmeichelt, über ein Gebiet sprechen zu können, das keiner der anderen Begleiter kannte. Und so erfuhr auch ich etwas über ein völlig abgelegenes deutsches Schutzgebiet im fernen China.

Alexander Winter war begeistert von der deutschen Handelskolonie Kiautschou. Erst kürzlich war er dort in seiner Filiale gewesen. Das Schutzgebiet umfasst die Stadt Tsingtau mit vorgelagerten Inseln und einem sich nach Nordosten anschließenden, gebirgigen Hinterland. Das Klima ist äußerst angenehm mit vier deutlichen Jahreszeiten. Die Stadt Tsingtau war inzwischen im Laufe von zehn Jahren enorm gewachsen und bestand jetzt aus zwei großen Stadtteilen. Der eine, größere Teil war das Wohn- und Geschäftsviertel der Chinesen, von denen etwa 32 000 dort leben, der andere Stadtteil hat sich zu einem rein europäischen Seebad mit Villenviertel, Hotels und Parks entwickelt. Dort leben etwa 1 500 Europäer. Es gibt eine perfekte Infrastruktur mit Straßen und Eisenbahn. Die Straßen bestehen aus Wohnhäusern, Villen und Geschäften. Alles was man zu einem angenehmen Leben braucht, ist vorhanden: Post, Banken, Krankenhaus, Ladengeschäfte aller Art, Kanalisation und einwandfreies Trinkwasser, was ja nicht überall selbstverständlich ist. Man fühlt sich dort wie in einer deutschen, seebadähnlichen Hafenstadt, meinte Winter. Es könnte durchaus eine Alternative zu Deutsch-Südwestafrika sein, wenn man nur nicht so lange mit dem Schiff unterwegs wäre. Insbesondere für den Handel mit China ist diese deutsche Handelskolonie äußerst wichtig. Die etwa 80 Kilometer von Tsingtau entfernt liegende chinesische Handelsmetropole Kiautschou ist die wichtigste Verbindung in das chinesische Hinterland. Hörte sich ja sehr interessant an. Dann wandten sie sich mir zu. Da ich noch relativ neu in Südwest war, waren die drei auch bemüht, mir einiges über Deutsch- Südwestafrika, über Land, Leute und Besonderheiten mitzuteilen.

Es ist hier eine völlig andere, aber faszinierende Welt. Zu Hause hatte ich von Giraffen und Elefanten, von Flusspferden und Warzenschweinen gelesen, die es in Südwest geben sollte. Bisher hatte ich hier keines dieser Tiere entdeckt. Als ich danach fragte, erfuhr ich, dass diese Tiere im Norden, noch nördlich von Otavi zu finden waren. Vielleicht würde ich im Laufe der Zeit einmal dort hinfahren. Dort oben waren auch die für Deutschland wichtigen, großen Kupfer- und Bleierzlager.

Erzlager gab es in dieser Region nicht. Hier gab es Garten- und Ackerbau, Rinder und Schafzucht, und es gab die großen Raubkatzen, Löwen, Leoparden und Geparden, die gern gejagt wurden. Hatte man einen Löwen erlegt, was einfacher war, als den schnellen Leopard zu erwischen, konnte man sich dann in Siegerpose mit einem Stiefel lässig auf dem erlegten Löwen stehend fotografieren lassen. Und es gab die Klippspringer, sozusagen die Gemsen von Südwest und natürlich den Springbock, der zweidimensional springen kann. Meine Jagdgefährten erzählten auch von seltsamen Tieren und von den heidnischen Bräuchen der Eingeborenen.

Julias Mann erzählte von einer Eierschlange, die auf seiner Straußenfarm Straußeneier stiehlt. Sie hat keine Zähne und ist ungiftig, aber sie kann den Unterkiefer aushaken. Dadurch ist sie in der Lage, ein Ei zu verschlingen, das zehnmal größer ist als ihr Kopf. Ich sah ihn skeptisch an, aber die anderen bestätigten, dass es wahr ist. Doch die Strauße sind gewitzt und haben dazugelernt. Sie planen den Diebstahl ein. Ein Strauß legt etwa zwanzig Eier und drei bis vier Eier extra, die absichtlich an den Rand des Nestes geschoben und geopfert werden. Ich fand das sehr erstaunlich.

Die Eingeborenen waren im Laufe der Zeit allesamt zu Christen getauft worden und jetzt ausnahmslos treue Kirchgänger, da hatten die Missionare ganze Arbeit geleistet. Aber ihr Glaube an die vielen guten und bösen Geister ihrer Vorfahren hatte deswegen keineswegs gelitten. Die Geister und der Ahnenkult und die damit verbundenen alten Rituale und Tänze waren in ihrer Welt noch immer weit verbreitet und der Glaube an sie ungebrochen. Die Geister waren heute noch so präsent wie früher. So glaubten die Menschen, wenn sie sich durch Unachtsamkeit an einem Ast oder Stein gestoßen hatten, dass es nicht ihre eigene Schuld, sondern die Hinterhältigkeit eines bösen Geistes sei, der in dem Ast oder Stein sein Zuhause hatte. Ihre Religion war letztendlich eine Symbiose aus christlichem Glauben und Aberglaube. In medizinischen Dingen vertrauten sie ihre Wehwehchen lieber ihrem Medizinmann an, der die bösen Geister mit magischen Zauberformeln aus ihrem Körper vertrieb, als sich in die Praxis eines weißen Doktors zu begeben. Eine eigenartige Welt. Dabei waren allerdings die Heilkünste eines erfahrenen Medizinmannes nicht zu unterschätzen, das hatte ich selbst erfahren.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-06-22

Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen